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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 12.10.1999
Aktenzeichen: VIII R 67/98
Rechtsgebiete: GewStG, EStG, BGB, FGO


Vorschriften:

GewStG § 7
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 676
BGB § 665
FGO § 100 Abs. 2 Satz 2
FGO § 135 Abs. 1
FGO § 136 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Aufgrund eines Treuhandvertrages von August 1983 erwarb X als Treuhänder für die Y GmbH einen --eingezahlten-- Kommanditanteil von 22 000 DM an der Klägerin und einen Geschäftsanteil von 2 200 DM an der Komplementär-GmbH. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom September 1986 räumte der Vater (Hauptbeteiligter) des X diesem schenkweise eine Unterbeteiligung von 24 000 DM an seinem Kommanditanteil ein. Im Rahmen der dadurch entstandenen Innengesellschaft war X als Unterbeteiligter an dem Anteil des Hauptbeteiligten und an dessen Gewinn- und Verlustanteil mit 30 v.H. beteiligt.

Seit dem 31. März 1988 ist X zum gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt. Die Komplementär-GmbH zahlte ihm in den Streitjahren 1990 und 1991 neben einem festen Gehalt eine umsatzabhängige Vergütung.

Während einer Außenprüfung entstand Streit darüber, ob X in den Streitjahren Mitunternehmer der Klägerin gewesen sei und ob die Vergütungen gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum Gewerbeertrag der Klägerin gehören. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ geänderte Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag der Streitjahre, in denen er die Vergütungen dem Gewerbeertrag hinzurechnete. In der Einspruchsentscheidung vertrat er die Ansicht, X habe Mitunternehmerinitiative entfalten können, weil ihm aufgrund des Unterbeteiligungsvertrages auf Verlangen der Jahresabschluß der Klägerin vorzulegen gewesen sei und X Auskunft über alle wesentlichen Vorgänge habe verlangen können und als technischer Produktionsleiter einen erheblichen Dispositionsspielraum gehabt habe. Er habe tatsächlich alle Aufgaben seines wegen Krankheit nicht mehr aktiven Vaters übernommen. Er habe Mitunternehmerrisiko getragen, weil er aufgrund seiner Unterbeteiligung am Gewinn und Verlust der Klägerin beteiligt gewesen sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es war der Ansicht, der Treuhand-Kommanditist verfüge als Gesellschafter "über die mit dieser Rechtsposition i. d. R. verbundene Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko". Die fremdnützige Ausübung dieser Rechtspositionen ändere daran nichts. Im übrigen habe X aber auch nicht ausschließlich fremdnützig gehandelt, da er nach dem Unterbeteiligungsvertrag mittelbar an den von der Klägerin erzielten Betriebsergebnissen und der Entwicklung der stillen Reserven beteiligt gewesen sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1679 veröffentlicht.

Die Klägerin rügt mit der Revision eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung des § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG.

Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, und die angefochtenen Bescheide dahin zu ändern, daß der Gewerbesteuermeßbetrag für 1990 auf ... DM und für 1991 auf ... DM festgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Änderung der angefochtenen Bescheide. Das FG hat zu Unrecht angenommen, daß der Treuhand-Kommanditist X in den Streitjahren 1990 und 1991 Mitunternehmer der Klägerin gewesen sei und deshalb die an ihn gezahlten Vergütungen gemäß § 7 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG zum Gewerbeertrag gehören.

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezogen hat.

X war als (Treuhand-)Kommanditist zwar Gesellschafter der Klägerin (§ 161 des Handelsgesetzbuchs --HGB--). Jedoch ist nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft auch Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dies ist vielmehr nur derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 440, BStBl II 1984, 751). Dies traf für X nicht zu.

a) Entgegen der Auffassung des FG kann die Mitunternehmereigenschaft des X nicht aus seiner Stellung als Treuhand-Kommanditist abgeleitet werden. Denn bei einer fremdnützigen Treuhand über den Kommanditanteil an einer gewerblichen KG ist nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH nur der Treugeber Mitunternehmer; der Treuhänder übt die Gesellschafterrechte zwar im eigenen Namen, im Innenverhältnis aber gemäß §§ 676, 665 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach Weisung des Treugebers und ausschließlich auf dessen Rechnung aus, so daß sich auf diese Weise allein in der Person des Treugebers Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative verwirklichen (Beschluß vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691; Urteile vom 1. Oktober 1992 IV R 130/90, BFHE 170, 36, BStBl II 1993, 574; vom 10. Dezember 1992 XI R 45/88, BFHE 170, 487, BStBl II 1993, 538; vom 16. Mai 1995 VIII R 18/93, BFHE 178, 52, BStBl II 1995, 714). In der Person des Treuhänders ist bei einer fremdnützigen Treuhand keines derjenigen Merkmale erfüllt, die kumulativ zu der Gesellschafterstellung vorliegen müssen, um die Mitunternehmereigenschaft bejahen zu können.

