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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.03.2006
Aktenzeichen: X B 94/05
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 6 Abs. 1
FGO § 6 Abs. 4 Satz 1
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
EStG § 10e
EStG § 10e Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise begründet worden ist.

1. Einen Verfahrensfehler, auf dem das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) beruhen könnte (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht schlüssig dargetan.

Das FG hat die Abweisung der Klage allein darauf gestützt, dass die Kläger eine über den jeweils bereits berücksichtigten Betrag von 9 000 DM hinausgehende Steuerbegünstigung nach § 10e Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht beanspruchen könnten, weil die Vorschriften des § 10e EStG letztmals anzuwenden seien, wenn der Steuerpflichtige im Fall der Herstellung (worauf sich die Kläger berufen hatten) vor dem 1. Januar 1996 mit der Herstellung des Objekts begonnen habe (§ 52 Abs. 14 Satz 6 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung --a.F.--; jetzt: § 52 Abs. 26 Satz 6 EStG). Diese Voraussetzung --die sowohl für den nachzuholenden Abzugsbetrag für das vorangegangene Jahr 1996 als auch für den auf das Streitjahr 1997 selbst entfallenden Abzugsbetrag gilt-- hat nach Auffassung des FG im Streitfall nicht vorgelegen.

a) Soweit die Kläger hiergegen einwenden, das FG habe den Sachverhalt nicht hinreichend erforscht und die ermittelten Tatsachen einseitig zu Lasten der Kläger gewürdigt, ist der gerügte Verfahrensmangel der mangelnden Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht schlüssig dargelegt. Zwar rügen die Kläger, das FG habe sich bei der Feststellung des Beginns der Umbau- und Renovierungsarbeiten nicht auf die Aussagen der am Bau beteiligten Personen gestützt, sondern ausschließlich auf Erklärungen und Schriftverkehr, "die mit dem eigentlichen Bau und insbesondere für die Frage des Baubeginns gerade keine Aussagen" enthielten. Ein Verstoß gegen die Amtsaufklärungspflicht ergibt sich daraus indessen noch nicht.

aa) Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebracht, dass in der Tatsacheninstanz ein Beweisangebot auf Zeugenvernehmung übergangen worden sei, muss im Einzelnen dargelegt werden, wann der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem FG eine Zeugenvernehmung zu welchen Tatsachen beantragt hat und warum er, obwohl er sachkundig vertreten war, in der mündlichen Verhandlung nicht auf einer solchen Vernehmung bestanden bzw. warum er es unterlassen hat, in der mündlichen Verhandlung den Verfahrensverstoß zu rügen (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. August 2005 III B 22/05, BFH/NV 2006, 88 vom 29. September 2005 XI B 124/04, BFH/NV 2006, 316, und vom 11. Oktober 2005 VII B 325/04, BFH/NV 2006, 324, jeweils m.w.N.; gleicher Ansicht: Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 50 und § 120 Rz. 69).

An entsprechenden Ausführungen fehlt es im Streitfall. Dabei kann dahinstehen, inwieweit der Klagevortrag, sie, die Kläger hätten ab Mitte Dezember des Jahres 1995 mit dem Entkernen, dem Bodenaushub im Inneren des Gebäudes und mit dem Ausschachten begonnen und seien dabei von vielen weiteren Helfern unterstützt worden, deren Namen und Anschriften sie dem FG auf Verlangen gerne mitteilen würden, überhaupt einen substantiierten Beweisantrag enthält, dem das FG hätte nachgehen müssen. Jedenfalls findet sich in dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG kein Hinweis, dass die Kläger zu diesem Streitpunkt eine Beweiserhebung beantragt oder das Übergehen zuvor schriftsätzlich gestellter Beweisanträge gerügt hätten. Im Anschluss an den Vortrag des Sach- und Streitstandes haben die anwaltlich vertretenen Kläger vielmehr durch Stellung ihres Klageantrags rügelos zur Sache verhandelt. Gegenteiliges ergibt sich auch aus der Beschwerdebegründung nicht.

bb) Gründet sich der behauptete Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht darauf, dass das FG auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter hätte aufklären müssen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen und inwiefern diese Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung des Rechtsstreits hätte führen können (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 2005 X B 104/04, BFH/NV 2005, 1860; vom 18. Oktober 2005 X B 51/05, BFH/NV 2006, 116; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 70).

