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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 15.06.2005
Aktenzeichen: X R 64/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 20 Abs. 4
EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
1. Zahlungen aufgrund einer sofort beginnenden Leibrentenversicherung gegen Einmalbetrag sind nicht --auch nicht teilweise-- nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG steuerfrei.

2. Zur Besteuerung von "garantierter Rente" und Überschussanteil bei wiederkehrenden Leistungen aus privaten Rentenversicherungen.


Gründe:

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 1994 und 1995 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger schloss am 4. Januar 1991 mit der S Rentenanstalt eine "Leibrentenversicherung auf ein Leben mit sofort beginnender Rentenzahlung und Rentengarantie gegen Einmalbetrag". Er hatte einmalig 1,2 Mio. DM zu zahlen und erhält als Versicherungsnehmer seit dem 1. Januar 1991 eine monatliche Versicherungsleistung ("lebenslängliche Rente") von 7 005,70 DM ("garantierte Rente") sowie eine Zusatzrente von zunächst 3 000 DM. Die garantierte Rente wird mindestens für die Zeit von 10 Jahren gezahlt. Beim Tode der versicherten Person wird der Einmalbetrag nicht zurückgezahlt. Stirbt der Kläger, steht das Bezugsrecht aus der Rente der Klägerin zu. Hinsichtlich der Zusatzrente gelten u.a. die folgenden "Besonderen Vereinbarungen":

"Die Versicherung hat ab Versicherungsbeginn Anteil an den Überschüssen gemäß § 15 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rentenversicherung. Die Überschüsse erfolgen in Form einer Zusatzrente. Die Zusatzrente beträgt im ersten Versicherungsjahr 3 % des Einmalbetrages und bleibt vorbehaltlich einer Änderung der Überschusssätze auch in den folgenden Jahren in dieser Höhe erhalten."

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) besteuerte die monatlichen Zahlungen als Leibrente i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit einem Ertragsanteil von 32 v.H. Im Einspruchsverfahren gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 1994 und 31. Dezember 1995 wandten die Kläger ein, die Beträge seien nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG steuerfrei.

Das Finanzgericht (FG) hat die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Besteuerung des Ertragsanteils sei § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG. Die streitigen Beträge seien keine gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG steuerfreien Zinsen. Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 909.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als der verbleibende Verlustabzug wie folgt zu erhöhen ist:

I. am 31. Dezember 1994 um 32 v.H. von 12 Monatsrenten von 10 005,70 DM = 38 421 DM,

II. am 31. Dezember 1995 um 32 v.H. von 24 Monatsrenten von 10 005,70 DM = 76 842 DM.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

1. Die vom Kläger bezogenen Renten --garantierte Rente und Zusatzrente-- sind nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG steuerfrei. Sie sind, wie das FG zutreffend entschieden hat, mit ihrem Zinsanteil steuerbar, der sich seinem Entstehungsgrund nach aus der zeitlichen Streckung der Auszahlung ergibt. Der Senat lässt --mangels Auswirkung der Rechtsfrage auf die angefochtenen Feststellungen des verbleibenden Verlustabzuges-- dahingestellt, ob der gemeinsame Sparer-Freibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG), welcher der Klägerin in vollem Umfang gewährt wurde, zur Hälfte dem Kläger zuzuordnen ist.

2. Die Steuerfreistellung der Renten ergibt sich nicht aus § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG. Die an den Kläger gezahlten wiederkehrenden Leistungen enthalten keine rechnungsmäßigen oder außerrechnungsmäßigen Zinsen aus Sparanteilen.

a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind. Dies gilt nach Satz 2 dieser Bestimmung nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Satz 2 gilt in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG).

b) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG liegen nicht vor. Die Rentenversicherung ist weder eine Versicherung "auf den Erlebensfall" noch "auf den Todesfall" noch eine "gemischte Versicherung" auf den Erlebens- oder Todesfall. Die vom Kläger abgeschlossene sofort beginnende Rentenversicherung enthält demzufolge keinen Sparanteil, der Gegenstand einer --sodann gegebenenfalls nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG steuerbefreiten-- Verzinsung sein könnte.

aa) Die von der Lebensversicherung typischerweise abgedeckten Gefahren sind einerseits die ungewisse Lebensdauer, wobei es für den Eintritt des Versicherungsfalles darauf ankommt, ob der Versicherte einen bestimmten Zeitpunkt erlebt (Erlebensfallrisiko). Bei der Todesfallversicherung wird die Leistung fällig beim Tode der Person, auf deren Leben die Versicherung genommen worden ist (Todesfallrisiko; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. November 1990 VI R 164/86, BFHE 163, 53, BStBl II 1991, 189; Kollhosser in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl. 1998, Vor §§ 159-178 Rdnr. 1; vgl. ferner --zur Unterscheidung nach dem versicherten Risiko-- Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 10 Rdnr. E 46 ff.; vgl. auch § 159 Abs. 2, § 165 Abs. 2, §§ 169, 176 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes --VVG--: "Versicherungen für den Fall des Todes"; § 171 Abs. 1 Satz 1 VVG: "... wenn der Tod als Versicherungsfall bestimmt ist"). Gebräuchlichste Form der Lebensversicherung ist die --"gemischte"-- Todes- und Erlebensfallversicherung (Hagelschuer, Lebensversicherung I, in Große/Müller-Lutz/R. Schmidt, Versicherungsenzyklopädie, Bd. 5, 1984, S. 3 ff., 24 ff.).

