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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.11.2006
Aktenzeichen: VIII R 33/05 (1)
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 5a
EStG § 15a
FGO § 48
Der während der Tonnagebesteuerung gemäß § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG im Wege einer Schattenrechnung zu ermittelnde, der Besteuerung jedoch nicht zugrunde zu legende Gewinn ist mit dem aus der Zeit vor der Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG entstandenen und festgestellten nur verrechenbaren Verlust nach § 15a Abs. 2 EStG zu saldieren. Davon unberührt bleibt die Verrechnung auch mit einem im Streitjahr hinzuzurechnenden Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG.
Gründe:

I.

Streitig ist, ob ein vor dem Wechsel zur Tonnagebesteuerung festgestellter verrechenbarer Verlust nach § 15a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) während der Gewinnermittlung nach § 5a EStG "eingefroren" bleibt oder der im Wege einer Schattenermittlung anteilige Steuerbilanzgewinn zu einem Verbrauch auch des verrechenbaren Verlustes gemäß § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG führt.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine 1997 gegründete Schifffahrtsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Gesellschaftszweck ist der Betrieb eines Handelsschiffes im internationalen Seeverkehr. Sie ermittelte bis einschließlich 1999 ihren Gewinn nach § 5 EStG.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte für den Kommanditisten X, Beigeladener, (mit Bescheid vom 29. Juli 2002) einen verrechenbaren Verlust auf den 31. Dezember 1999 in Höhe von 1 248 678 DM fest. Mit Wirkung zum 1. Januar 2000 wechselte die Klägerin zur pauschalierenden Gewinnermittlung nach § 5a EStG.

Das FA stellte den Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 EStG mit Bescheid vom 30. Juli 2002 auf 32 001 775 DM fest. Dieser blieb auch zum 31. Dezember 2000 ungemindert.

Für das Streitjahr 2000 stellte das FA für die Klägerin gesondert und einheitlich gemäß § 5a Abs. 4a EStG antragsgemäß einen laufenden Gewinn nach Maßgabe des § 5a Abs. 1 EStG in Höhe von 88 803 DM fest. Den verrechenbaren Verlust stellte das FA gleichzeitig gesondert und einheitlich unter Berücksichtigung eines im Wege der Schattenberechnung nach § 5 EStG ermittelten Steuerbilanzgewinns in Höhe von 6 538 687 DM auf 0 DM fest.

Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, während der Tonnagebesteuerung sei der verrechenbare Verlust einzufrieren. Das FA wies den Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 6. September 2002) unter Bezugnahme auf das für das FA bindende Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 12. Juni 2002 IV A 6 -S 2133a- 11/02 (BStBl I 2002, 614, Tz. 32) als unbegründet zurück.

Die Klage wies das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1264 veröffentlichtem Urteil ebenfalls als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 5a, § 15a Abs. 2 EStG).

Die Auslegung durch das FG berücksichtige nicht hinreichend das systematische Ineinandergreifen von § 15a und § 5a EStG und führe entgegen dem Regelungsziel des § 15a EStG systemwidrig zu einem doppelten Verlustverbrauch aufgrund desselben Sachverhalts.

§ 15a EStG beschränke den Verlustausgleich auf solche Verluste, die den Steuerpflichtigen wirtschaftlich belasteten. Verrechenbare Verluste und verrechneter Gewinn müssten systematisch die gleiche steuerliche Qualität besitzen. Steuerfreie Gewinne fielen indes nicht in den Anwendungsbereich des § 15a Abs. 2 EStG. Sie dürften ihre Qualität als solche nicht durch einen unter Systemgesichtspunkten verfehlten Verlustverbrauch verlieren (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Mai 2002 IV R 58/00, BFHE 199, 271, BStBl II 2002, 748). Mithin komme eine Verrechnung von nur verrechenbaren Verlusten mit nicht steuerbaren, im Wege einer "Schattenrechnung" ermittelten Gewinnen erst recht nicht in Betracht.