Das Vorbringen der Kläger, ihr Prozessbevollmächtigter habe in der mündlichen Verhandlung vor dem FG dargelegt, dass der (frühere) Eigentümer des Objekts mit der vorzeitigen Inbesitznahme des Grundstücks vor dem notariell zum 16. Januar 1996 vereinbarten Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten sowie mit dem vorzeitigen Beginn von Bauarbeiten am Gebäude einverstanden gewesen sei, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. So werden die Angaben der Kläger schon durch den Wortlaut des Sitzungsprotokolls nicht bestätigt. Vor allem aber ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Zeugenaussage des Voreigentümers mit dem von den Klägern behaupteten Inhalt das FG zu einer anderen Entscheidung in der Sache hätte veranlassen können. Zum einen hätten sich aus einer solchen Zeugenbekundung keine greifbaren Anhaltspunkte für den tatsächlichen Zeitpunkt des Baubeginns ergeben können. Außerdem hat das FG in der von den Klägern nicht nachgewiesenen Zustimmung des Voreigentümers zur vorzeitigen Inbesitznahme nur eines von mehreren Indizien für einen Baubeginn erst nach Ablauf des Jahres 1995 gesehen.

cc) Der Vortrag, das FG habe die zur Feststellung des Baubeginns herangezogenen Indizien fehlerhaft gewichtet und einzelnen Tatsachen eine falsche Bedeutung zugemessen, ist zur Begründung des Verfahrensmangels unzureichender Sachaufklärung ebenfalls ungeeignet. Diese Rüge richtet sich gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung und gegebenenfalls auch gegen die rechtliche Schlussfolgerung, nicht aber gegen das vom FG gehandhabte Verfahren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. Januar 2005 I B 84/04, BFH/NV 2005, 1315; vom 21. Oktober 2005 XI B 5/05, BFH/NV 2006, 564). Sie betrifft damit einen --behaupteten-- materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung, der für sich genommen die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. März 2005 X B 46/04, BFH/NV 2005, 1132, und vom 19. Oktober 2005 X B 86/05, BFH/NV 2006, 118; BFH-Beschluss vom 9. August 2005 V B 56/05, BFH/NV 2005, 2230).

b) Soweit sich die Beschwerde gegen die richterliche Überzeugungsbildung des FG wendet und damit sinngemäß eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gerügt wird, ist Folgendes zu bemerken. Es reicht nicht aus, den Ausführungen des FG die Überzeugungskraft mit der Begründung abzusprechen, aus den gewürdigten Indizien (fehlende Angaben in der Anlage FW zur Einkommensteuererklärung; notariell vereinbarter Übergang der Grundstücksnutzung erst im Januar 1996; keine schriftlichen Belege für den Beginn konkreter Bauarbeiten noch in 1995; Antrag des Klägers an die Kreisverwaltung auf Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn erst im Februar 1996) ergebe sich keineswegs zwingend, dass mit dem Umbau des Gebäudes nicht doch schon im Dezember 1995 begonnen worden sei. Vielmehr wäre --umgekehrt-- zur Stattgabe der Klage (unter anderem auch) die richterliche Überzeugung erforderlich gewesen, dass die subjektiv getroffene Bauentscheidung des Klägers tatsächlich schon 1995 und nicht erst im Jahre 1996 nach außen erkennbar geworden ist.

c) Auch ist nicht schlüssig dargetan, dass das FG die ihm obliegende Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) verletzt hätte. Ausweislich des Sitzungsprotokolls ist der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung für das erworbene Objekt in der mündlichen Verhandlung vor dem FG erörtert worden. Dass das Gericht diesem Umstand möglicherweise Bedeutung für seine Entscheidung beimessen würde, war für die Beteiligten daher erkennbar. Welchen weiteren Hinweises es daneben noch bedurft hätte, haben die Kläger nicht ausgeführt.

