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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.06.1998
Aktenzeichen: X R 104/94
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1 a
BUNDESFINANZHOF

Wird ein mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebautes Grundstück, das im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen wurde, vom Übernehmer veräußert, sind im Zusammenhang mit der Übertragung vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht mehr als Sonderausgaben (Rente oder dauernde Last) abziehbar (Fortführung der Senatsurteile vom 14. Februar 1996 X R 106/91, BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, und vom 24. Juli 1996 X R 167/95, BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315).

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1 a

Urteil vom 17. Juni 1998 - X R 104/94 -

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg


Gründe

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1983 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Mit notariellem Vertrag vom 9. Juli 1971 übertrugen die Eltern der Klägerin ihren drei Kindern das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaute Grundstück in A., zu je ein Drittel. Die Klägerin und ihre Brüder (E.M. und A.M.) verpflichteten sich dafür zur Übernahme der auf dem Grundstück ruhenden Verbindlichkeiten in Höhe von 150 000 DM sowie weiter, ihren Eltern als Gesamtberechtigten auf deren Lebenszeit ein Drittel der aus dem verschenkten Grundbesitz jeweils erzielten Bruttojahresmiet- und -pachteinnahmen als Geldrente in gleichen Monatsraten abzuführen. Die Eltern behielten sich das Recht vor, eine entsprechende Reallast im Grundbuch eintragen zu lassen. Nach dem Vertrag war die Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft der Erwerber für immer ausgeschlossen.

Mit notariellem Vertrag vom 16. Oktober 1978 veräußerte E. M. seinen Anteil an dem Grundstück an seinen Bruder A.M. zum Preis von 220 000 DM; unberührt davon blieb dessen anteilige Verpflichtung zur Bezahlung der im Übergabevertrag mit den Eltern vereinbarten Rente.

Mit notariellem Vertrag vom 6. Juli 1981 veräußerten die Klägerin und ihr Bruder A.M. das Grundstück zum Preis von 1 400 000 DM. Mit dem Erlös erwarben sie eine Beteiligung an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft; zu einem späteren Zeitpunkt erwarben sie ein Grundstück in C. zu Bruchteilseigentum.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) veranlagte mit Bescheid vom 17. Mai 1985 die Kläger erklärungsgemäß zur Einkommensteuer für 1983. Mit dem Einspruch begehrten die Kläger den Abzug bisher nicht geltend gemachter Zahlungen an die Mutter der Klägerin in Höhe von 7 200 DM als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie machten geltend, die Klägerin habe --ebenso wie ihre beiden Brüder-- auch nach Verkauf des Grundstücks im Juli 1981 an ihre seit 1980 verwitwete Mutter jeweils monatlich 600 DM gezahlt. Die Höhe der Zahlungen habe sich an den im Jahr 1981 erzielten Bruttomieteinnahmen aus dem Grundstück orientiert. Mit Rücksicht auf die allgemeine Entwicklung der Mieteinnahmen sei 1986 der Betrag auf 650 DM erhöht worden.

Der Einspruch hatte nur teilweise Erfolg. Das FA war der Ansicht, jedenfalls nach Veräußerung des Grundstücks komme ein Abzug der Zahlungen als dauernde Last nicht mehr in Betracht, da die Einnahmen aus dem Grundstück als schwankende Bezugsgröße für die Zuwendungen an die Eltern weggefallen seien. Die Mutter habe einen Schadensersatzanspruch wegen der Veräußerung gehabt und die Beteiligten hätten sich auf eine feste Bezugsgröße für die künftigen Schadensersatzleistungen einigen müssen. Die Kläger selbst hätten erklärt, daß sie die Mieteinnahmen des Jahres 1981 den künftigen Zahlungen zugrunde gelegt hätten. Aufgrund dieser festen Bezugsgröße seien die Leistungen als gleichbleibend zu beurteilen und nur als Leibrente abziehbar.

