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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: X B 158/08
Rechtsgebiete: FGO, GG


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 2
FGO § 96 Abs. 2
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.

1. Der Kläger hat nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, dass das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO von der Entscheidung eines anderen Gerichts abweicht. Danach müssen, wenn die Abweichung von einer anderen Entscheidung behauptet wird, die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und der (angeblichen) Divergenzentscheidung so herausgearbeitet und gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird, die sich auf eine Entscheidung bei einem gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt bezieht (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 41 f., m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--).

Der Kläger macht geltend, das Urteil des FG weiche von dem Beschluss des angerufenen Senats vom 26. August 2005 X B 98/05 (BFHE 210, 434, BStBl II 2005, 833) ab. Der BFH habe dort erkannt, dass die Anteile des Besitzunternehmers und beherrschenden Gesellschafters der Betriebskapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft, die 100% der Anteile an einer weiteren Kapitalgesellschaft hält, dann zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzeinzelunternehmers gehörten, wenn die weitere Gesellschaft intensive und dauerhafte Geschäftsbeziehungen zur Betriebsgesellschaft unterhalte.

Damit hat der Kläger zwar den tragenden Rechtssatz dieser Entscheidung herausgearbeitet. Er hat diesem aber nicht einen (seiner Ansicht nach) davon abweichenden tragenden Rechtssatz des angefochtenen Urteils des FG gegenübergestellt. Er bringt lediglich vor, er habe entsprechend dieser BFH-Entscheidung dargetan, dass eine wesentliche wirtschaftliche Verknüpfung zwischen seinem Einzelunternehmen und der Beteiligungsgesellschaft bestanden habe. Auf den prozentualen Anteil der Umsatzerlöse mit dem Beteiligungsunternehmen komme es nicht an.

Der Kläger berücksichtigt in diesem Zusammenhang nicht, dass das FG in dem angefochtenen Urteil ebenso wie der BFH in dem vorstehenden Beschluss hinsichtlich der tragenden Erwägungen von übereinstimmenden Grundsätzen ausgehen. Danach ist für die Annahme, dass die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen eines (Einzel-)Unternehmens gehört, erforderlich, dass sie dazu bestimmt ist, die gewerbliche Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern, oder dass sie dazu dienen soll, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Grund für die Klageabweisung war nicht eine abweichende Rechtsauffassung des FG, sondern die Tatsache, dass das FG es nicht als erwiesen angesehen hat, dass die Voraussetzungen für die Annahme notwendigen Betriebsvermögens im Streitfall vorgelegen haben.

2. Der Kläger hat auch nicht in schlüssiger Weise das Vorliegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) gerügt.

a) Eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) und gegen § 96 Abs. 2 FGO liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1991 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188; BFH-Beschluss vom 15. März 2002 X B 175/01, BFH/NV 2002, 944). Auf nahe liegende rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte braucht das FG aber jedenfalls dann nicht ausdrücklich hinzuweisen, wenn der Kläger wie im vorliegenden Streitfall sachkundig vertreten war (BFH-Beschluss vom 20. August 1998 XI B 110/95, BFH/NV 1999, 329).

Da eine Überraschungsentscheidung dann nicht vorliegt, wenn ein Gesichtspunkt Grundlage des angefochtenen Urteils ist, den ein Beteiligter im gerichtlichen oder außergerichtlichen Verfahren angesprochen hat, setzt die schlüssige Rüge eines solchen Verfahrensverstoßes voraus, dass das gerichtliche und außergerichtliche Vorbringen der Beteiligten dargestellt wird (BFH-Beschlüsse vom 15. Juni 2001 VII B 45/01, BFH/NV 2001, 1580, und vom 11. März 2004 VIII B 139/02, nicht veröffentlicht).

Daran fehlt es im Streitfall. Der Kläger trägt lediglich vor, es sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass das FG bei der Prüfung, ob die in Frage stehende Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens gehörte, nicht die Gesamtumstände würdigen, sondern allein auf die prozentualen Anteile der Umsätze mit dieser Kapitalgesellschaft abheben würde. Hierbei berücksichtigt der Kläger nicht, dass bereits der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) in seinen Einspruchsentscheidungen vom 18. Mai 2006 zum Ausdruck gebracht hat, der lediglich vorübergehende (behauptete) prozentual hohe Umsatzanteil des klägerischen Einzelunternehmens mit der Beteiligungsgesellschaft rechtfertige nicht die Annahme, dass die Beteiligung an dieser Kapitalgesellschaft notwendiges Betriebsvermögen darstelle. Dass das FG (auch) auf diesen Gesichtspunkt abgestellt hat, war daher für den sachkundig vertretenen Kläger nicht überraschend. Klarstellend weist der angerufene Senat darauf hin, dass das FG entgegen dem klägerischen Vorbringen ausweislich der Urteilsgründe nicht allein auf den Umsatzanteil abgestellt, sondern auch die übrigen Umstände des konkreten Einzelfalls bei seiner Entscheidung mitbedacht hat.

b) Der Kläger hat auch nicht schlüssig gerügt, das FG habe gegen seine Verpflichtung verstoßen, die Beteiligten gemäß § 76 Abs. 2 FGO (zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung) auf den aus der Sicht des FG maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen.

Eine solche Hinweispflicht besteht bei einem rechtskundig beratenen Kläger jedenfalls dann nicht, wenn der maßgebliche rechtliche Gesichtspunkt auf der Hand liegt (BFH-Beschluss vom 19. März 2001 VII B 231/00, BFH/NV 2001, 1012). Dies war hier der Fall. Wie oben dargelegt, hat bereits das FA in seinen Einspruchsentscheidungen vom 18. Mai 2006 die Auffassung vertreten, der (angeblich) hohe Anteil der Umsätze des klägerischen Einzelunternehmens mit der Beteiligungsgesellschaft lediglich in einem Jahr rechtfertige die Annahme nicht, der Anteil an dieser Gesellschaft sei notwendiges Betriebsvermögen. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG vom 11. Juni 2008 war der Kläger dort rechtskundig vertreten.



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