Mit der Feststellung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG werde der Zeitraum der Gewinnermittlung nach § 4 oder § 5 EStG systematisch folgerichtig abgerechnet und entstrickt, bevor die Gesellschaft ihren Gewinn pauschal nach § 5a Abs. 1 EStG ermittele.

Der Unterschiedsbetrag stelle den hypothetischen Veräußerungsgewinn anlässlich des Wechsels der Gewinnermittlungsart dar. Folgerichtig sei ein Gewinn nach § 5a Abs. 4 EStG mit verrechenbaren Verlusten auszugleichen.

Unstreitig schreibe § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG die Anwendung des § 15a EStG auch während der pauschalen Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG vor. Indes fingiere diese Regelung nicht zusätzlich die Verrechnung nicht steuerbarer Gewinne. Zum einen hätte der Gesetzgeber diese systemwidrige Rechtsfolge entsprechend dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Wortlaut, Stellung im Gesetz und Gesetzesbegründung sprächen indes nur für eine technische Regelung als Gewinnermittlungsvorschrift. Insoweit sei sie maßgeblich für die Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG. Die Regelung definiere indes keine bestimmte Qualität eines Gewinnes.

Zum anderen sei der doppelte Verlustverbrauch --gegen den Unterschiedsbetrag und den fiktiven Gewinn-- systemwidrig, weil derselbe Sachverhalt zugrunde liege. Die Schattenrechnung ermittele die sich im rein tatsächlichen Fortbestand des Schiffsbetriebes ergebenden Gewinne, der Unterschiedsbetrag spiegele die im Rahmen einer Prognose zu einem bestimmten Zeitpunkt ex ante errechneten Gewinne wider. Bei zutreffender Prognose hätten beide Gewinne dieselbe Schnittmenge.

Die verrechenbaren Verluste würden so ohne jede steuerliche Auswirkung verbraucht. Sie seien dann nicht mehr in dem Zeitpunkt vorhanden, in dem der Unterschiedsbetrag aufgelöst werde und zur Besteuerung anstehe, obwohl mit dem Unterschiedsbetrag doch gerade die Periode abgerechnet werde, in der die verrechenbaren Verluste entstanden seien.

Dieses auch im Hinblick auf das Übermaßverbot unvertretbare Ergebnis müsse im Wege einer teleologischen Reduktion des § 15a Abs. 2 EStG vermieden werden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes vom 1. August 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2002 den verrechenbaren Verlust unverändert mit 1 248 678 DM zum 31. Dezember 2000 festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Zuständigkeit des FA hat sich zum 1. Oktober 2005 aufgrund der Anordnung zur Änderung der Anordnung über die Zuständigkeit der Finanzämter vom 6. September 2005 (Amtlicher Anzeiger Teil II des Hamburgischen Gesetzes- und Verordnungsblattes Nr. 76 vom 20. September 2005, S. 1693) geändert. Anstelle des bisher beklagten FA ... ist nunmehr das FA ... zuständig geworden.

Mit Beschluss vom 19. Juni 2006 VIII R 33/05 hat der Senat den Kommanditisten X gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren notwendig beigeladen.

II.

Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zutreffend erkannt, dass der gemäß § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG zu ermittelnde Gewinn mit dem aus der Zeit vor der Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG entstandenen und festgestellten, nur verrechenbaren Verlust zu saldieren ist.

1. a) Alleiniger Streitgegenstand ist die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 Sätze 5 und 6 EStG, die das FA mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Tonnagegewinns nach § 5a Abs. 1, Abs. 4a EStG verbunden hat. Danach ist sowohl die Klägerin gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative FGO als auch der materiell betroffene Kommanditist, um dessen verrechenbare Verluste es geht, gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO klagebefugt (BFH-Urteil vom 7. April 2005 IV R 24/03, BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598).

b) Das --nunmehr zuständig gewordene-- FA ist während des Revisionsverfahrens im Wege eines gesetzlichen Beteiligtenwechsels aufgrund organisatorischer Maßnahmen des ... Senats Revisionsbeklagter geworden (BFH-Urteil vom 25. April 2006 VIII R 52/04, BStBl II 2006, 847).