bb) Die vom Kläger abgeschlossene Versicherung ist keine solche "auf den Todesfall", da eine Versicherungsleistung nicht erst beim Tod des Versicherten erbracht wird. Sie ist aber --anders als im Regelfall der aufgeschobenen Rentenversicherung-- als sofort beginnende Rentenversicherung auch keine Versicherung "auf den Erlebensfall". Eine solche sieht für den Bezugsberechtigen eine Versicherungsleistung vor, falls der Versicherungsnehmer einen bestimmten Zeitpunkt erlebt; auch dies ist hier nicht der Fall.

cc) Bei der sofort beginnenden Rentenversicherung handelt es sich auch nicht um eine "gemischte Versicherung" auf den Erlebens- oder den Todesfall, die zum Bezug von Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG führen könnte. In Anbetracht der Zahlung einer Einmalprämie und des sofortigen Beginns der Rentenzahlungen erübrigt sich das Ansparen eines Deckungskapitals und damit die Einzahlung von in den Versicherungsprämien enthaltenen Sparanteilen. Bei kapitalbildenden Versicherungen mit unbedingter Leistungspflicht setzt sich im Hinblick auf den kombinierten Versicherungs- und Sparvorgang die Nettoprämie aus einem Kosten-, Risiko- und einem Sparanteil zusammen (ausführlich zur Zerlegung des Nettojahresbeitrags Hagelschuer, a.a.O., Lebensversicherung III, S. 95 ff., 144 ff.). Der Sparanteil dient der Ansammlung des Kapitalbetrages, der bei Fälligkeit der Versicherung ausgezahlt wird. Die Summe der während der Vertragsdauer verzinslich angesammelten Sparanteile ist das Deckungskapital des jeweiligen Vertrags (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 31. August 1979, BStBl I 1979, 592, Steuerliche Behandlung der rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus Lebensversicherungen, Tz. 2; Gabler Versicherungslexikon, 1994, Stichwort "Sparanteil"; vgl. ferner BMF-Schreiben vom 13. November 1985, BStBl I 1985, 661). Dieses Deckungskapital wird mit einem geschäftsplanmäßig festgelegten Zinssatz verzinst. Zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören nur die Zinsen aus den Sparanteilen, nicht hingegen Gewinne aus dem Kosten- oder dem Risikoanteil sowie Erträge aus der Anlage des Eigenkapitals des Versicherungsunternehmens.

dd) Diese Sachzusammenhänge führen dazu, dass die in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG genannten Zinsen nur solche aus einer mit der Laufzeit der Versicherung zumeist deckungsgleichen Ansparphase sind. Eine solche entfällt bei einer sofort beginnenden Rentenversicherung, die ausschließlich auf den Bezug von für eine unbestimmte Zeitdauer zu zahlenden Rentenleistungen gerichtet ist, die aus der Einmalprämie finanziert werden. Hiervon geht erkennbar auch das Näherungsverfahren aus, welches das BMF-Schreiben in BStBl I 1979, 592, Tz. 5 für die Errechnung der rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen zulässt (vgl. auch Oberfinanzdirektion --OFD-- München, Verfügung vom 27. Juni 2002, S 2255 - 49 St 414, Renten aus privater Rentenversicherung gegen kreditfinanzierten Einmalbeitrag).

