Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: X R 9/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10e Abs. 1
EStG § 10e Abs. 5 Satz 3
EStG § 26 Abs. 1
Steht Ehegatten für ein gemeinsames Einfamilienhaus die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG zu und entfallen während des Abzugszeitraums die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG, kann der Ehegatte, der den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten hinzuerwirbt, im Jahr der Trennung die auf den hinzuerworbenen Miteigentumsanteil entfallende Grundförderung nur beanspruchen, wenn der andere Ehegatte die Grundförderung nicht in Anspruch nimmt.
Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Jahr 1989 zusammen mit seiner Ehefrau ein Einfamilienhaus, das sie zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Sie nahmen für das Objekt Wohneigentumsförderung nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie Steuerermäßigung nach § 34f EStG (sog. Baukindergeld) für ein Kind in Anspruch.

Für das Streitjahr 1996 beantragte der Kläger, der seit September 1996 von seiner Ehefrau getrennt lebt und in diesem Jahr auch deren Miteigentumsanteil am selbstgenutzten Einfamilienhaus erworben hatte, beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) die getrennte Veranlagung zur Einkommensteuer. In der Steuererklärung machte er den vollen Abzugsbetrag nach § 10e EStG in Höhe von 16 853 DM geltend, da er sämtliche mit dem Objekt zusammenhängenden Lasten getragen habe.

Das FA berücksichtigte beim Kläger die Steuerbegünstigung nur zur Hälfte, da auch bei der Veranlagung der Ehefrau antragsgemäß 50 v.H. des Abzugsbetrags nach § 10e EStG berücksichtigt worden seien. Hinsichtlich des auf den übertragenen Miteigentumsanteil entfallenden Abzugsbetrags entstehe im Veranlagungszeitraum der Anteilsübertragung eine Abzugskonkurrenz. Sowohl der übertragende als auch der erwerbende Ehegatte erfüllten die Voraussetzungen nach § 10e EStG. Den Ehegatten stehe grundsätzlich ein Wahlrecht zu. Da im Streitfall keine Einigung erzielt worden sei, sei die Ehefrau bezüglich des ihr zu Jahresbeginn zustehenden Miteigentumsanteils abzugsberechtigt. § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG lasse die persönliche Abzugsberechtigung des den Miteigentumsanteil übertragenden Ehegatten unberührt.

Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 359 veröffentlicht ist, hat die Klage abgewiesen.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift stehe der auf den übertragenen Miteigentumsanteil entfallende Abzugsbetrag nach § 10e EStG im Jahr der Übertragung ausschließlich dem übernehmenden Ehegatten zu. Sinn und Zweck der Regelung sei es, die finanziellen Belastungen bei dem zu kompensieren, der sie getragen habe. Dies sei ausschließlich er selbst gewesen. Soweit das FG diesen Gesichtspunkt nicht in seine Entscheidung einbezogen habe, werde ein Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz nach § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerügt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer für das Jahr 1996 unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrags nach § 10e EStG in Höhe von insgesamt 16 853 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das FG den Steuerabzugsbetrag nach § 10e EStG nur zur Hälfte bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers für das Jahr 1996 berücksichtigt, nachdem die Ehefrau für denselben Zeitraum unter Berücksichtigung der auf ihren Miteigentumsanteil am Haus entfallenden Steuerbegünstigung nach § 10e Abs. 1 EStG antragsgemäß getrennt zur Einkommensteuer veranlagt wurde.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich für ihn aus § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG keine Abzugsberechtigung.

a) Nach § 10e Abs. 5 Satz 1 EStG steht der Anteil an einer Wohnung grundsätzlich einer Wohnung gleich. Nur wenn die Miteigentümer Ehegatten sind und bei ihnen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen (unbeschränkte Steuerpflicht, kein dauerndes Getrenntleben), gelten die Miteigentumsanteile als ein Objekt (§ 10e Abs. 5 Satz 2 EStG). Entfallen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG, gelten die Miteigentumsanteile der Ehegatten wieder als selbständige Objekte (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 24. Juli 1996 X R 20/93, BFHE 181, 70, BStBl II 1996, 603).

b) Erwirbt ein Ehegatte während des Abzugszeitraums von dem anderen Ehegatten nach Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG dessen Miteigentumsanteil hinzu, könnte er die darauf entfallende Grundförderung nicht fortführen, weil es sich um den Erwerb eines selbständigen Anteils handelt. Dies will § 10e Abs. 5 Satz 3 EStG verhindern. Nach dieser Vorschrift kann der erwerbende Ehegatte die Abzugsbeträge --auch soweit sie auf den hinzuerworbenen Anteil entfallen-- weiter in der bisherigen Höhe abziehen.