Im anschließenden Klageverfahren vertrat das FA die Auffassung, die Zahlungen seien einkommensteuerrechtlich schon deshalb nicht abziehbar, weil es an klaren und eindeutigen Vereinbarungen für die nach Veräußerung zu erbringenden Versorgungsleistungen fehle. In ihren Einkommensteuererklärungen von 1983 bis 1991 hätten die Kläger Aufwendungen in stets wechselnder Höhe geltend gemacht. Die schwankende Höhe dieser Aufwendungen lasse sich weder mit den Vereinbarungen im Vertrag vom 9. Juli 1971 noch mit § 323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) begründen. Schon deshalb müsse es bei dem --zu Unrecht gewährten-- Abzug des Ertragsanteils bleiben.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus: Die Klägerin und ihre Geschwister hätten sich im Übergabevertrag zu abänderbaren Leistungen verpflichtet, die als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abziehbar gewesen seien; durch die Veräußerung des Grundstücks habe sich an der rechtlichen Natur der Zahlungen und deren steuerrechtlicher Qualifikation nichts geändert. Die Beteiligten hätten zwar schriftlich nichts vereinbart. Nach der Aussage des Zeugen E.M. und den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hätten aber die Klägerin und ihre beiden Brüder mit der Mutter die bevorstehende Veräußerung besprochen und dieser zugesagt, durch die Grundstücksveräußerung werde sich an den Rentenzahlungen nichts ändern. Dementsprechend hätten sich die Zahlungen an den Bedürfnissen der Mutter orientiert; dies sei letztlich auch Zweck der im Schenkungsvertrag vom 9. Juli 1971 zugesagten Geldrente gewesen. Durch die Veräußerung des Grundstücks sei nicht die Geschäftsgrundlage für diesen Vertrag weggefallen, sondern lediglich insoweit eine Änderung eingetreten, als die Kinder der Mutter nicht mehr real ein Drittel der Mieteinnahmen hätten abführen können, sondern einen entsprechenden Betrag, wie er bei fiktiver Weitervermietung hätte erzielt werden können. Auch diese Zahlungen hätten der Veränderung der Bedürfnisse der Mutter angepaßt werden müssen.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

Es fehle an klaren und eindeutigen Vereinbarungen über den zukünftigen Inhalt der Verpflichtung gegenüber der Mutter nach dem Verkauf des Grundstücks. Dies sei Voraussetzung für die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen. Die Kläger hätten insoweit widersprüchliche Angaben über den Inhalt der Vereinbarungen nach Veräußerung des Grundstücks gemacht. Das Urteil des FG sei hinsichtlich des festgestellten Sachverhalts widersprüchlich.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten.

II.

Die Revision ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet; das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Wird ein mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebautes Grundstück, das im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen wurde, vom Übernehmer veräußert, sind im Zusammenhang mit der Übertragung vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, entgegen der Auffassung des FG nicht mehr als Sonderausgaben (Rente oder dauernde Last) abziehbar (Fortführung der Senatsurteile vom 14. Februar 1996 X R 106/91, BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, und vom 24. Juli 1996 X R 167/95, BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315).

1. Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet (grundlegend Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78). Sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie abänderbar sind.

2. Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ist, daß eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit vom Übergeber zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird (ausführlich BFH-Urteile in BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687; in BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315). Wird die übertragene Wirtschaftseinheit --wie im Streitfall-- veräußert und dadurch der Zusammenhang der in der Folgezeit gezahlten wiederkehrenden Leistungen mit der übertragenen Wirtschaftseinheit beendet, kommt die weitere Zuordnung der wiederkehrenden Leistungen zu den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen nicht mehr in Betracht.

3. Die steuerrechtliche Sonderstellung des "Vermögensübergabevertrages" beruht darauf, daß --obwohl die im Zusammenhang mit der Übertragung versprochenen wiederkehrenden Leistungen dem steuerrechtlichen Begriff der Anschaffungskosten unterfallen (vgl. BFH-Beschluß vom 7. März 1989 IX R 308/87, BFHE 157, 345, BStBl II 1989, 772)-- nicht die Grundsätze über entgeltliche Geschäfte anzuwenden, sondern die wiederkehrenden Leistungen spezialgesetzlich den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen zugeordnet sind. Diese steuerrechtliche Zuordnung von Versorgungsleistungen aufgrund eines Vermögensübergabevertrages (private Versorgungsrente) zu den wiederkehrenden Bezügen und den Sonderausgaben beruht auf der Vorstellung des Gesetzgebers, daß sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen (grundlegend Beschlüsse des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, und in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17. Dezember 1992 1 BvR 4/87, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1993, 315; zuletzt BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV R 45/96, BFHE 182, 539, BStBl II 1997, 458).