2. Nach § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG ist für die Anwendung des § 15a EStG der nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelte Gewinn zugrunde zu legen.

a) Diese Regelung ist durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601) eingefügt worden. Bereits für die zuvor geltende, jedoch keine ausdrückliche Bezugnahme auf § 15a EStG enthaltende Fassung des § 5a Abs. 5 EStG hatte das BMF im Schreiben vom 24. Juni 1999 IV C 2 -S 1900- 65/99 (Finanz-Rundschau --FR-- 1999, 863, Tz. 28; kritisch dazu Voß/Unbescheid, Der Betrieb --DB-- 1999, 1777, 1779) im Vorgriff auf die anstehende gesetzliche Klarstellung bestimmt, dass § 15a EStG während des Tonnagezeitraums uneingeschränkt anwendbar sei. Zur Begründung der Einfügung des Satzes 4 in § 5a EStG hat der Gesetzgeber ausgeführt (vgl. BTDrucks 14/1514 zu Nr. 3 Buchst. b), die Frage der Anwendung des § 15a EStG im Zeitraum der Tonnagebesteuerung sei gesetzlich nicht geregelt. Deshalb bestehe Handlungsbedarf. Die Ergänzung des Abs. 5 sehe vor, dass § 15a EStG anwendbar und hierbei der nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelte Gewinn zugrunde zu legen sei.

b) Im Schrifttum wird diese Regelung ganz überwiegend dahin gehend ausgelegt, dass die verrechenbaren Verluste während des Zeitraums der Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG nur mit dem nach § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG nach Maßgabe des § 5 EStG zu ermittelnden Steuerbilanzgewinn zu verrechnen seien (ausführlich Schultze, FR 1999, 977, 983, 984; Weiland in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 5a EStG Rn 202 ff., insbesondere Rn 207; Lindberg in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 5a Rz. 86 und 87; Schmidt/ Seeger/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 5a Rz 18; Blümich/ Hofmeister, § 5a EStG Rz. 107; Gosch in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 5a Rn 15; Tormöhlen in Korn, § 5a EStG Rz. 32; Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, Bd. Steuerreform I, § 5a EStG Anm. R 9; BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 614, Tz. 32; a.A. Dahm in Lademann, EStG, § 5a EStG Anm. 131).

3. Der Senat hält die von der herrschenden Meinung und dem BMF vertretene Auslegung des § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG für zutreffend, soweit eine Verrechnung von nach Maßgabe des § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG ermittelten Steuerbilanzgewinnen mit verrechenbaren Verlusten gemäß § 15a Abs. 2 EStG aus der Zeit vor der Tonnagebesteuerung gebilligt wird.

a) Der Wortlaut des § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG ist, wie das FG zu Recht festgestellt hat, hinsichtlich dieser Rechtsfolge eindeutig. Danach ist der für die --ausdrücklich angeordnete-- Anwendung der gesamten Regelung in § 15a EStG nach Maßgabe der §§ 4, 5 EStG zu ermittelnde Steuerbilanzgewinn und nicht der Tonnagegewinn nach § 5a Abs. 1 EStG zugrunde zu legen.

b) Die Entstehungsgeschichte bestätigt im Übrigen die Wortlautinterpretation. Bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1999 war § 60 Abs. 1 Satz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) durch Art. 7 Nr. 1 Buchst. a des Seeschiffahrtsanpassungsgesetzes vom 9. September 1998 (BGBl I 1998, 4023) dahin gehend ergänzt worden (vgl. dazu Weiland in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 5a Rn 233 und 234; ferner BTDrucks 13/10710), dass auch im Falle der Gewinnermittlung nach § 5a EStG der Steuererklärung eine auf dem Zahlenwerk der Buchführung beruhende Abschrift der Bilanz beizufügen sei. Neben der pauschalen Gewinnermittlung nach § 5a EStG sind somit Steuer- und ggf. Handelsbilanzen (fort-) zu führen. Nach der Gesetzesbegründung zum Steuerbereinigungsgesetz 1999 (vgl. BTDrucks 14/1514) sollte die Ergänzung in § 5a Abs. 5 EStG die Anwendbarkeit des § 15a EStG auch während des Zeitraums der Tonnagebesteuerung gewährleisten.

