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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: X B 115/05
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 62a
FGO § 76 Abs. 1 Satz 4
FGO § 76 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
AO 1977 § 90 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend gemachten Verfahrensmängel, auf denen nach seiner Auffassung das angefochtene Urteil beruht, nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt. Das gilt für die behauptete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO), des Grundsatzes des fairen Verfahrens, der Hinweis- und Fürsorgepflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) und der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO).

1. Vor dem Hintergrund, dass in dem vorliegenden Verfahren eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, wird mit der bloßen Behauptung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör eine entsprechende Rüge nicht schlüssig dargelegt. Konkrete Ausführungen, worin die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu sehen sein könnte, hat der Kläger jedoch unterlassen.

2. Mit dem Vorbringen, das Finanzgericht (FG) hätte zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung darauf hinweisen müssen, dass nach seiner Ansicht die bisher vorgelegten Unterlagen über die Vergabe und Tilgung von Darlehen nicht ausreichten, die Darlegung des Klägers zu stützen, ist die Rüge der Verletzung der Hinweispflicht nach § 76 Abs. 2 FGO nicht schlüssig dargelegt.

a) Der richterliche Hinweis nach § 76 Abs. 2 FGO soll in erster Linie zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens, zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und zur Vermeidung von Überraschungsentscheidungen Schutz und Hilfestellung für die Beteiligten geben, ohne dass indes deren Eigenverantwortlichkeit dadurch eingeschränkt oder aufgehoben würde. Dabei sind Inhalt und Umfang der aus § 76 Abs. 2 FGO folgenden Hinweispflichten auch von den individuellen Möglichkeiten der Beteiligten abhängig. Infolgedessen stellt das Unterlassen eines Hinweises regelmäßig keine Verletzung der Pflicht aus § 76 Abs. 2 FGO dar, wenn ein Beteiligter steuerlich beraten und durch einen fach- und sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, wie dies beim Kläger während des Klageverfahrens der Fall war (vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. November 1991 XI R 13/90, BFH/NV 1992, 609, unter 2. a, sowie vom 14. November 1995 VII B 186/95, BFH/NV 1996, 416; vom 19. März 2001 VII B 231/00, BFH/NV 2001, 1012, und vom 4. September 2002 II B 107/01, BFH/NV 2003, 182, jeweils m.w.N.; vom 14. August 2003 XI B 235/02, BFH/NV 2004, 64). Besondere Umstände, die im Streitfall eine Ausnahme von diesem Grundsatz erforderten (BFH-Beschluss vom 9. Januar 2004 III B 33/03, BFH/NV 2004, 534), hat der Kläger nicht darlegen können. Insbesondere ergibt sich allein aus dem Umstand, dass das FG den Sachverhalt anders beurteilt hat als der Kläger, kein Anlass zu einem Hinweis. Dem FG obliegt nämlich keine allgemeine Hinweispflicht in dem Sinne, dass es seine mögliche Beurteilung irgendwie andeuten müsse (BFH-Beschluss vom 26. Juni 2003 IV B 195/01, BFH/NV 2003, 1437). Das FG ist weder verpflichtet, vor Erlass einer Entscheidung seine vorläufige Beweiswürdigung offen zu legen (BFH-Beschlüsse vom 2. Mai 1997 I B 65/96, BFH/NV 1997, 863; vom 2. Februar 1999 I B 40/98, BFH/NV 1999, 1105; vom 10. September 2003 X B 132/02, BFH/NV 2004, 495; ebenso Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 8. Juli 1997 1 BvR 1934/93, BVerfGE 96, 189, unter C. II. 3. b) noch die maßgeblichen Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend zu erörtern (Senatsbeschluss vom 3. Juni 2003 X B 102/02, BFH/NV 2003, 1209). Dies gilt auch dann, wenn nach dem letzten Schriftsatz des Klägers bis zur Ladung zur mündlichen Verhandlung eine längere Zeit verstrichen ist.

b) Die Rüge, das FG habe seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es durch Nichtvernehmung von Zeugen Beweisanträge übergangen habe, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Der Kläger lässt außer Acht, dass die benannten Zeugen im Ausland ansässig sind und über grenzüberschreitende Sachverhalte aussagen sollten. Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein im Ausland ansässiger Zeuge nicht von Amts wegen geladen, sondern gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zur Sitzung des FG gestellt werden muss (BFH-Urteil vom 1. Juli 1987 I R 284-286/83, BFH/NV 1988, 12; BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1998 I B 48/97, BFH/NV 1999, 506, m.w.N.), wenn eine Vernehmung von im Ausland lebenden Personen als Zeugen durch das FG für erforderlich gehalten wird. Der bloße Antrag auf Zeugenvernehmung genügt in einem solchen Fall nicht, zumal das FG den Kläger auf die sich daraus ergebende besondere Mitwirkungspflicht trotz seiner Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten i.S. des § 62a FGO ausdrücklich hingewiesen hat. Der Kläger hätte die Nichteinvernahme der Zeugen ausdrücklich rügen müssen und sich nicht mit der Wiederholung seiner Beweisanträge begnügen dürfen. Dass das FG nicht von sich aus die Zeugen laden werde, war dem Kläger aus dem noch vor dem Termin der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis bekannt. Um Gelegenheit zu bekommen, die Zeugen dem Gericht zu präsentieren, hätte er diese Rüge mit einem Antrag auf Vertagung oder Terminsverlegung verbinden und darlegen müssen, welche Anstrengungen er unternommen hat, damit die Zeugen vor Gericht erscheinen.

Dies wäre auch zur schlüssigen Darlegung seines Vorwurfs erforderlich gewesen, das FG habe den Termin zur mündlichen Verhandlung zu kurzfristig anberaumt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Kläger aber weder etwas über solche Anstrengungen mitgeteilt noch über die Gründe, weshalb die Zeugen nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Die Sitzungsniederschrift enthält auch keinen Hinweis darauf, dass der Kläger mitgeteilt hätte, die Zeugin A halte sich in Kürze für vier Wochen am Gerichtsort auf. Einen Antrag auf Berichtigung des ihm übermittelten Protokolls hat er nicht gestellt.

c) Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung an das FG gerichtete Mitteilung, die in Athen ansässige Zeugin A werde in Kürze für vier Wochen am Gerichtsort erreichbar sein, musste das FG nicht veranlassen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Auch dazu hätte es wie zu einer Vertagung oder Terminsverlegung wegen der gesteigerten Pflicht zur Mitwirkung in einem Sachverhalt mit Auslandsberührung eines ausdrücklichen Antrags und der Darlegung bedurft, welche Anstrengungen der Kläger unternommen hat, die Zeugen zur rechtzeitigen Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zu bewegen bzw. aus welchen Gründen solche Anstrengungen erfolglos blieben. Daran hat es der Kläger fehlen lassen. Er hat selbst in der Zeit des in Aussicht gestellten Aufenthalts der Zeugin im Inland einen ausdrücklichen Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung unterlassen.

d) Soweit der Kläger schließlich rügt, das FG habe zu Unrecht Buchführungsmängel bejaht und sei somit zur Schätzung nicht befugt gewesen, macht er ebenso wie mit dem Vorbringen, die Schätzung sei wirtschaftlich und wissenschaftlich obsolet und willkürlich und damit nicht haltbar, materiell-rechtliche Fehler des angefochtenen Urteils geltend, auf die eine Revisionszulassung nicht gestützt werden kann.

Gleiches gilt für die Kritik an der Würdigung der früheren Aussagen der Zeugin A.

Ende der Entscheidung

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