Mit dem den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abgrenzenden steuerrechtlichen Tatbestandsmerkmal der "Vermögensübergabe" ist ein Vertragstypus umschrieben, der sich grundsätzlich an dem zivilrechtlichen Typus der Hof- und Betriebsübergabe orientiert. Für diesen ist charakteristisch, daß infolge der Übertragung von existenzsicherndem Vermögen zur Weiterführung durch die nachfolgende Generation die Lebensverhältnisse von Übergeber und Übernehmer in besonderer Weise miteinander verknüpft sind (vgl. BFH-Urteile vom 11. März 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499; vom 13. Oktober 1993 X R 86/89, BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451): Die Vereinbarung bezweckt die Vorwegnahme der künftigen Erbregelung und die wirtschaftliche Sicherung der übergebenden Generation. Die Gegenleistung wird nicht nach dem Wert des übergebenen Vermögens, sondern nach dem Versorgungsbedürfnis des Übergebers einerseits und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Übernehmers andererseits bemessen. Die Beteiligten lassen sich von dem Gedanken leiten, daß die übertragene existenzsichernde Wirtschaftseinheit der Familie erhalten bleibt (Beschluß des Großen Senats in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78; BFH-Urteile vom 31. August 1994 X R 44/93, BFHE 176, 19, BStBl II 1996, 676, und in BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, m.w.N.). Ob wiederkehrende Leistungen auf einer steuerrechtlich privilegierten Vermögensübergabe beruhen oder den kauf- und darlehensähnlichen Geschäften und deshalb als im Austausch mit einer Gegenleistung stehend zu beurteilen sind, bedarf eines wertenden Vergleichs am Typus des Hof- und Betriebsübergabevertrages; hierbei sind grundsätzlich auch Rechtskontinuität und die Einfachheit der Rechtsanwendung zu berücksichtigen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. Februar 1992 X R 136/88, BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609, und in BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451, m.w.N.).

a) Charakteristisch für die Vermögensübergabe ist die beiderseitige Verknüpfung der Lebensverhältnisse deshalb, weil bisher vom Übergeber bewirtschaftetes existenzsicherndes Vermögen --wie z.B. ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb oder Gewerbebetrieb-- zur Weiterbewirtschaftung an den Übernehmer überlassen wird. Die Übergabe eines Geldbetrages ist dagegen keine der Hof- und Betriebsübergabe steuerrechtlich gleichzustellende Vermögensübergabe (ausführlich BFH-Urteile vom 13. August 1985 IX R 10/80, BFHE 144, 423, BStBl II 1985, 709, und in BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609). Auch wenn zunächst existenzsicherndes Vermögen übertragen wird, die wiederkehrenden Leistungen aber wegen der beabsichtigten Veräußerung letztlich nur aus dem Veräußerungserlös zu bezahlen sind, steht dieser Sachverhalt bei wertender Betrachtung der Geldübergabe näher als der Übergabe eines Hofes oder Betriebes (Senatsurteile in BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, und in BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315). Diese Überlegungen gelten auch, wenn die Veräußerung der Vermögensübertragung nicht --wie in den entschiedenen Fällen-- unmittelbar nachfolgt, sondern wenn --wie im Streitfall-- der Übernehmer die übergebene Wirtschaftseinheit zunächst weiterbewirtschaftet hat, sie aber zu einem späteren Zeitpunkt veräußert (offengelassen im Senatsurteil vom 31. August 1994 X R 79/92, BFH/NV 1995, 382; a.A. FG München, Urteil vom 31. Oktober 1995 2 K 2255/94, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1996, 426).

b) Nach Auffassung des BMF im Schreiben vom 23. Dezember 1996 IV B 3 -S 2257- 54/96 (BStBl I 1996, 1508 Tz. 21) sind allerdings bei Umschichtung des Vermögens in eine nicht existenzsichernde Wirtschaftseinheit die wiederkehrenden Leistungen dann weiterhin als Versorgungsleistungen zu behandeln, wenn der Übernehmer sich "frühestens nach Ablauf von fünf Jahren zur Veräußerung des übertragenen Vermögens verpflichtet". Andernfalls seien die Versorgungsleistungen vom Zeitpunkt der Übertragung an als entgeltlich im Austausch mit einer Gegenleistung erbracht anzusehen; die Veräußerung sei insoweit ein Ereignis mit Rückwirkung i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Danach blieben wiederkehrende Leistungen stets als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Übernehmer --wie im Streitfall-- das übertragene Vermögen erst nach Ablauf von fünf Jahren verkauft.