c) Dies steht in Übereinstimmung mit der Entstehungsgeschichte des Gesetzes und dem Willen des historischen Gesetzgebers. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG in der für die streitigen Feststellungszeitpunkte geltenden Fassung ist in das Gesetz eingefügt worden durch das Einkommensteuerreformgesetz vom 5. August 1974 (BGBl I 1974, 1769). Bis zum Jahre 1974 einschließlich wurden Leistungen aus einer Kapitalversicherung nicht versteuert. Hierdurch sollte "die eigenverantwortliche Vorsorge gefördert und gleichzeitig dem Umstand Rechnung getragen werden, dass diese in der Regel sehr langfristigen Geldanlagen mit dem Risiko der Geldwertänderung behaftet sind" (Begründung zu § 55 Abs. 1 Nr. 8 EStG i.d.F. des Entwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes = § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, BTDrucks 7/1470, S. 273). Bereits der Reichsfinanzhof (RFH) hatte mit Urteil vom 20. Dezember 1933 VI A 353/33 (RStBl 1934, 429) entschieden, dass Dividenden, die Versicherungsgesellschaften an die Versicherten ausschütten, kein steuerpflichtiges Einkommen sind. Der BFH hat dieser Auffassung in seinem Urteil vom 20. Februar 1970 VI R 11/68 (BFHE 98, 357, BStBl II 1970, 314) zugestimmt mit der Begründung, es handele sich hier nicht um ein Entgelt für die Überlassung von Kapital, sondern um eine Rückzahlung im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses (vgl. ferner Goll/ Gilbert/Steinhaus, Handbuch der Lebensversicherung, 11. Aufl. 1992, S. 250: "Leistung innerhalb des als Einheit aufzufassenden Versicherungsverhältnisses").

Demgegenüber hielt die Bundesregierung die steuerliche Nichterfassung von Zinsen aus Lebensversicherungen bei solchen Versicherungen nicht für gerechtfertigt, "bei denen der Vorsorgezweck nicht im Vordergrund steht und bei denen sich ohne wesentliches Risiko ein beachtlicher Vermögenszuwachs erzielen lässt". Dem lag die Erwägung zugrunde, dass Versicherungsgesellschaften "die Sparanteile, die in den Prämien zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, verzinslich ansammeln" (BTDrucks 7/1470, S. 273): "Die von vornherein garantierten rechnungsmäßigen Zinsen fließen mit der fälligen Lebensversicherungssumme zu, während die außerrechnungsmäßigen Zinsen entweder zur Beitragsrückerstattung oder zur Erhöhung der Versicherungssumme verwendet werden. Solche Zinsen sind insbesondere mit Bausparzinsen vergleichbar." Entsprechende Zinsen, die im Rahmen nicht förderungswürdiger Lebensversicherungsverträge anfallen, sollten durch § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG erfasst werden.

Um solche im Rahmen eines Ansparvorgangs erwirtschaftete Zinsen geht es im Streitfall nicht. Vielmehr wird der auf die gesamte Dauer des Rentenbezugs, mithin auf die Auszahlungsphase verteilte Zinsanteil einer Kapitalrückzahlung bzw. Kapitalauszahlung --hier: der Ablaufleistung der sofort beginnenden Versicherung-- besteuert.

3. Die Besteuerung des in der Auszahlungsphase entstehenden Zinsanteils von wiederkehrenden Versicherungsleistungen setzt voraus, dass dem Versicherungsfall eine Versicherungssumme in Höhe des Kapitalwerts der Rentenleistungen zugeordnet wird, die auf die Lebenszeit des Hinterbliebenen ausgezahlt wird (Senatsurteil vom 8. März 1989 X R 16/85, BFHE 156, 432, BStBl II 1989, 551; zur sofort beginnenden Leibrentenversicherungsleistung gegen Zahlung eines Einmalbetrages Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 1.). Die Ablaufleistung der Versicherung als solche ist durch die Beiträge erkauft (Goll/Gilbert/Steinhaus, a.a.O., S. 12, 247 f., "einkommensteuerlich irrelevanter Austausch zwischen Prämienzahlungen und Versicherungsleistung") und ist insofern nicht steuerbar. Indes ergibt sich der Zinsanteil der Rentenleistungen aus dem Zahlungsmodus, durch den die Ablaufleistung gestundet wird. Die zeitliche Streckung erfordert, den Zinsanteil der wiederkehrenden Leistungen entsprechend seiner materiell-rechtlichen Rechtsnatur steuerlich zutreffend zu erfassen (Senatsbeschluss vom 10. November 1999 X R 46/97, BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188, unter IV. 3.).

a) Der Senat kann dahingestellt lassen, ob dem Kläger für einen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerbaren Zinsanteil der Sparerfreibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG) zusteht oder ob ihm § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG eine solche Entlastung unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz versagt (vgl. Vorlagebeschluss des Senats vom 14. November 2001 X R 32-33/01, BFHE 197, 199, BStBl II 2002, 183). Die in jenem Beschluss aufgeworfene Verfassungsfrage ist nur relevant, wenn und soweit die wiederkehrenden Leistungen aus privaten Rentenversicherungen Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG sind und damit deren Ertragsanteile steuersystematisch der siebten Einkunftsart (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 EStG) zugehören, die ungeachtet der Erfassung von Zinsanteilen in der pauschalierten Form von Ertragsanteilen nicht durch den Sparer-Freibetrag entlastet werden.

b) Zur Erläuterung der vorstehenden Erwägung bemerkt der Senat, dass die steuerrechtliche Qualifizierung der Erträge aus der Auszahlungsphase privater Rentenversicherungen nicht eindeutig geklärt ist.