Für die schlüssige Rüge einer Verletzung der Hinweispflicht wäre zudem nicht nur anzugeben gewesen, worauf das Gericht hätte hinweisen sollen und was die Beteiligten im Falle des Hinweises konkret vorgetragen hätten, sondern auch, inwiefern das angefochtene Urteil --nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- auf dem vermeintlichen Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. September 2003 II B 175/02, BFH/NV 2003, 1607, und vom 9. Dezember 2003 III B 135/03, BFH/NV 2004, 339, jeweils m.w.N.). Daran fehlt es. Ausführungen dazu wären schon deshalb erforderlich gewesen, weil die von den Klägern genannten "verwaltungs- und buchungstechnischen" Gründe für die erst im Januar 1996 erfolgte Zahlung des Kaufpreises auf den vom FG im Urteil herangezogenen Umstand, dass Besitz und Nutzungen am erworbenen Objekt nach der getroffenen notariellen Vereinbarung erst zu diesem Zeitpunkt auf den Kläger übergehen sollten, keinen Einfluss haben.

d) Die Ausführungen der Kläger ergeben auch nicht schlüssig einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 119 Nr. 3 FGO). Hierzu hätten die Kläger substantiiert darlegen müssen, zu welchen Sach- und Rechtsfragen sie sich vor dem FG nicht äußern konnten und welches Vorbringen der Kläger das FG bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Soweit sich die Rüge auf einzelne Feststellungen bezieht, wäre ferner im Einzelnen substantiiert vorzutragen gewesen, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs zusätzlich vorgetragen worden wäre und dass bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 10. März 2005 II B 20/04, BFH/NV 2005, 1337; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 14). Derartige Angaben sind der Beschwerdebegründung indessen nicht zu entnehmen.

e) Auch eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 119 Nr. 1 FGO) ist nicht schlüssig dargetan.

Nach § 6 Abs. 1 FGO kann der Rechtsstreit einem Senatsmitglied als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen werden. Hiervon hat das FG Gebrauch gemacht. Dieser Beschluss ist nach § 6 Abs. 4 Satz 1 FGO unanfechtbar und kann regelmäßig auch im Rechtsmittelverfahren nicht überprüft werden (vgl. § 124 Abs. 2 FGO; BFH-Beschluss vom 21. Oktober 1999 VII R 15/99, BFHE 190, 47, BStBl II 2000, 88). Eine Besetzungsrüge mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 FGO für eine Übertragung auf den Einzelrichter hätten nicht vorgelegen, kann deshalb nur ausnahmsweise Erfolg haben, so etwa dann, wenn sich die Übertragung auf den Einzelrichter als "greifbar gesetzeswidrig" erweist. Dies ist eine Entscheidung aber nur dann, wenn sie mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Januar 2003 VI B 75/02, BFH/NV 2003, 926; vom 21. Dezember 2004 II B 13/04, BFH/NV 2005, 897; vom 10. März 2005 VI B 166/04, BFH/NV 2005, 1089).

Dass derartige Umstände vorliegen würden, haben die Kläger nicht geltend gemacht. Der bloße Vortrag, im Streitfall sei die Ermittlung des Sachverhalts nicht ohne Schwierigkeiten möglich gewesen, verdeutlicht nicht, dass die Übertragung auf den Einzelrichter offensichtlich gesetzwidrig bzw. willkürlich gewesen wäre.

2. Aus welchen Gründen der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zukommen soll, haben die Kläger ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Aus der Beschwerdeschrift lässt sich nicht entnehmen, auf welche konkrete Rechtsfrage die Kläger diesen Zulassungsgrund bezogen wissen wollen. Allein der Hinweis, vor dem BFH sei eine Vielzahl von Verfahren zu der Frage anhängig, ob in einem Altbau eine neue Wohnung i.S. des § 10e EStG hergestellt worden ist, reicht als Begründung nicht aus.

3. Die Rüge, im angegriffenen Urteil werde der Umstand nicht gewürdigt, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) einen noch im Jahre 1995 erfolgten Baubeginn bis zur Entscheidung über den Einspruch der Kläger im Januar 2003 zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt habe, haben die Kläger erstmals im Schriftsatz vom 10. Oktober 2005 erhoben. Sie ist daher nicht innerhalb der --am 18. Juli 2005 abgelaufenen-- Begründungsfrist eingegangen und damit verspätet. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung grundsätzlich nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen-- nicht zu berücksichtigen (Senatsbeschlüsse vom 29. September 2000 X B 23/00, BFH/NV 2001, 437, und vom 30. Juli 2003 X B 152/02, BFH/NV 2003, 1603; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 22). Es ist im Übrigen nicht erkennbar, inwiefern dem genannten Umstand für die vom FG zu treffende Entscheidung Bedeutung hätte zukommen können. Die von den Klägern behaupteten Versäumnisse des FA im Besteuerungs- oder im Einspruchsverfahren wären zudem keine Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. zuletzt BFH-Beschluss vom 22. November 2005 V B 22/05, BFH/NV 2006, 586).

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