Der erkennende Senat folgt dieser Ansicht nicht. Abgesehen davon, daß die gesetzliche Regelung keinen Anknüpfungspunkt für eine Verbleibensfrist von fünf Jahren enthält, ließe sich diese Auslegung nicht mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung vereinbaren.

aa) Eine steuermindernde Berücksichtigung von Privataufwendungen ist abweichend vom Grundsatz des § 12 Nrn. 1 und 2 EStG nur zulässig, wenn das Gesetz dies --ausnahmsweise-- vorsieht, und zwar insbesondere bei den Sonderausgaben und bei den außergewöhnlichen Belastungen. Die Belastung von Eltern mit Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern wird durch Kinderfreibeträge (§ 32 EStG) und das Kindergeld sowie durch vergleichbare Leistungen abgegolten. Den Abzug von typischen Unterhaltsaufwendungen sieht der Gesetzgeber --unter bestimmten Voraussetzungen und der Höhe nach begrenzt-- in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten --Realsplitting--) und --u.a. für Leistungen von Kindern an die Eltern-- in § 33a Abs. 1 EStG (außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen) vor. Es wäre mit dem Verfassungsgebot der steuerrechtlichen Gleichbehandlung nicht zu vereinbaren, wenn Unterhaltszahlungen von Kindern an ihre Eltern allein deshalb steuerlich abziehbar wären, weil die Eltern in der Lage waren, ihren Kindern Vermögen zu übertragen (Senatsurteile vom 14. Juli 1993 X R 54/91, BFHE 172, 324, BStBl II 1994, 19, und in BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315). Die steuerrechtlich neutrale Verwendung eigenen Vermögens zur Versorgung im Alter kann nicht dadurch steuerrechtliche Bedeutung erlangen, daß Angehörige in den Vorgang der Substanzverwertung eingeschaltet werden. Das gilt unabhängig davon, ob die übertragene Wirtschaftseinheit unmittelbar nach der Übergabe oder zu einem späteren Zeitpunkt vom Übernehmer veräußert wird. In beiden Fällen hat die Veräußerung zur Folge, daß die ggf. weitergeschuldeten wiederkehrenden Leistungen der Sache nach aus dem Erlös bezahlt werden und insoweit auf der Verwertung des Vermögens beruhen.

bb) Das BVerfG hat im Beschluß in DStR 1993, 315 hervorgehoben, der Ausschluß der ansonsten gebotenen Wertverrechnung sei verfassungsrechtlich allein durch den Gesichtspunkt gerechtfertigt, daß es den Beteiligten typischerweise darauf ankomme, die Kinder nur aus dem Ertrag, den die übergebene Ertragsgrundlage abwerfe, die Versorgungsleistungen erbringen zu lassen. Es sei gerade nicht Kennzeichen der Übergabeverträge, daß das übertragene Vermögen als solches ggf. durch Verkauf dazu dienen solle, die Versorgungsleistungen abzudecken. Hiervon ausgehend gibt es bei verfassungskonformer Auslegung (vgl. hierzu z.B. BVerfG-Beschluß vom 10. Juni 1975 2 BvR 1018/74, BVerfGE 40, 88; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 1992 7 C 5.92, BVerwGE 90, 220, 226) keinen Grund für die steuerrechtliche Privilegierung der nach der Veräußerung wirtschaftlich aus dem Veräußerungserlös zu bezahlenden wiederkehrenden Leistungen nur deshalb, weil in der Vergangenheit mindestens fünf Jahre lang die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zuordnung zur steuerrechtlich privilegierten Vermögensübergabe vorgelegen haben.

cc) Die Veräußerung berührt ferner nicht rückwirkend die Beurteilung der früheren Leistungen. Abgesehen davon, daß auch zivilrechtlich die Veräußerung des gegen Versorgungsleistungen zur Weiterbewirtschaftung übergebenen Hofes oder Betriebes eine Zäsur darstellt, die (nur) für die Zukunft zu einer Neubeurteilung der beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Übergabevertrag führen kann (vgl. z.B. Pecher in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., Art. 96 EGBGB Rz. 29 ff.; Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 1963 V Blw 32/63, BGHE 40, 334), gibt es --insoweit der zivilrechtlichen Rechtslage vergleichbar-- keinen rechtfertigenden Grund für eine Korrektur der bisherigen rechtlichen Beurteilung allein deshalb, weil in einem späteren Jahr die Erwerbsgrundlage veräußert worden ist.

