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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.05.2000
Aktenzeichen: VIII R 56/99
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 155
ZPO § 216 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine KG-- wendete sich mit ihrer Klage vom 10. April 1991 gegen den Gewerbesteuermessbescheid 1983, in dem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) dem Gewerbeertrag einen Verlust aus der Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft in Höhe von ... DM hinzugerechnet hatte; sie habe sich an der Gesellschaft nur "pro forma" beteiligt. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin u.a., dass das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Streitsache sei vom I. Senat des FG entschieden worden, der infolge der Änderung des Geschäftsverteilungsplanes zum 11. Februar 1999 zuständig geworden sei. Die Mitglieder dieses Senats seien nicht die gesetzlichen Richter gewesen; denn sie seien nur deshalb zuständig geworden, weil der Berichterstatter des zuvor zuständigen II. Senats des FG das Verfahren willkürlich verzögert habe. Zur Entscheidung der Streitsache sei deshalb weiterhin nur der II. Senat berufen. Die Klägerin trägt dazu vor:

Der Berichterstatter habe den Fall jahrelang nicht bearbeitet. Schließlich habe nach drei Sachstandsanfragen am 8. April 1998 ein Erörterungstermin stattgefunden. Der Berichterstatter habe nun erkennbar das Verfahren schnell zu Ende bringen wollen. Den auf den 30. April 1998 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung habe sie aber wegen der kurzen Frist nicht wahrnehmen können. Im Termin zum 3. Juni 1998 habe das Gericht beschlossen, zur Befragung eines Zeugen einen weiteren Termin anzuberaumen. Auf die Schreiben des Berichterstatters vom 5. Juni 1998 und 17. Juni 1998 sei die ladungsfähige Anschrift dieses Zeugen benannt worden. Danach sei bis zur Änderung des Geschäftsverteilungsplanes nichts mehr geschehen. Da die Änderung des Geschäftsverteilungsplanes notwendig geworden sei, weil der Berichterstatter in diesem Zeitpunkt in Pension gegangen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass der Berichterstatter aus diesem Grunde und damit willkürlich in ihrer Sache nicht mehr aktiv werden wollte. Aufgrund von Hinweisen des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung habe sie annehmen dürfen, dass das Verfahren bei einer für sie günstigen Aussage des Zeugen zu ihren Gunsten ausgehen werde.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unzulässig. Sie war deshalb zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO). Eine Revision ist ohne Zulassung nur dann statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird (§ 116 FGO). Die Rüge, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, ist nicht schlüssig erhoben.

1. Zur Entscheidung der Streitsache zuständig war infolge der Änderung des Geschäftsverteilungsplanes der I. Senat des FG. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass dieser Senat in der mündlichen Verhandlung unvorschriftsmäßig besetzt gewesen sei.

2. Der I. Senat des FG war aufgrund eines gesetzmäßig zustande gekommenen Geschäftsverteilungsplanes zuständig geworden. Denn er wurde nicht ohne sachlichen Grund, sondern wegen der Pensionierung des Berichterstatters während des Geschäftsjahres geändert (vgl. dazu u.a. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. September 1990 IV R 121/89, BFH/NV 1991, 826, unter 2. b, bb der Gründe).

3. Der erkennende Senat lässt offen, ob es unter diesen Umständen möglich wäre, die Mitglieder des I. Senats des FG mit der Erwägung nicht als die gesetzlichen Richter anzusehen, dass die Streitsache ohne die Verzögerung des Verfahrens durch den II. Senat des FG nicht mehr von der Änderung des Geschäftsverteilungsplanes erfasst worden wäre. Der II. Senat wäre allenfalls dann weiterhin zuständig geblieben, wenn die Terminsbestimmung willkürlich unterlassen worden wäre (zur Begrenzung des Entscheidungsermessens durch das Willkürverbot vgl. u.a. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 1981 2 BvR 1107/77 u.a., BVerfGE 58, 1, 43; BFH-Beschluss vom 9. November 1998 V R 67/97, BFH/NV 1999, 643, m.w.N.). Die Klägerin hat jedoch keinen Sachverhalt vorgetragen, aus dem sich eine willkürliche Verschleppungsabsicht des Gerichts zum Zwecke der Umgehung des gesetzlichen Richters schlüssig ergibt (zu dem erforderlichen schlüssigen Vortrag willkürlichen Verhaltens vgl. u.a. BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 643; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 116 Rz. 3 und § 119 Rz. 5, m.w.N.). Insbesondere war die Terminsbestimmung Sache des Vorsitzenden des Senats, nicht des Berichterstatters (§ 155 FGO i.V.m. § 216 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung).



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