b) Die Vorentscheidung kann auch keinen Bestand haben, soweit das FG seine Entscheidung zusätzlich darauf gestützt hat, daß X nicht ausschließlich fremdnützig gehandelt habe. Der Auffassung des FG, das Treuhandverhältnis sei deshalb nicht ausschließlich fremdnützig gewesen, weil X über den Unterbeteiligungsvertrag mit seinem Vater an dessen Kommanditanteil mittelbar an den von der Klägerin erzielten Betriebsergebnissen und der Entwicklung der stillen Reserven beteiligt gewesen sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Bei der Entscheidung, ob das zu beurteilende Treuhandverhältnis eigen- oder fremdnützig ist, ist auf den Inhalt des konkreten Treuhandvertrages und dessen tatsächliche Durchführung abzustellen. Es kann für die Qualifizierung dieses Treuhandverhältnisses grundsätzlich nicht von Bedeutung sein, ob der Treuhänder außerdem aufgrund anderer Verträge mit anderen Personen an den Betriebsergebnissen der Gesellschaft mittelbar teilhat. Denn wenn der Treuhänder nach den Vereinbarungen im Treuhandvertrag ausschließlich die Interessen des Treugebers zu wahren, nach dessen Weisungen zu handeln und das aus der Beteiligung Erlangte an diesen herauszugeben hat, kann sich daran durch die Vertragsbeziehungen des Treuhänders zu anderen Personen nichts ändern.

Im Streitfall war X nach dem vom FG festgestellten Inhalt des Treuhandvertrages verpflichtet, alles aus dem Treuhandverhältnis Erlangte an die Treugeberin herauszugeben und auch sonst nach deren Weisungen zu handeln. Es ist weder festgestellt noch vom FA behauptet worden, daß die tatsächliche Durchführung des Treuhandvertrages nicht dem Vereinbarten entsprochen habe.

2. Entgegen der Auffassung des FA kann X in den Streitjahren 1990 und 1991 auch nicht aufgrund seiner Unterbeteiligung an dem Kommanditanteil seines Vaters als Mitunternehmer angesehen werden.

a) Für die Unterbeteiligung hat der BFH zu der bis zum 31. Dezember 1991 und mithin für die Streitjahre gültigen Fassung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, also für die Zeit bis zum Inkrafttreten des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des Steueränderungesetzes (StÄndG) 1992 vom 25. Februar 1992 (BStBl I 1992, 146), in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß der atypisch still Unterbeteiligte regelmäßig nicht Mitunternehmer der Gesellschaft ist, an der die Hauptbeteiligung besteht, sondern lediglich Mitunternehmer der davon zu unterscheidenden Unterbeteiligungsgesellschaft (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512, m.w.N.; vom 2. Oktober 1997 IV R 75/96, BFHE 184, 418, BStBl II 1998, 137).

b) Soweit der Unterbeteiligte nach der zitierten Rechtsprechung ausnahmsweise als Mitunternehmer der Hauptgesellschaft angesehen werden kann, sind im Streitfall keine Umstände ersichtlich, die dafür sprechen könnten, daß ein derartiger Ausnahmefall vorliegt. Als ein die Mitunternehmereigenschaft begründender besonderer Umstand kann nicht gewertet werden, daß X in den Streitjahren angestellter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin war. Allein die Tatsache, daß jemand als Geschäftsführer Arbeitnehmer und Organ der Komplementär-GmbH einer Personengesellschaft ist, macht ihn nicht zum Mitunternehmer. Auch die Höhe der insgesamt in dem Anstellungsvertrag vereinbarten und tatsächlich gezahlten Vergütung deutet nicht auf die Möglichkeit einer --insoweit verdeckten-- Mitunternehmerschaft hin. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor und auch das FA hat nicht geltend gemacht, daß die Vergütung unüblich hoch gewesen sei und mit einem fremden Dritten nicht vereinbart worden wäre.

3. Die Vorentscheidung ist von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Dem Begehren der Klägerin, die angefochtenen Bescheide zu ändern und die an X gezahlten Vergütungen nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen, ist stattzugeben.

Die Berechnung der Gewerbesteuermeßbeträge wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf das FA übertragen. Die Kostenentscheidung beruht --abhängig von dem Ergebnis der Berechnung des FA unter Berücksichtigung der rückgängig zu machenden Gewerbesteuerrückstellung-- auf § 135 Abs. 1 FGO bzw. auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.



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