Die Regelung bezweckt, bei Auslaufen der pauschalen Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG wieder ohne weitere Übergangsregelung mit der Ermittlung der Einkünfte nach den allgemeinen Bilanzierungsregeln fortfahren zu können, was dadurch sichergestellt wird, dass der verrechenbare Verlust auch während der pauschalen Gewinnermittlung auf der Grundlage der Steuerbilanzen gesondert festgestellt wird (vgl. HHR/Wendt, § 5a EStG Anm. R 9; Schultze, FR 1999, 977, 983).

c) Eine einschränkende Auslegung dieser Regelung ist sachlich nicht geboten.

aa) Nach einhelliger Auffassung stellt § 5a EStG eine regelmäßig steuerentlastend wirkende Subventionsvorschrift dar im Gewand einer pauschalierenden Gewinnermittlungsvorschrift (vgl. Lindberg in Frotscher, a.a.O., § 5a Rz. 5; Weiland in Littmann/ Bitz/Pust, a.a.O., § 5a Rn 2, 4 und 11; Blümich/Hofmeister, § 5a EStG Rz. 3; HHR/Wendt, § 5a EStG Anm. R 3). Diese pauschalierende Gewinnermittlung soll lediglich zu einer Steuerbelastung der effektiven Gewinne von ca. 5 v.H. führen (vgl. Urteil des FG Bremen vom 27. August 2002 1 K 224/02, EFG 2003, 541, im Ergebnis bestätigt durch BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 VIII R 74/02, BFH/NV 2005, 2274; Lindberg in Frotscher, a.a.O., § 5a Rz. 6).

Anders als bei einer Eingriffsnorm mit steuerbelastender Wirkung knüpft eine derartige Begünstigung von vornherein nicht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen an. Einen Bezug zu der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stellt vielmehr der nach den handelsrechtlichen und steuergesetzlichen Vorgaben gemäß § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG ermittelte, allerdings grundsätzlich der Besteuerung nicht zugrunde zu legende Steuerbilanzgewinn her. Knüpft der Steuergesetzgeber somit im Zusammenhang mit der Steuerbegünstigung in § 5a EStG lediglich eingeschränkt bezüglich der besonderen Regeln für Verluste bei beschränkter Haftung nach § 15a EStG an den tatsächlich erwirtschafteten Gewinn an, so ist nicht ersichtlich, inwieweit dadurch das aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abgeleitete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit oder das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletzt werden. Vielmehr wird die steuerentlastende Wirkung der Steuerbegünstigung nach § 5a EStG lediglich für bestimmte Sachverhalte eingeschränkt.

bb) Bei der Prüfung steuerbegünstigender Normen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auch nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner in diesem Bereich grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (vgl. Kammerbeschluss des BVerfG vom 18. Dezember 2002 2 BvR 367/02, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2003, 409; Beschluss des BVerfG vom 29. November 1989 1 BvR 1402/87, 1 BvR 1528/87, BVerfGE 81, 108, BStBl II 1990, 479; BFH-Urteil vom 10. Dezember 1997 XI R 73/96, BFHE 185, 79, BStBl II 1998, 222).

Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 11. Februar 1992 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1992, 1815) führt auch nicht ohne weiteres eine Systemwidrigkeit, also eine Abweichung des Gesetzgebers von einem selbst geschaffenen Grundsatz, für sich allein zu einem Verfassungsverstoß in Form der Verletzung des Gleichheitssatzes. Der Gesetzgeber darf, wenn das hinreichend gerechtfertigt ist, auch von einem selbst gesetzten Regelungssystem abweichen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 85, 238, m.w.N.). Gleiches gilt für den Abbau von Steuerbegünstigungen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 81, 108, BStBl II 1990, 479, m.w.N.) oder eine nur eingeschränkte Gewährung von Begünstigungen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 1998 X R 56/96, BFHE 187, 239, BStBl II 1999, 89).

