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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.04.2009
Aktenzeichen: X B 78/08
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 S. 3
FGO § 155
ZPO § 227 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.

1.

Mit ihrem Vortrag, das Finanzgericht (FG) habe zu Unrecht ihrem Antrag, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, nicht entsprochen und diese in Abwesenheit des Klägers durchgeführt, obwohl dessen persönliches Erscheinen angeordnet war, machen die Kläger nicht in schlüssiger Weise einen Verfahrensmangel geltend.

a)

Lehnt das FG den Antrag eines Beteiligten auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung ab, obwohl dieser einen erheblichen Verlegungsgrund i.S. von § 227 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO dargelegt und gegebenenfalls glaubhaft gemacht hat, dann verletzt das FG den Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes und § 96 Abs. 2 FGO (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 27. April 2005 X B 130/04, BFH/NV 2005, 1596). In einem solchen Fall bedarf es auch nicht der Darlegung, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre und dass dieser Vortrag die Entscheidung des FG hätte beeinflussen können (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802). Dies vorausgesetzt ist ein Verfahrensmangel nicht dargelegt.

b)

Ein durchgreifender Verfahrensmangel liegt nicht bereits deshalb vor, weil über den vom Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 3. März 2008 gestellten Verlegungsantrag der Vollsenat des FG entschieden hat. Zwar ist gemäß § 227 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 155 FGO allein der Vorsitzende des Senats berufen, über einen Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Nach § 128 Abs. 2 FGO können jedoch Beschlüsse über eine beantragte Terminsänderung nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Da solche Beschlüsse gemäß § 124 Abs. 2 FGO nicht der Beurteilung der Revision unterliegen, kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine formell fehlerhafte Entscheidung des FG über einen Terminsänderungsantrag gestützt werden (BFH-Beschluss vom 5. Juli 2004 VII B 7/04, BFH/NV 2005, 64). Ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Verfahrensmangel liegt daher nur vor, wenn die beantragte Terminsänderung zu Unrecht versagt worden ist, weil ein erheblicher Grund für die Terminsänderung vorgelegen hat (zur Abgrenzung vgl. Beschluss des Bundessozialgerichts vom 16. November 2000 B 4 RA 122/99 B, Sozialrecht 3-1500 Nr. 33).

c)

Ein solcher erheblicher Grund wurde in dem Terminsverlegungsantrag nicht in ausreichender Weise dargetan. Zwar stellt die Erkrankung des Prozessbevollmächtigten eines Beteiligten dann einen solchen erheblichen Grund dar, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass ein Erscheinen zum Termin nicht erwartet werden kann. Hält das FG die Begründung für die Terminsverlegung nicht für ausreichend, muss es den Beteiligten regelmäßig zur Ergänzung seines Vortrags auffordern. Auch kann es verlangen, dass der Vortrag glaubhaft gemacht wird (§ 227 Abs. 2 ZPO; vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 29. Juni 1992 V B 9/91, BFH/NV 1993, 180, und vom 16. November 2006 IX B 83/06, BFH/NV 2007, 476). Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Antrag auf Terminsänderung mehrere Tage vor dem anberaumten Termin beim FG gestellt wird. Wird hingegen ein solcher Antrag "in letzter Minute" vor dem Termin eingereicht, zu dem auch ein Verlegungsantrag rechnet, der erst am Tag vor der anberaumten Verhandlung beim FG eingeht (BFH-Beschluss vom 10. Juni 2008 I B 211/07, BFH/NV 2008, 1697), gelten Besonderheiten. Wird ein Verlegungsantrag so kurz vor dem Termin gestellt und mit einer Erkrankung begründet, dann obliegt es nach der ständigen BFH-Rechtsprechung dem Beteiligten, die Gründe für die Verhinderung so darzulegen und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob die betreffende Person verhandlungs- und reiseunfähig ist oder nicht, selbst beurteilen kann. Ein zu diesem Zweck vorgelegtes privatärztliches Attest muss deshalb die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar beschreiben (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2005, 64; vom 3. August 2005 II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041, und in BFH/NV 2008, 1697). Die Vorlage einer privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die sich zur Art und Schwere der Erkrankung nicht äußert, genügt diesen Anforderungen nicht (Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 1596). Dem steht die ärztliche Schweigepflicht nicht entgegen. Es bleibt dem Beteiligten unbenommen, dem Gericht neben der ärztlichen Bescheinigung eine eigene Schilderung seiner Erkrankung einzureichen; auch kann er den Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden.

