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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 31.03.2004
Aktenzeichen: X R 32/02
Rechtsgebiete: BGB, EStG, PrAGBGB


Vorschriften:

BGB § 1093
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2
EStG § 22 Nr. 1 Satz 1
EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
PrAGBGB § 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Mit notariellem Vertrag vom 13. Dezember 1996 übertrugen die Eltern dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) u.a. das Eigentum an einem Wohngrundstück mit einer Gesamtwohnfläche von 180 qm. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, seine Geschwister abzufinden. Zusätzlich räumte er den Eltern ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht an den Räumen im Erdgeschoss des übertragenen Hauses ein; ferner ein Recht zur Mitbenutzung des Gartens, des Kellers und der Garage. Dieses Recht wurde durch eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit nach § 1093 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gesichert. In dem Vertrag heißt es des Weiteren wörtlich:

"Den Jahreswohnwert geben die Erschienenen mit 4 800,00 DM an. Die Kosten für Licht, Heizung und Wasser tragen die Erschienenen zu 1.) (Eltern) für die von ihnen bewohnte Wohnung selbst."

Die Erhaltungspflicht von Gemeinschaftsanlagen wurde im Übergabevertrag nicht geregelt.

Im Streitjahr 1998 ließ der Kläger den in den 70er Jahren installierten, in das Erdreich eingelassenen Heizöltank entfernen und errichtete in einer Scheune ein neues Tanklager. Die auf die wohnrechtsbelasteten Räume entfallenden Ausgaben in Höhe von 3 790 DM machte er in seiner Einkommensteuererklärung als dauernde Last geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) versagte den Abzug der Aufwendungen als Sonderausgaben. Dauernde Lasten seien wiederkehrende, nach Zahl und Wert abänderbare Aufwendungen, die über längere Zeit auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung zu erbringen seien. Im Streitfall habe der Kläger den Eltern lediglich ein unentgeltliches Wohnungsrecht eingeräumt. Weitere Leistungen seien nicht vereinbart worden.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt. Der Kläger als Hauseigentümer sei gesetzlich zur Instandhaltung des Gebäudes und damit zur Erneuerung des Heizöllagers verpflichtet. Da der alte Öltank altersbedingt "verbraucht" gewesen sei, habe er erneuert werden müssen. Die daraus resultierenden Kosten seien daher --soweit sie auf das gewährte Wohnungsrecht entfielen-- als dauernde Last abziehbar.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung führt es aus, übernommene Instandhaltungsaufwendungen seien nur dann als "Versorgungsleistungen" abziehbar, wenn es sich um Aufwendungen handele, die üblicherweise vom Nutzungsberechtigten zu tragen seien. Außergewöhnliche Instandhaltungsaufwendungen, die üblicherweise nicht der Inhaber des Nutzungsrechtes, sondern der Eigentümer tragen müsse, seien nicht als dauernde Last abziehbar.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das FG erkannt, dass die Aufwendungen des Klägers für die Erneuerung des Tanklagers als dauernde Last abziehbar sind.

1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Dauernde Lasten sind in vollem Umfang abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG). Leibrenten können --nach näherer Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 EStG-- nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG aufgeführten Tabelle ergibt. Vorliegend geht es um die Beurteilung von abänderbaren Versorgungsleistungen und damit steuerrechtlich um eine dauernde Last.

2. Die "typischerweise" im Rahmen eines Altenteils-/Leibgedingvertrages geschuldeten Leistungen an den Vermögensübergeber haben steuerrechtlich den Charakter von Versorgungsleistungen. Hinsichtlich des Rechtsbegriffs der Versorgungsleistungen und der Voraussetzungen, unter denen Aufwendungen zur Instandhaltung einer Altenteilerwohnung als dauernde Last abziehbare Versorgungsleistungen sind, wird auf das Senatsurteil vom 25. August 1999 X R 38/95 (BFHE 190, 302, BStBl II 2000, 21) verwiesen. Hiernach gilt folgendes:

a) Der für den Altenteilsvertrag charakteristischen Interessenlage wird durch die landesgesetzlichen Ausführungsbestimmungen zum BGB für das Steuerrecht exemplarisch und richtungsweisend Rechnung getragen. Im Streitfall ist hinsichtlich der Instandhaltungspflicht Art. 15 § 5 Abs. 1 des (Preußischen) Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (PrAGBGB) einschlägig. Nach dieser Bestimmung hat der Verpflichtete die Wohnung dem Berechtigten in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Dauer "in diesem Zustand zu erhalten". Diese Verpflichtung entspricht im Wesentlichen derjenigen des Vermieters, der die vermietete Sache dem Mieter "in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauche geeigneten Zustande zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustande zu erhalten" hat (§ 535 Abs. 1 BGB). Maßstab der Erhaltungspflicht ist der vertraglich geschuldete Gebrauch, der im Regelfall durch den baulichen Zustand der Altenteilerwohnung im Zeitpunkt der Übergabe konkretisiert wird. Nicht zu Erhaltungsaufwendungen, die zur Beseitigung von Mängeln notwendig werden, gehören Maßnahmen zur Verbesserung (vgl. § 554 Abs. 2 BGB). Aufwendungen für Baumaßnahmen, die über die Erhaltung des bei Übergabe als vertragsgemäß akzeptierten Zustandes typischerweise hinausgehen, sind nicht Teil der notwendigen Versorgungsleistungen.