4. Ohne Bedeutung ist, ob für das veräußerte Geschäftsgrundstück --wie das FG im Tatbestand erwähnt-- ein "Ersatzgrundstück" (i.S. der Tz. 20 des BMF-Schreibens, a.a.O.) oder --wie die Klägerin zur Niederschrift in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 1994 erklärt hat-- ein Anteil an einer grundbesitzenden Gesellschaft (i.S. der Tz. 21 des BMF-Schreibens, a.a.O.) erworben wurde.

a) Wird ein bebautes Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, das der Übernehmer sogleich weiterveräußert, sind nach dem Senatsurteil in BFHE 181, 72, 75 f., BStBl II 1997, 315 im Zusammenhang hiermit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Sonderausgaben (Leibrente oder dauernde Last) abziehbar; ein Surrogationsprinzip kann im vorliegenden Zusammenhang nicht wirksam werden, weil die spezialgesetzlich begründete Unterscheidung zwischen der --fortzuführenden-- existenzsichernden Wirtschaftseinheit und dem hierzu nicht gehörenden Geldvermögen für das steuerrechtliche Sonderrecht der Vermögensübergabe von vorrangiger Bedeutung ist. Es kann letztlich nicht darauf ankommen, ob der Übernehmer des Vermögens den Veräußerungserlös zum Zwecke der Einkünfteerzielung oder zur Entschuldung eines privaten Wirtschaftsguts einsetzt. An diesem Grundsatz hält der Senat auch für den Fall fest, daß mit dem Verkaufserlös ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut erworben wird.

b) Wird, wie im Streitfall, der Veräußerungserlös zur Finanzierung anderer Wirtschaftsgüter verwendet, läßt sich nach der Veräußerung ein Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit einer weiterzuführenden Wirtschaftseinheit nicht (mehr) herstellen. Denn der Erwerb des "Ersatz"-Grundstücks (hier: das Grundstück in C.) wird durch einen steuerrechtlich selbständigen Anschaffungsvorgang vollzogen, der abschließend nach §§ 21, 7, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG oder --je nach Sachlage-- nach § 10e EStG zu beurteilen ist. Die Vorstellung einer Wertsurrogation wäre rechtlich allenfalls dann tragfähig, wenn auch das Ersatzwirtschaftsgut als unentgeltlich erworben angesehen werden könnte; dann wäre es möglicherweise vertretbar, den Abzug von Sonderausgaben weiterzuführen. Denn die Abziehbarkeit der wiederkehrenden Leistungen ist nur gerechtfertigt, weil der Erwerb des Vermögens steuerrechtlich als unentgeltlich anzusehen ist, so daß diese Aufwendungen als "Anschaffungskosten" unberücksichtigt bleiben und dem Übernehmer ggf. lediglich die Fortführung der Absetzung für Abnutzung des Rechtsvorgängers verbleibt. Der Abzug als Sonderausgabe ist aber zu versagen, wenn und soweit der Steuerpflichtige das Ersatzwirtschaftsgut im wirtschaftlichen Ergebnis mit dem Veräußerungserlös entgeltlich erwirbt; denn sonst könnte es zu einer Doppelvergünstigung kommen: Zum Sonderausgabenabzug würde die Abziehbarkeit der --ggf. erhöhten-- Absetzungen oder von Sonderabschreibungen hinzutreten. Es entspricht jedoch der Systematik des Gesetzes, die sich auch aus § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG ergibt, daß Aufwendungen des Steuerpflichtigen nur als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, wenn sie keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Die Aufwendungen dürfen sich also nicht mehrfach zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 1994 X R 74/91, BFHE 176, 117, BStBl II 1995, 259, und vom 11. Dezember 1996 X R 15/96, BFHE 182, 153, BStBl II 1997, 221). Gerade wenn man unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Surrogationsmöglichkeit annehmen wollte, handelte es sich um ein und denselben Lebenssachverhalt, für den der Werbungskosten- und Sonderausgabenabzug nicht gleichzeitig gewährt werden kann. Auch die Fortführung dieses Sonderausgabenabzugs neben dem Abzug wie Sonderausgaben nach § 10e EStG erachtet der Senat für nicht zulässig. Die durch die Veräußerung und entgeltliche Ersatzbeschaffung markierte rechtliche Zäsur muß aus Gründen der Rechtsanwendungsgleichheit und der Rechtsvereinfachung auch dann maßgebend sein, wenn der Steuerpflichtige mit dem Veräußerungserlös z.B. ein funktionsgleiches Grundstück anschafft.