Entgegen der Auffassung des Klägers bedeutet dies jedoch nicht, dass ihm im Jahr der Übertragung ausschließlich die auf den erworbenen Miteigentumsanteil entfallende Steuerbegünstigung zusteht. Die Ehefrau erfüllte in diesem Jahr die Voraussetzungen der Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG. Sie war zu Beginn des Streitjahres Miteigentümerin des begünstigten Objekts und nutzte das Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken. Der Abzugsbetrag nach § 10e EStG ist ein Jahresbetrag, der ungekürzt zu berücksichtigen ist, auch wenn die Voraussetzungen nur während eines Teils des Kalenderjahres vorgelegen haben (Senatsbeschluss vom 2. November 2000 X R 156/97, BFH/NV 2001, 476). Der auf den Miteigentumsanteil der Ehefrau entfallende --hälftige-- Steuerabzugsbetrag nach § 10e EStG steht ihr deshalb in voller Höhe zu, auch wenn sie das Objekt nicht während des ganzen Streitjahres, sondern nur bis zur Trennung der Ehegatten zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

c) Da das FA der Ehefrau des Klägers antragsgemäß den auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Abzugsbetrag nach § 10e EStG gewährt hat, hat der Kläger im Jahr der Übertragung des Miteigentumsanteils keinen Anspruch auf die darauf entfallende Steuerbegünstigung nach § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG. Die Vorschrift soll verhindern, dass der den Miteigentumsanteil des Partners erwerbende Ehegatte die darauf entfallende Grundförderung nicht fortführen kann, weil es sich um den Erwerb eines selbständigen Anteils handelt. Sie gestattet nach ihrem Regelungszweck nur die Übertragung von Abzugsbeträgen, die ansonsten steuerlich verloren gingen, und soll nicht dazu führen, dass im Jahr der Übernahme des Miteigentumsanteils die Grundförderung nach § 10e EStG für ein Objekt von Ehegatten mehr als einmal in Anspruch genommen werden kann. § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG lässt den Anspruch des übertragenden Ehegatten auf die ihm für seinen Miteigentumsanteil im Jahr der Übertragung zustehende Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG unberührt. Die Bestimmung ist daher einschränkend dahin gehend auszulegen, dass der einen Miteigentumsanteil übernehmende Ehegatte im Übertragungsjahr den darauf entfallenden Abzugsbetrag nach § 10e EStG nur dann geltend machen kann, wenn der übertragende Ehegatte seinen Anspruch auf Grundförderung nicht wahrnimmt (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., 2001, § 10e Rz. 67; Meyer in Hermann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 10e EStG Rz. 467; Stephan, Die Wohneigentumsförderung, 6. Aufl., 1999, III. Grundförderung, Abschn. 16.7.2; Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., 2001, § 6 Rz. 83). Die Formulierung "weiter in der bisherigen Höhe abziehen" bedeutet lediglich, dass der erwerbende Ehegatte mit dem Erwerb des Anteils hinsichtlich Abzugszeitraum und Höhe der Grundförderung die Position des veräußernden Ehegatten fortführt (Senats-Urteil vom 18. Juli 2001 X R 39/97, BFHE 196, 139, BFH/NV 2002, 98). § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG greift als Ausnahmebestimmung im Jahr des Anteilserwerbs auch dann nur subsidiär ein, wenn der übernehmende Ehegatte --wie im Streitfall-- sämtliche mit dem Objekt zusammenhängenden Lasten getragen hat. Erst im auf das Trennungsjahr folgenden Veranlagungszeitraum kann der übernehmende Ehegatte die auf den übertragenen Miteigentumsanteil entfallende Steuerbegünstigung uneingeschränkt in Anspruch nehmen.

Ende der Entscheidung

Zurück