Von Verfassungs wegen war der Gesetzgeber somit nicht gehindert, während der begünstigenden Tonnagebesteuerung zumindest die verrechenbaren Verluste durch die im Wege einer Schattenberechnung ermittelten Steuerbilanzgewinne aufzehren zu lassen, auch wenn ein Einfrieren der verrechenbaren Verluste und eine Verrechnung mit steuerbelasteten Gewinnen nach dem Übergang zur normalen Gewinnermittlung für den Steuerpflichtigen vorteilhafter wäre und der Systematik des § 15a Abs. 2 EStG besser entsprochen hätte.

cc) Das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) begründete Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze zwingt den Gesetzgeber nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Er ist lediglich gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Danach nimmt allein die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung noch nicht die rechtsstaatlich von einem Gesetz zu fordernde Bestimmtheit. Es genügt, wenn die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Vorhaben danach einrichten können (vgl. Beschluss des BVerfG vom 18. Mai 1988 2 BvR 579/84, BVerfGE 78, 205, NJW 1988, 2593; Kammerbeschluss des BVerfG vom 26. August 2002 1 BvR 142/02, NJW 2003, 196, m.umf.N.). Im Bereich des Abgabewesens fordert der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, dass steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast vorausberechnen kann. Auch Normen, die dem Steuerpflichtigen einen Steuervorteil gewähren, unterliegen dem Bestimmtheitsgebot. Verbleibt nach Abzug der Vergünstigung eine Steuerbelastung, so muss auch diese vorhersehbar und berechenbar sein (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005 VII R 10/03, BFH/NV 2005, 1876, m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird die Regelung in § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG gerecht. Sie ordnet eindeutig die Anwendbarkeit des § 15a EStG --ausschließlich-- auf der Grundlage der im Wege einer Schattenberechnung zu ermittelnden Steuerbilanzgewinne auch während laufender Tonnagebesteuerung an.

dd) Im Streitfall hat das FG die Frage offengelassen, inwieweit zusätzlich und dann ggf. in welcher Reihenfolge eine Verrechnung auch mit Auflösungsbeträgen des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 EStG zu erfolgen hat (vgl. dazu Weiland in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 5a Rn 207), weil sich im Streitjahr 2000 der Unterschiedsbetrag bei der Klägerin nicht vermindert hat.

Unabhängig davon teilt der Senat aber auch nicht die unter Berufung auf Dahm in Lademann (a.a.O., § 5a EStG Anm. 131) von der Klägerin vertretene Ansicht, die verrechenbaren Verluste würden bei einer Verrechnung auch mit den "Schattengewinnen" für denselben Sachverhalt doppelt verbraucht, weil der im Übergangsjahr nach § 5a Abs. 4 EStG zu bildende und gesondert und einheitlich festzustellende Unterschiedsbetrag nichts anderes sei als die ex ante zum Optionszeitraum kalkulierten, zukünftigen Gewinne. Die im Zeitpunkt der Option nach § 5a Abs. 3 EStG bestehenden verrechenbaren Verluste würden somit sowohl gegen den Unterschiedsbetrag als auch gegen das tatsächliche, zukünftige Gewinnvolumen verrechnet. Dahm in Lademann (a.a.O., § 5a EStG Anm. 99) erläutert selbst, dass die für den Unterschiedsbetrag zu ermittelnde Differenz zwischen Buch- und Teilwert nur für bilanzierte Wirtschaftsgüter gebildet werden könne. Der Senat versteht diese Ausführungen im Übrigen dahin gehend, dass der zu versteuernde Unterschiedsbetrag bereits die schätzweise ermittelten Gewinne mitenthalte, weshalb die verrechenbaren Verluste folgerichtig mit dem nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG hinzuzurechnenden Unterschiedsbetrag saldiert werden müssten. Dadurch solle eine einmalige und effektive Verlustverrechnung im Hinblick auf die bis zum Beginn der Tonnagebesteuerung entstandenen stillen Reserven sichergestellt werden. Indes beruhen die festgestellten verrechenbaren Verluste keineswegs ausschließlich auf Abschreibungen der bilanzierten Wirtschaftsgüter. Sie können vielmehr ebenso auf laufende Betriebsverluste aus der Zeit vor der Tonnagebesteuerung zurückzuführen sein.

