Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.10.2006
Aktenzeichen: X B 125/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 2
FGO § 79b Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vor.

1. Die Kläger haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht schlüssig dargelegt.

a) Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen muss der Beschwerdeführer begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Fragen zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die bereits zu den von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen vorhanden ist, auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung bislang keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32 und 33, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--).

b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung der Kläger nicht. Dabei mag dahinstehen, ob die als grundsätzlich bedeutsam formulierten Fragen,

- "ob das Finanzgericht (FG) auf Antrag die Schätzung auf Kostenverteilung (geringe Kosten auf verschiedene Kleinbetriebe) vorzunehmen hat oder es trotz eines Hinweisersuchens das Urteil sofort fällen kann",

- "ob eine Verlustperiode eines Betriebs trotz vorläufigen Totalgewinns als Liebhaberei eingestuft werden kann, obwohl der Betrieb später wieder Gewinne erzielt" und,

- "ob die geltend gemachten Betriebsausgaben als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen umqualifiziert werden können"

ergänzt durch die weiteren Ausführungen des Klägers in seiner Beschwerdebegründung hinreichend präzisierte und über den Einzelfall hinaus bedeutsame (abstrakte) Rechtsfragen darstellen. Es fehlt jedenfalls an einer hinlänglichen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen. Hierzu wäre es namentlich --woran es fehlt-- geboten gewesen, sich mit der im Streitfall einschlägigen umfangreichen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Feststellungslast für steuerentlastende oder -mindernde Tatsachen sowie zur Liebhaberei auseinanderzusetzen und schlüssig aufzuzeigen, wieso trotz dieser Rechtsprechung ein weiterer, im allgemeinen Interesse liegender Klärungsbedarf bestehe (vgl. z.B. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32 und 33, m.w.N.).

Im Übrigen ist durch die Rechtsprechung bereits geklärt, dass das FG nicht dazu verpflichtet ist, bei einem Streit um steuerentlastende Tatsachen auf eine Beweislastentscheidung zu verzichten und die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dies gilt auch in Fällen, in denen eine volle richterliche Überzeugung nicht gewonnen werden kann und der Steuerpflichtige nicht gegen Mitwirkungspflichten verstoßen hat (BFH-Beschluss vom 4. Oktober 2005 XI B 111/04, BFH/NV 2006, 320). Der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger keinen Pflichtverstoß begangen hat, rechtfertigt es nicht zu seinen Gunsten ein reduziertes Beweismaß anzuwenden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 320). Zudem ist nicht klärungsbedürftig, sondern offensichtlich, dass einzelne Verlustphasen dann zur Liebhaberei führen können, wenn der Steuerpflichtige in diesem Zeitraum seinen Betrieb nicht mit Gewinnerzielungsabsicht führt. Hat das FG die Gewinnerzielungsabsicht im Einzelfall bejaht oder verneint, so fehlt einer in diesem Zusammenhang gestellten Rechtsfrage zudem die Klärungsfähigkeit, weil der BFH im Revisionsverfahren an diese Tatsachenfeststellung gemäß § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich gebunden wäre (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2003 I B 67/03, BFH/NV 2004, 648). Zudem ist das FG im Streitfall sogar davon ausgegangen, dass die Klägerin jedenfalls in den Streitjahren 1994 bis 1998 die Tätigkeit als Wirtschaftsberaterin überhaupt nicht ausgeübt hat und schon aus diesem Grund hieraus keine Verluste steuerlich geltend machen kann. Schließlich ist auch die Frage, ob erklärte Betriebsausgaben als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen umqualifiziert werden können, aufgrund der dem Tatrichter vorbehaltenen Tatsachenwürdigung im Einzelfall zu beantworten und damit einer grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich.

2. Insoweit haben die Kläger auch die Anforderungen an die Darlegung des Revisionszulassungsgrundes der Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) nicht erfüllt. Denn auch für diesen Zulassungsgrund gilt, dass es sich um eine klärungsbedürftige und entscheidungserhebliche Rechtsfrage handeln muss, deren Klärung in einem künftigen Revisionsverfahren zu erwarten ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38, 31 ff.).

3. Ebenso wenig haben die Kläger schlüssig dargelegt, dass eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).

Die Zulassung der Revision wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist insbesondere dann geboten, wenn das angefochtene FG-Urteil in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42). Daran fehlt es im Streitfall bereits nach dem Vorbringen der Kläger (vgl. S. 3 unten der Beschwerdebegründung).

4. Soweit mit der Beschwerde schließlich eine Verletzung der Hinweispflicht durch das FG nach § 76 Abs. 2 FGO geltend gemacht wird, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor.

Bei den richterlichen Hinweispflichten nach § 76 Abs. 2 FGO geht es weniger um die Aufklärung von Amts wegen durch das Gericht als darum, Schutz und Hilfestellung für die Beteiligten zu geben, deren Eigenverantwortlichkeit dadurch aber nicht eingeschränkt oder gar beseitigt wird. Liegt die rechtliche Bedeutung bestimmter Tatsachen und die sich daraus ergebende Notwendigkeit, diese Tatsachen bei Gericht vorzubringen und zu substantiieren, zur Erreichung des Prozessziels auf der Hand, so stellt ein unterlassener Hinweis jedenfalls dann keine gegen § 76 Abs. 2 FGO verstoßende Pflichtverletzung dar, wenn der Kläger steuerlich beraten und im Prozess entsprechend vertreten wird (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. März 2001 VII B 231/00, BFH/NV 2001, 1012, m.w.N.).

Die Kläger waren im Verfahren vor dem FG durch den Kläger, einen Rechtsanwalt, vertreten. Diesem war aufgrund der Anordnung gemäß § 79b Abs. 2 FGO vom 16. Juli 2004 bewusst, dass das FG die Frage der Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin für ihre gewerbliche Tätigkeit als Wirtschaftsberaterin und ihre Tätigkeit als Kunstmalerin getrennt zu prüfen und nach Ablauf der gesetzten Frist (20. August 2004) alsbald in der Streitsache zu entscheiden beabsichtigt. Wenn er gleichwohl lediglich einen geringen Teil der Betriebsausgaben auf die eine bzw. die andere Tätigkeit aufgeteilt und ansonsten auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, dass die übrigen Betriebsausgaben entsprechend der Verwendung für die einzelnen Tätigkeiten im Wege der Schätzung aufzuteilen sind, über den Umfang der Verwendung aber keine Angaben gemacht, vielmehr das FG lediglich um einen rechtlichen Hinweis gebeten hat, so kann dies nicht dem Gericht angelastet werden. Unter diesen Umständen kann der Senat im Unterlassen eines entsprechenden Hinweises durch das Gericht keine Pflichtverletzung und damit auch keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO erkennen. Damit entfällt gleichzeitig auch der Vorwurf der Verletzung des Rechts auf Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) durch das FG. Eine Überraschungsentscheidung liegt unter den genannten Umständen nicht vor.

5. Im Kern erschöpft sich die Beschwerdebegründung der Kläger in Ausführungen darüber, dass und warum das FG den Streitfall unrichtig entschieden habe. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen jedoch für sich gesehen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24, m.w.N.).

Ende der Entscheidung

Zurück