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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 16.06.2004
Aktenzeichen: X R 44/02
Rechtsgebiete: VermG, EStG, BauO


Vorschriften:

VermG § 3 Abs. 3
EStG § 10e
EStG § 10e Abs. 1
EStG § 10e Abs. 6
EStG § 52 Abs. 14 Satz 6
EStG § 52 Abs. 14 Satz 7
BauO § 64 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie beantragten im Januar 1994 die Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus auf einem Grundstück, das ihnen seit 1982 gehörte. Am 17. November 1994 erhielten sie die Baugenehmigung, die auf Antrag bis zum 17. November 1997 verlängert wurde. Vor Baubeginn stellten die früheren Eigentümer des Grundstücks einen Restitutionsantrag. Nach dessen Ablehnung erhoben die Alteigentümer Klage. Daraufhin wurde nach § 3 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) eine Verfügungsbeschränkung angeordnet, die erst am 15. September 1997 nach Rücknahme der Klage der Alteigentümer aufgehoben wurde. In der Zwischenzeit hatten die Kläger im Oktober 1996 erfahren, dass die von ihnen bereits im Oktober 1993 mit der Errichtung des Einfamilienhauses beauftragte Firma in Konkurs gegangen war. Die Kläger schlossen daher am 12. November 1997 einen neuen Bauvertrag. Sie stellten am 30. Dezember 1997 einen neuen Bauantrag, der im Februar 1998 genehmigt wurde. Das Haus bezogen sie im Dezember 1998. Den von ihnen beantragten Steuerabzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 19 800 DM und den begehrten Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG in Höhe von 17 811 DM lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ab.

Der eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 687 veröffentlichten Urteil den Klägern sowohl den Steuerabzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG wie den Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG zuerkannt.

Das FG führte aus: Auch wenn die Kläger das Haus erst aufgrund des zweiten Bauantrags vom 30. Dezember 1997 errichtet hätten, müsse aufgrund der besonderen Umstände auf den ersten Bauantrag vom Januar 1994 abgestellt werden. Die im Regelfall schädliche Umplanung nach Ablauf des Begünstigungszeitraums bleibe außer Betracht, wenn sie aus Gründen notwendig geworden sei, die --wie im Streitfall-- ausschließlich außerhalb des Einflussbereichs des Bauherrn lägen. Das gelte sowohl für das nicht vorhersehbare Restitutionsverfahren wie für die Umplanung. Sie sei dadurch verursacht worden, dass die Kläger wegen der Spezialisierung der Bauunternehmen auf bestimmte Haustypen keine Firma gefunden hätten, die bereit und in der Lage gewesen sei, das ursprünglich geplante Haus zu errichten. Weil § 10e EStG eine Subventionsvorschrift sei, könne die zum Investitionszulagengesetz für solche Situationen zugunsten der Investoren entwickelte Rechtsprechung herangezogen werden.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie bringen vor: Der neue Bauantrag habe nicht deshalb gestellt werden müssen, weil sie sich aus wirtschaftlichen Gründen entschlossen hätten, einen anderen Haustyp zu errichten, sondern weil der erste Bauantrag infolge der durch das Restitutionsverfahren verursachten Verzögerung abgelaufen gewesen sei. Selbst bei einem völlig identischen Haustyp hätten sie einen neuen Bauantrag stellen müssen. Auch der Grund für den Wechsel des Haustyps liege außerhalb ihres Einflussbereichs, weil die ursprünglich beauftragte Firma in Konkurs gegangen sei. Die Realisierung des ursprünglichen Vorhabens wäre zudem wegen der erheblich höheren Kosten aus Gründen der Finanzierung gescheitert.

II. Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Entgegen der Auffassung des FG steht den Klägern die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG 1992 nicht zu.

a) Nach § 52 Abs. 14 Satz 6 i.V.m. Satz 7 EStG war § 10e EStG 1992 im Falle der Herstellung für Objekte, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, letztmals anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor dem 1. Januar 1996 den Bauantrag gestellt hatte, aufgrund dessen die für die Errichtung des Gebäudes maßgebliche Baugenehmigung erteilt wurde. Somit scheidet eine Wohnbauförderung nach § 10e EStG 1992 aus, wenn für das errichtete Gebäude der Bauantrag nach dem 31. Dezember 1995 gestellt worden ist.

b) Sinn und Zweck der Anwendungsregelung in § 52 Abs. 14 Satz 6 i.V.m. Satz 7 EStG ist es, das Ende der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG und die Abgrenzung zur Eigenheimzulage klar und eindeutig festzulegen. Um bestimmen zu können, ob --wie es die Anwendungsregelung fordert-- die Investitionsentscheidung vor dem maßgeblichen Stichtag getroffen wurde, ist erforderlich, dass das errichtete Objekt mit demjenigen identisch ist, das in dem vor dem Stichtag eingereichten Bauantrag beschrieben ist.

c) Unstreitig ist das Gebäude, für das die Kläger die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG begehren, aufgrund einer Baugenehmigung errichtet worden, für die der Bauantrag nicht vor dem 1. Januar 1996, sondern nach dem 31. Dezember 1995, nämlich am 30. Dezember 1997 gestellt wurde. Insoweit besteht die Identität zwischen der errichteten Wohnung und dem geplanten Objekt, für welches der Bauantrag gestellt wurde. Umgekehrt folgt aus dem Umstand, dass die Kläger einen neuen Bauantrag stellten und nicht etwa die vorhandene Baugenehmigung verlängern ließen, dass die Identität zwischen der errichteten Wohnung und dem Objekt, für das im Januar 1994 der Bauantrag gestellt wurde, fehlt. Der Umstand allein, dass es sich bei beiden genehmigten Bauvorhaben um ein Einfamilien-Landhaus handelte, begründet nicht die erforderliche Identität.

Die Baugenehmigung hätte entgegen der Behauptung der Kläger und der Annahme des FG weiter verlängert werden können. § 64 Abs. 2 der Bauordnung für das Land Berlin ließ sowohl in der Fassung der Bauordnung von 1985 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin I 1985, 522 --GVBl Bln--) wie in der von 1997 (GVBl Bln 1997, 421) eine wiederholte mehrmalige Verlängerung für jeweils ein Jahr zu. Dass die Kläger davon keinen Gebrauch gemacht haben, beruht somit nicht in erster Linie auf der ihnen aufgezwungenen Verzögerung des Baubeginns wegen der ihnen auferlegten Verfügungsbeschränkung. Grund dafür sind vielmehr die vorgenommene Umplanung und der vom FG festgestellte Entschluss der Kläger, einen anderen Haustyp zu errichten.

2. Ob --wie im Investitionszulagenrecht-- von dem Erfordernis der Identität zwischen dem Förderobjekt und dem einem Bauantrag zugrunde liegenden Objekt ausnahmsweise dann abgesehen werden kann, wenn die Gründe für die fehlende Identität ausschließlich außerhalb des Einflussbereichs des Steuerpflichtigen liegen (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 10. Mai 2001 III R 10/97, BFH/NV 2001, 1450, und vom 13. Juni 1996 III R 49/91, BFH/NV 1997, 201, m.w.N.), kann im Streitfall dahin gestellt bleiben. Eine solche Ausnahme könnte für den Bereich des § 10e EStG allenfalls bejaht werden, wenn die Umplanung und damit der nach dem Stichtag gestellte Bauantrag durch eine zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen bestimmte Handlung der öffentlichen Hand notwendig wurde, wenn also z.B. städtebauliche Gründe oder Planungsänderungen der Kommune der Verwirklichung des ursprünglichen und fristgerecht eingereichten Bauantrags entgegenstanden und zu einer Umplanung zwangen. Daran fehlt es jedoch, wenn --wie hier-- die Verfügungsbeschränkung als eine der Ursachen der Umplanung nicht der Verfolgung öffentlicher Interessen diente, sondern zur Sicherung behaupteter zivilrechtlicher Ansprüche der Alteigentümer angeordnet wurde.

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