Genügt der kurz vor dem Termin gestellte Verlegungsantrag diesen Anforderungen nicht, dann ist das FG nicht gehalten, den Beteiligten zu einer Ergänzung seines Vortrags aufzufordern. Zwar muss das FG bei seiner Entscheidung über diesen Antrag auch anderweitige Erkenntnisse, die es z.B. im Rahmen eines Telefonats mit dem Beteiligten gewonnen hat (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 10. April 2007 XI B 58/06, BFH/NV 2007, 1672) berücksichtigen. Dies bedeutet aber nicht, dass es von sich aus Kontakt mit dem Beteiligten aufnehmen muss. Vielmehr muss der Beteiligte, der kurz vor dem Termin einen Verlegungsantrag gestellt hat, solange ihm vom FG eine Terminsänderung nicht mitgeteilt worden war, davon ausgehen, dass die Verhandlung am vorgesehenen Tag stattfinden werde. Für den Beteiligten besteht daher Anlass, von sich aus telefonischen Kontakt mit dem Gericht aufzunehmen und sich durch eine Rückfrage beim FG über die Entscheidung über seinen Terminsänderungsantrag zu informieren (BFH-Beschlüsse vom 12. November 1998 V B 30/98, V B 41/98, V B 99/98, BFH/NV 1999, 647, und in BFH/NV 2005, 64).

d)

Im Streitfall hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 3. März 2008, also am Tag vor der mündlichen Verhandlung beim FG den Antrag gestellt, diese zu verlegen. Zur Begründung hat er lediglich dargelegt, er sei arbeitsunfähig und dies durch Beifügung einer ärztlichen Bescheinigung belegt. In dieser wird lediglich ausgeführt, der Prozessbevollmächtigte sei seit dem 3. März 2008 und voraussichtlich bis zum 5. März 2008 arbeitunfähig. Bei dieser Sachlage war das FG berechtigt, den Verlegungsantrag abzulehnen. Besonderheiten ergeben sich nicht deshalb, weil der Vorsitzende des zuständigen Senats einen früher gestellten Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung bereits am Folgetag verbeschieden hat. Da dieser Antrag in ausreichendem zeitlichen Abstand zu dem vorgesehenen Termin gestellt worden war, war das FG gehalten, über diesen Antrag rechtzeitig zu entscheiden.

e)

Auch die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit des Klägers, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden war, begründet keinen Verfahrensmangel. Gemäß § 91 Abs. 2 FGO kann bei Ausbleiben eines Beteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden. Hierauf ist der Kläger in der Ladung hingewiesen worden. Besonderheiten können sich dann ergeben, wenn das Anordnen des persönlichen Erscheinens der weiteren Sachaufklärung dient. Ausweislich der Urteilsbegründung sollte die Anordnung des persönlichen Erscheinens lediglich der Klärung etwaiger Rückfragen dienen, die sich im Rahmen der Erörterung der Streitsache ergeben würden, die sich jedoch nicht ergeben haben. Dies haben die Kläger im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung nicht in Abrede gestellt. Im Übrigen hat das FG aus dem Nichterscheinen des Klägers keine nachteiligen Schlüsse gezogen (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 2. Juni 2008 VII S 66/07 (PKH), BFH/NV 2008, 1853).

2.

