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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.08.2000
Aktenzeichen: VIII S 4/00
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 102
FGO § 155 FGO
FGO § 56
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 78b Abs. 1
ZPO § 114
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Antragsteller begehrt den Erlass der für die Jahre 1990 und 1991 festgesetzten Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen (§ 227 der Abgabenordnung --AO 1977--). Nachdem das zuständige Finanzamt (FA) den Erlass abgelehnt hatte, hat der Antragsteller dagegen Klage erhoben, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen hat. Das FG hat ausgeführt, dass es sich bei dem begehrten Erlass um eine Ermessensentscheidung handele, die es nur in den Grenzen des § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) überprüfen könne. Eine falsche Steuerfestsetzung könne nur dann zu einem Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen führen, wenn die Fehlerhaftigkeit offensichtlich und eindeutig sei und wenn --kumulativ-- es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und zumutbar gewesen sei, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren. Im Streitfall habe der Antragsteller seinen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 1990 zurückgenommen und die Einspruchsentscheidung vom 16. September 1993 bestandskräftig werden lassen. Auch die Voraussetzungen für einen Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen lägen nicht vor. Angesichts der Pfändungsvorschriften sei eine Durchsetzung des Steueranspruchs beim Antragsteller ohnehin nicht mehr möglich und der Erlass würde daher die Situation des Antragstellers nicht verbessern. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Das Urteil wurde dem Antragsteller am 11. Mai 2000 zugestellt.

Der Antragsteller hat mit einem am letzten Tag der Rechtsmittelfrist beim FG eingegangenen Schriftsatz beantragt, ihm einen Prozessbevollmächtigten beizuordnen. Er trägt vor, durch die Steuerbescheide für die Jahre 1982 und 1983 in Höhe von ... DM sei seine persönliche Existenz vernichtet worden und die Steuerfestsetzung sei in voller Höhe ungerechtfertigt gewesen. Er habe Rechtsanwalt X am 1. Juni 2000 um seine Vertretung gebeten, was dieser wegen Unvollständigkeit der Unterlagen und Zeitmangels abgelehnt habe. Zwei weitere Rechtsanwälte, die er im Juli 2000 um die Übernahme des Mandats ersucht habe, hätten dies ebenfalls abgelehnt.

Der Antrag auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten ist unbegründet.

1. Nach § 155 FGO i.V.m. § 78b Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag für den Rechtszug eine vertretungsbefugte Person zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, soweit eine Vertretung durch eine solche Person geboten ist, die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Berufsangehörigen nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. November 1977 III S 6/77, BFHE 123, 433, BStBl II 1978, 57). Zur Begründetheit eines Antrags nach § 78b Abs. 1 ZPO gehört insbesondere, dass die Partei glaubhaft macht, dass sie zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung vor dem jeweiligen Gericht befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (BFH-Beschlüsse vom 27. November 1989 IX S 15/89, BFH/NV 1990, 503; vom 15. Juli 1993 VII S 16/93, BFH/NV 1994, 484; vom 26. Oktober 1994 X S 9/94, BFH/NV 1995, 422; vom 20. August 1997 I R 25/97, BFH/NV 1998, 194).

Besteht die angestrebte Rechtsverfolgung in der Einlegung eines fristgebundenen Rechtsmittels, das der Antragsteller selbst mangels Postulationsfähigkeit nicht wirksam einlegen kann, dann müssen die erfolglosen Ersuchen um die Übernahme des Mandats innerhalb der zu wahrenden Frist stattgefunden haben. Denn da das Rechtsmittel vom Antragsteller selbst nicht wirksam innerhalb der Frist eingelegt werden kann, hat die angestrebte Rechtsverfolgung nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ihm wegen der Versäumung der Frist gemäß § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dies setzt voraus, dass der Antragsteller innerhalb der Frist alles ihm Zumutbare getan hat, um das mögliche Hindernis zu beseitigen, dass kein postulationsfähiger Prozessvertreter bereit war, ihn zu vertreten (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Juli 1995 XI S 14/95, BFH/NV 1996, 157).

Im Streitfall hat die vom Antragsteller angestrebte Rechtsverfolgung schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil ihm keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) zu gewähren wäre. Das FG hat die Revision nicht zugelassen, so dass als die vom Antragsteller angestrebte Rechtsverfolgung nur die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 Abs. 3 FGO) in Betracht kommt. Die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist am 13. Juni 2000, einem Dienstag, abgelaufen. Der an diesem Tage beim FG eingegangene Antrag auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten kann nicht als wirksame Nichtzulassungsbeschwerde ausgelegt werden, weil eine solche gemäß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) nur durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer eingelegt werden kann. Der Antragsteller hat sich nach seinem eigenen Vorbringen innerhalb der Beschwerdefrist nur bei einem Rechtsanwalt um die Übernahme der Vertretung bemüht. Mit der Bitte um Mandatsübernahme bei nur einem Rechtsanwalt hat er nicht alles ihm Zumutbare getan, um fristgemäß einen Prozessvertreter zu finden (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 5. März 1996 VII S 5/96, BFH/NV 1996, 627, wonach die bisherige Entscheidungspraxis darauf hindeutet, dass auch zwei Absagen nicht ausreichen).

2. Im Übrigen war der Antrag auch deshalb abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung des Antragstellers auch in der Sache aussichtslos erscheint. Es ist nicht erkennbar, dass eine von einem postulationsfähigen Prozessvertreter eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Erfolg haben könnte. Es liegen nicht die entferntesten Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO erfüllt sind und die Entscheidung über den Erlassantrag die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erfordert, das FG von einer Entscheidung des BFH abgewichen wäre oder einen Verfahrensfehler begangen hätte.

3. Selbst wenn der Antrag auf Beiordnung eines Prozessvertreters auch als Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) zu verstehen sein sollte, hätte er keinen Erfolg. Denn gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auch PKH nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies trifft im Streitfall aus den dargelegten Gründen nicht zu.

4. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.



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