b) Die genannten Erhaltungsaufwendungen können auf dem Übergabevertrag oder den gesetzlichen Regelungen zum Altenteilsvertrag beruhen, wie sie sich aus den zu Art. 96 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) ergangenen landesrechtlichen Ausführungsgesetzen ergeben (vgl. Senatsurteile vom 11. März 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499, und vom 15. März 2000 X R 50/98, BFH/NV 2000, 1089). Die Vertragspartner können die Erhaltungspflicht näher festlegen, beispielsweise die Tragung von üblichen Schönheitsreparaturen regeln. Vom dispositiven Zivilrecht abweichende Vereinbarungen sind steuerrechtlich anzuerkennen, soweit der vorgenannte Rechtscharakter als Versorgungsleistungen gewahrt bleibt. Stets muss die auf dieser Rechtsgrundlage erbrachte Leistung das Versorgungsbedürfnis des Übergebers berühren. Diesem fließt im Umfang der Abziehbarkeit der korrespondierende (Senatsurteile vom 26. Juli 1995 X R 113/93, BFHE 179, 34, BStBl II 1996, 157; in BFH/NV 2000, 1089) Nutzungsvorteil nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar zu. Steuerrechtlich sind nur diejenigen Aufwendungen des Eigentümers/Übernehmers auf das Gebäude als Sonderausgaben abziehbar, die der Vermögensübergeber zivilrechtlich beanspruchen kann.

c) Aufwendungen auf das übernommene Grundstück sind in Abgrenzung zum offenkundigen eigenen Interesse des Eigentümers an werterhaltenden und werterhöhenden Modernisierungsmaßnahmen nur abziehbar, wenn sich der Übernehmer hierzu im Übergabevertrag dem Übergeber gegenüber klar und eindeutig verpflichtet hat (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. April 1987 IX R 40/81, BFH/NV 1987, 712, unter 3.; zur Übernahme von Schönheitsreparaturen Entscheidungen vom 16. Juli 1985 IX R 1/79, BFH/NV 1985, 77, unter 1. b; vom 24. November 1993 X R 123/90, BFH/NV 1994, 704; vom 1. April 1998 X B 198/97, BFH/NV 1998, 1467). Die zudem ernsthaft gewollten Vereinbarungen müssen zu Beginn des maßgeblichen Rechtsverhältnisses oder --bei Änderung der Verhältnisse-- für die Zukunft getroffen werden. Die Leistungen müssen wie vereinbart erbracht werden (BFH-Urteil vom 14. Juli 1993 X R 54/91, BFHE 172, 342, BStBl II 1994, 19). Es besteht eine Vermutung dafür, dass die Beteiligten die beiderseitigen Rechte im Übergabevertrag umfassend und abschließend umschrieben haben.

d) Anhaltspunkt für Umfang und Größenordnung der vertraglich geschuldeten Leistungen ist der Wert des Wohnungsrechts, wie ihn die Vertragsparteien im Übergabevertrag beziffert haben (vgl. Senatsurteile in BFH/NV 1994, 704, und in BFHE 190, 302, BStBl II 2000, 21, unter II. 4. c aa).

3. Dies vorausgesetzt, können im Streitfall die auf die Altenteilerwohnung entfallenden Aufwendungen als dauernde Last abgezogen werden, da der Kläger den ins Erdreich eingelassenen Öltank wegen dessen mangelnder Betriebssicherheit in Erfüllung seiner Pflicht, die Räume in einem bewohn- und beheizbaren Zustand zu halten, durch das neue Tanklager ersetzt hat und er hiermit seiner bürgerlich-rechtlich wirksamen Pflicht zur Instandhaltung nachgekommen ist. Vertraglich hat der Kläger im Streitfall zwar keine Erhaltungspflichten übernommen. Nach Art. 15 § 5 Abs. 1 PrAGBGB muss er die Wohnung aber während der Dauer der Nutzung durch die Vermögensübergeber in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand erhalten. Ihm obliegt damit die Verpflichtung, die Räume in einem beheizbaren Zustand zu erhalten, auch wenn sich die Eltern des Klägers im Übergabevertrag u.a. dazu verpflichtet haben, die Kosten der Heizung für die von ihnen bewohnte Wohnung selbst zu tragen. Nach dieser Regelung haben sie lediglich die laufenden Betriebskosten der Heizung (insbesondere Kosten der verbrauchten Brennstoffe, des Betriebsstroms, der Wartung und der Reinigung der Anlage --vgl. § 2 Nr. 4 der Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003, BGBl I 2003, 2346, 2347--), nicht aber die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 der Betriebskostenverordnung) der Heizanlage, zu der auch der Öltank zählt, zu tragen. Diese Verpflichtung obliegt nach Art. 15 § 5 Abs. 1 PrAGBGB dem Kläger. Da diese Voraussetzung vorliegt, steht es einer Abziehbarkeit der Aufwendungen als Sonderausgabe nicht entgegen, wenn die gesetzlich geschuldete --zur Erhaltung erforderliche-- Maßnahme zugleich eine zeitgemäße Modernisierung bewirkt (Senatsurteil in BFH/NV 2000, 1089). Entscheidend ist allein, dass die Maßnahme ihrer Art nach lediglich zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus Art. 15 § 5 Abs. 1 PrAGBGB durchgeführt wurde.

Ende der Entscheidung

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