Auch mit ihrem Vortrag, das FG habe zu Unrecht das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels bejaht, zeigen die Kläger nicht in schlüssiger Weise einen Grund für die Zulassung der Revision auf.

a)

Die Kläger machen im Stil einer Revision geltend, das FG habe bei der Entscheidung, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorgelegen habe, die tatsächlichen Gegebenheiten des Streitfalls unzureichend berücksichtigt und stattdessen bloße Mutmaßungen angestellt. So habe das FG angenommen, der Gesellschaftszweck der X-Y GbR sei stillschweigend auch auf den Handel mit Grundstücken ausgerichtet gewesen. Hierbei habe das FG unberücksichtigt gelassen, dass diese GbR einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von 40 Jahren abgeschlossen habe. Auf bloßen Mutmaßungen beruhe auch die Annahme, dass die Grundstücke der GbR auch an einen fremden Erwerber hätten veräußert werden können. Dies hätte jedoch die betriebliche Nutzung beeinträchtigt. Auch habe das FG unberücksichtigt gelassen, dass die Grundstücke ... 14 und 16 bewertungsrechtlich als wirtschaftliche Einheit behandelt worden seien. Zudem habe das FG nicht bedacht, dass der Grundstücksrückkauf von der Z GmbH durch die X-Y GbR zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als diese GmbH wieder als gemeinnützig anerkannt gewesen sei. Schließlich habe das FG nicht in Betracht gezogen, dass der Rückgang der das Objekt in ... betreffenden Mieteinnahmen auf Vertragsverletzungen seitens der Mieter beruhen könne.

Mit diesen Einwänden machen die Kläger geltend, das FG habe die tatsächlichen Gegebenheiten unzutreffend gewürdigt. Eine fehlerhafte Beweiswürdigung ist jedoch kein Verfahrensmangel, sondern ein materiell-rechtlicher Fehler (BFH-Beschluss vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799).

b)

Sofern das Vorbringen der Kläger in dem Sinne zu verstehen sein sollte, das FG habe entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO bei seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt, indem es die vorstehend geschilderten Umstände nicht gewürdigt habe, ist auch ein solcher Verfahrensverstoß nicht schlüssig dargetan. Ein solcher Verfahrensfehler liegt dann vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde legt, der dem schriftlich festgehaltenen Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder wenn eine nach den Akten klar feststellbare Tatsache unberücksichtigt geblieben ist. Zur schlüssigen Rüge eines solchen Verstoßes ist jedoch u.a. erforderlich, dass die Aktenteile genau zu bezeichnen sind, die das FG nicht berücksichtigt haben soll (BFH-Urteil vom 8. November 1973 V R 130/69, BFHE 110, 493, BStBl II 1974, 219; Senatsbeschluss vom 17. Juni 1997 X B 193/96, BFH/NV 1997, 794). Hieran fehlt es im Streitfall.

c)

Die Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit zuzulassen. Eine greifbare Gesetzeswidrigkeit liegt nur vor, wenn die Entscheidung des FG in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen der Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte. Diese Voraussetzung kann dann vorliegen, wenn das FG eine einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat oder die Entscheidung auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht. Unterhalb dieser Grenze liegende erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzeswidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031).

Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt eine greifbare Gesetzeswidrigkeit i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO im Streitfall ersichtlich nicht vor. Dies gilt insbesondere auch, soweit das FG angenommen hat, der Gesellschaftszweck der X-Y GbR sei stillschweigend auch auf den Handel mit Grundstücken ausgerichtet gewesen. Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 1/93 (BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617) entschieden, dass Grundstücksgeschäfte einer Gesellschaft ihrem Gesellschafter als Objekte zugerechnet werden können, wenn die Anschaffung bzw. die Bebauung durch die Personenmehrheit in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht und die Veräußerung der entsprechenden Objekte einen sachlichen Bezug zu den von der Rechtsprechung entwickelten tatbestandlichen Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels haben. Dies sei ohne weiteres anzunehmen, wenn das Handeln mit Grundstücken durch den ausdrücklich oder stillschweigend vereinbarten Gesellschaftszweck gedeckt sei. In diesem Zusammenhang hat der Große Senat betont, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Ankauf bzw. Bebauung und Veräußerung die tatsächliche Vermutung eines entsprechenden Gesellschaftszwecks begründe (vgl. unter C.IV.4. der Beschlussgründe). Von einem solch engen zeitlichen Zusammenhang ist das FG ausgegangen. Angesichts dessen ist die Annahme des FG, der Gesellschaftszweck der X-Y GbR sei stillschweigend auch auf den Handel mit Grundstücken gerichtet, jedenfalls nicht unvertretbar.

Ende der Entscheidung

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