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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.07.2006
Aktenzeichen: X B 4/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 119 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) "im Hinblick auf die Fortbildung des Rechts und/oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) dargelegt.

1. Für eine schlüssige (substantiierte) Darlegung des Zulassungsgrundes der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts muss der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen und substantiiert darauf eingehen, inwieweit diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers schon deshalb nicht, weil er eine solche Rechtsfrage nicht aufgeworfen hat. Seine Ausführungen erschöpfen sich darin, den Rechtsstoff zu beschreiben und den Sachverhalt zu schildern, der den Rahmen für die Entscheidung der Streitsache bildet, Auflistungen im angefochtenen Urteil "richtig zu stellen" und umfangreich auszuführen, dass seine "Klage begründet" und "die Klagezurückweisung unbegründet" gewesen seien, weil "zweifellos die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für den gesamten Erlass gegeben" seien. An diesen Ausführungen ist allein das Interesse des Klägers an einer anderen Entscheidung seines Falles erkennbar. Nicht ersichtlich wird daraus, welche vom Einzelfall losgelöste Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte.

2. Begehrt der Beschwerdeführer --wie hier-- die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, so macht er der Sache nach eine Abweichung des angefochtenen Urteils von einem anderen Urteil geltend. In diesem Fall muss er tragende und abstrakte Rechtssätze aus den gegensätzlichen Entscheidungen herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 16. April 2002 X B 102/01, BFH/NV 2002, 1045; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42). Daran hat es der Kläger in jeder Beziehung fehlen lassen.

3. Soweit der Kläger nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstmals die Revisionszulassung wegen gravierender Rechtsanwendungsfehler begehrt, weil ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung bestehe, ist dem Kläger entgegen zu halten, dass die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen ist. Spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen-- nicht zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 1. August 2005 X B 28/05, BFH/NV 2005, 2038). Im Übrigen erschöpft sich das Vorbringen des Klägers auch insoweit in der Darlegung seiner Auffassung mit dem Ziel einer "Gesamtwürdigung" durch den angerufenen Senat.

4. Auch das in einer Vorbemerkung zu den Ausführungen, die der Kläger als die eigentliche Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde versteht, enthaltene Vorbringen rechtfertigt keine Zulassung der Revision, wenn es als zur Begründung der Beschwerde gedachte Rügen verstanden werden sollte.

a) Die Rüge des Klägers, das Finanzgericht (FG) habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) verletzt, weil es in fünf ihn betreffenden Verfahren, über die am 5. Dezember 2005 verhandelt worden sei, durch ihm bereits am 10. Dezember 2005 zugestellte Urteile entschieden habe, so dass die Entscheidungen "bereits zu Beginn der mündlichen Verhandlung feststanden", geht ins Leere.

Es ist ein rechtlich nicht zu beanstandendes Verfahren der Terminsvorbereitung und Urteilsfindung und auch am FG allgemeine Übung, dass sich der Richter vor der mündlichen Verhandlung umfassend den gesamten Sach- und Streitstand erarbeitet und sich so in die Lage versetzt, dem gesetzlichen Gebot zu entsprechen, einen Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen (§ 79 Abs. 1 Satz 1 FGO; vgl. dazu näher: Gräber/ Koch, a.a.O., § 79 Rz 1). Dass dieses Vorgehen vielfach in einen Urteilsentwurf mündet, ist nicht nur ein Gebot rationeller Arbeitsweise, weil damit zugleich die Basis für die spätere Urteilsbegründung erarbeitet wird, es dient auch der Selbstkontrolle, weil auf diese Weise die Entscheidungserheblichkeit einzelner Punkte und die Entscheidungsreife des Falles besonders deutlich werden. Schließlich dient dieses Verfahren typischerweise nur einer vorläufigen Standortbestimmung, die sich infolge anderer oder besserer späterer Erkenntnisse bei der endgültigen Überzeugungsbildung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) als korrekturbedürftig erweisen kann (vgl. im Übrigen auch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. März 1959 1 BvR 53/56, BVerfGE 9, 213, 215), so dass in dieser Vorgehensweise für sich gesehen keine Verletzung des Anspruchs der Beteiligten auf rechtliches Gehör gesehen werden kann. Sie ist im Gegenteil Ausdruck dafür, dass das FG deren Vorbringen bis zur mündlichen Verhandlung sorgfältig zur Kenntnis genommen und verarbeitet hat (ausführlich Senatsurteil vom 17. Mai 1995 X R 55/94, BFHE 177, 344, BStBl II 1995, 604). Für die Annahme, dass der Richter einen ggf. vorab gefertigten Urteilsentwurf verwendet hätte, ohne die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen wesentlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, hat der Kläger nichts vorgebracht.

b) Der Hinweis des Klägers auf die seiner Ansicht nach unberechtigte Zurückweisung seines Antrags, den in dem Verfahren vor dem FG tätigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, erfüllt nicht die Anforderungen, die an die Darlegung des Revisionszulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Vorliegen eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestellt werden.

Die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuches durch gesonderten Beschluss kann u.a. das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen. Dieser Verfahrensverstoß kann auch aufgrund der seit 1. Januar 2001 geltenden Rechtslage als Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 1 FGO geltend gemacht werden (vgl. Begründung zum Zweiten Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze zu Art. 1 Nr. 18 in BTDrucks 14/4061, S. 11 f.; Spindler, Der Betrieb 2001, 61, 62).

Allerdings greift Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften ein. Deshalb hat eine Besetzungsrüge nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640, und vom 28. Mai 2003 III B 87/02, BFH/NV 2003, 1218; Gräber/Ruban, a.a.O., § 128 Rz 9). Ein solches Vorbringen kann den Ausführungen des Klägers in der Begründung seiner nicht statthaften Beschwerden gegen die ablehnende Entscheidung des FG nicht entnommen werden.

Die Erwägungen des FG im Beschluss vom 20. Dezember 2005, mit dem es das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Berichterstatter zurückgewiesen hat, sind im Gegenteil insbesondere auch auf der Grundlage der dienstlichen Äußerungen des Berichterstatters vom 13. Dezember 2005 nicht zu beanstanden. Danach besteht kein Grund, dem vom Kläger behaupteten Vorgang die von ihm zugemessene Bedeutung und Auswirkung auf den Richter zuzuerkennen.

Ende der Entscheidung

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