Die von der Klägerin behauptete Identität des Sachverhaltes, auf dem der Unterschiedsbetrag einerseits und der verrechenbare Verlust andererseits beruhen soll, besteht somit tatsächlich nicht. Schon deshalb ist es nicht sachwidrig, die in den festgestellten verrechenbaren Verlusten abgebildeten Betriebsverluste mit den während der Tonnagebesteuerung erwirtschafteten, jedoch weitgehend nicht besteuerten Betriebsgewinnen zu verrechen (vgl. auch Weiland in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 5a Rn 204; Schultze, FR 1999, 977, 983, unter Ziff. 5.1.)

ee) Auch vom Normzweck her ist keine teleologische Reduktion des Tatbestandes in § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG geboten.

Nach der Rechtsprechung des BFH bezweckt § 15a EStG den steuerrechtlichen Verlustausgleich des Kommanditisten als nur beschränkt haftenden Gesellschafter mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsquellen auf den zivilrechtlichen Haftungsumfang als Ausdruck seiner gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung zu begrenzen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, 230; vom 14. Oktober 2003 VIII R 38/02, BFHE 203, 477, BStBl II 2004, 115).

Für die Behandlung eines steuerfreien unternehmensbezogenen Sanierungsgewinnes hat der BFH (grundlegend BFH-Urteil in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226) wiederholt erkannt, dass bei einem Kommanditisten das negative Kapitalkonto zwar steuerfrei aufgefüllt wird, die vor der Sanierung entstandenen Verluste indes steuerfrei bleiben und eine Verrechnung der steuerfreien Gewinne mit den bis dahin entstandenen nur verrechenbaren Verlusten ausscheide (vgl. BFH-Urteil in BFHE 199, 271, BStBl II 2002, 748; BFH-Beschluss vom 6. Juni 2002 VIII B 129/01, BFH/NV 2002, 1553). Indes soll der Sanierungsgewinn insbesondere deshalb steuerfrei bleiben, damit er seine sanierende Wirkung nicht zum Teil wieder verliert (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1997 VIII R 65/96, BFHE 185, 147, BStBl II 1998, 437, 439).

Der Gesetzgeber ist jedoch --wie ausgeführt-- nicht daran gehindert, auch während der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gerade nicht wirklichkeitsgerecht wiederspiegelnden Tonnagebesteuerung eine Verminderung nur verrechenbarer Verluste um tatsächlich erwirtschaftete, jedoch nicht steuerbare Gewinne anzuordnen. Dadurch wird im Ergebnis die durch die pauschale Gewinnermittlung ausgelöste weitreichende Verringerung der Steuerbelastung lediglich teilweise modifiziert (s. auch Urteil des FG Hamburg vom 2. November 2005 VII 130/03, juris).

Die Tonnagebesteuerung ist zudem dem System der deutschen Einkommensbesteuerung grundsätzlich fremd. Mithin kann eine Lösung, die sowohl der Regelung in § 5a EStG als auch derjenigen in § 15a EStG gerecht wird, zwangsläufig nicht systemgerecht sein. Eine Lösung kann nur versuchen, den Regelungszielen beider Vorschriften weitestgehend zu entsprechen (so zutreffend Schultze, FR 1999, 977, 984, Fn. 61).

Ende der Entscheidung

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