c) Entgegen der Auffassung des BMF folgt aus dem Senatsurteil in BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, unter 3. h nichts anderes.

Der Sachverhalt des dort in Bezug genommenen Senatsurteils vom 3. Juni 1992 X R 147/88 (BFHE 169, 127, BStBl II 1993, 98) ist mit dem hier zu entscheidenden Fall nicht zu vergleichen. Es war seinerzeit darüber zu befinden, daß ein bei der Übertragung eines Zweifamilienhauses vorbehaltener Nießbrauch anläßlich der Übertragung des belasteten Grundstücks auf ein anderes, dem Kläger bereits gehörendes Zweifamilienhaus übertragen worden war; auf diesen Nießbrauch hatte die Übergeberin gegen wiederkehrende Leistungen verzichtet. Anders als im vorliegenden Fall waren die wiederkehrenden Leistungen nicht aus dem Erlös der übergebenen Wirtschaftseinheit zu zahlen.

Soweit das BMF in seinem Schreiben vom 23. Dezember 1996 IV B 3 -S 2257- 54/96 (BStBl II 1996, 1508, Tz. 20 i.V.m. Tz. 7 f.) die Auffassung vertritt, der sachliche Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit der Vermögensübergabe ende nicht, wenn das übernommene Vermögen nachträglich in anderes sog. existenzsicherndes Vermögen umgeschichtet wird --wenn also z.B. ein Mietwohngrundstück durch ein anderes Mietwohngrundstück ersetzt wird--, folgt der erkennende Senat dem aus den genannten Gründen nicht.

5. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; das Urteil war danach aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.

a) Da nach der Veräußerung die Voraussetzungen für das Sonderrecht der Vermögensübergabe entfallen sind, gelten § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts uneingeschränkt. Hierzu gehört insbesondere das Prinzip, daß Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abziehbar sind. Schuldzinsen dürfen nur berücksichtigt werden, wenn sie entweder Werbungskosten oder Betriebsausgaben bilden oder sonst ausdrücklich gesetzlich (z.B. § 10e Abs. 6 a EStG) zum Abzug zugelassen sind (ausführlich BFH-Urteil vom 25. November 1992 X R 91/89, BFHE 170, 82, BStBl II 1996, 666, m.w.N.). Wiederkehrende Leistungen sind --ohne Rücksicht auf die Bezeichnung durch die Vertragspartei und deren Motive-- immer dann als in Zins- und Tilgungsanteil zu zerlegende Kaufpreisraten zu behandeln, wenn die einzelnen Zahlungen wirtschaftlich Kapitalrückzahlung aus einem kauf- oder darlehensähnlichen Geschäft darstellen (ausführlich BFH-Urteile vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, 221, BStBl II 1995, 47, m.w.N.; vom 25. November 1992 X R 34/89, BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663; in BFHE 170, 82, BStBl II 1996, 666, und vom 26. November 1992 X R 187/87, BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298).

b) Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen der in den --nach Veräußerung des Grundstücks bezahlten-- wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil zu den als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbaren Finanzierungskosten für die Anschaffung des Ersatzwirtschaftsgutes gehört (vgl. zur Zuordnung von Schuldzinsen bei Wiederanlage des Erlöses nach Veräußerung eines mit Darlehen erworbenen Wirtschaftsgutes BFH-Urteil vom 1. Oktober 1996 VIII R 68/4, BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, m.w.N.). Denn das FA hat im angefochtenen Einkommensteuerbescheid jedenfalls die Zahlungen der Klägerin mit dem Ertragsanteil (Zinsanteil) --wenn auch zu Unrecht als Leibrente nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG-- berücksichtigt.

Ende der Entscheidung

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