aa) Nach Tz. 10.1 des BMF-Schreibens in BStBl I 1979, 592 (s. ferner BMF-Schreiben vom 8. April 2005, BStBl I 2005, 620, Anlage lfd. Nr. 4) sind, wenn bei einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht von dem Kapitalwahlrecht kein Gebrauch gemacht wird oder wenn kein Wahlrecht besteht, so dass ausschließlich Renten zu zahlen sind, diese gemäß § 22 EStG mit dem Ertragsanteil zu versteuern.

bb) Fraglich ist indes, ob nicht die wiederkehrenden Leistungen auch mit steuerrechtlicher Wirkung zergliedert werden müssen in die gleich bleibende und damit der Ertragsanteilsbesteuerung unterfallende (Grund-)Rente und die der Höhe nach variabel vereinbarte Zusatzrente. Sind indes diese beiden Bestandteile ein einheitliches Rentenrecht, liegt die Überlegung nahe, dass der Zinsanteil dieser sodann insgesamt abänderbaren Rente nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG besteuert wird. Die Zuerkennung des Sparer-Freibetrages käme ungeachtet dessen in Betracht, dass nach Auffassung der Verwaltung (BMF-Schreiben vom 26. November 1998, BStBl I 1998, 1508) "entsprechend der bisherigen langjährigen Übung" die gesamte Rente aus der privaten Rentenversicherung (einschließlich des Überschussanteils) mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu besteuern und eine Aufteilung in die garantierte Rente und den Überschussanteil nicht vorzunehmen ist, obwohl der Überschussanteil je nach Ertragslage des Versicherers und Lebenserwartung der Versicherten schwanken kann. Dies entspricht der in der Literatur herrschenden Meinung (z.B. Hild in Korn, Einkommensteuergesetz, § 22 Rdnr. 68; Jansen in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 22 EStG Rdnr. 294; Horlemann, Finanz-Rundschau --FR-- 1998, 466; differenzierend R. Schmitz, FR 1998, 713; s. ferner Reuter, FR 1996, 547; Treisch, Steuer und Wirtschaft 1995, 28).

cc) Da § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG nur den Ertragsanteil von --definitionsgemäß gleichbleibenden-- Leibrenten regelt, ist bei privaten abänderbaren Renten eine --letztlich nur praktische-- Schwierigkeit in dem Erfordernis begründet, die Laufzeit der wiederkehrenden Bezüge zu bestimmen, von der die Höhe des Zinsanteils abhängt. Die Modalitäten der Berechnung des Zinsanteils sind umstritten (vgl. Senatsentscheidungen vom 26. November 1992 X R 187/87, BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298; vom 14. Dezember 1994 X R 1-2/90, BFHE 177, 36, BStBl II 1996, 680; in BFHE 197, 199, BStBl II 2002, 183, unter B. II. 2., m.w.N.; anders --entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Ertragsanteil-- BFH-Urteil vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47, betr. die korrespondierende Abziehbarkeit einer als Gegenleistung gezahlten dauernden Last). Der Senat hat auch bei einer finanzmathematischen Berechnung zur Gleichbehandlung im Wesentlichen gleicher Sachverhalte die biometrischen Durchschnittswerte der Allgemeinen Deutschen Sterbetafel als maßgebend angesehen, die ebenso wie der Rechnungszinsfuß von 5,5 v.H. der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zugrunde liegen (Urteil vom 25. November 1992 X R 34/89, BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663). Er hat ferner entschieden, dass in Einzelfällen, insbesondere solchen von geringerer betragsmäßiger Bedeutung, eine vereinfachte Berechnung --z.B. in Anlehnung an die Ertragswerttabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG-- zulässig sein kann.

c) Indes würde im Streitfall die Inanspruchnahme des dem Kläger zustehenden Sparer-Freibetrages veranlagungstechnisch bewirken, dass der bisher von der Klägerin nach § 20 Abs. 4 Satz 3 EStG ausgeschöpfte gemeinsame Sparer-Freibetrag von 12 000 DM zur Hälfte ihm selbst zugerechnet würde. Dies würde indes nicht zu einer Erhöhung der dem Kläger verbleibenden Verlustabzüge auf die streitigen Feststellungszeitpunkte führen: Die Summe der --positiven-- Einkünfte der Klägerin würde sich um jeweils 6 000 DM erhöhen und die Summe der Einkünfte des Klägers würde sich um jeweils denselben Betrag vermindern. Die Gesamtbeträge der Einkünfte der zusammenveranlagten Kläger blieben in beiden Streitjahren unverändert. Auf die angefochtenen Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges hätte die Umgruppierung des Freibetrages keine Auswirkung.

4. Da sich das angefochtene Urteil als im Ergebnis zutreffend erweist, war die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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