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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.09.2008
Aktenzeichen: X S 23/08 (PKH)
Rechtsgebiete: AO, ZPO, FGO


Vorschriften:

AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
AO § 370
ZPO § 114
ZPO § 117
ZPO § 117 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 142
FGO § 142 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Antragsteller sind Eheleute, die für die Streitjahre 1992 bis 1995 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Gegen sie wurde wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer 1997 bis 2002 vom Finanzamt ... (FA F) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das FA F führte eine Fahndungsprüfung durch und stellte im Rahmen einer Durchsuchung der Wohnräume der Antragsteller Konto- und Buchführungsunterlagen für die Jahre 1993 bis 2002 sicher. Hierbei gelangte das FA F und ihm folgend das beklagte Finanzamt (FA) zu der Erkenntnis, dass die Antragsteller in ihren die Streitjahre betreffenden Steuererklärungen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Einkünfte aus Kapitalvermögen jeweils in zu geringer Höhe angegeben hätten. Das FA setzte daher in nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden diese Einkünfte mit höheren Beträgen an. Hierbei ging das FA davon aus, dass für die Einkommensteuer der Streitjahre die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen war, weil die Antragsteller mit Hinterziehungsvorsatz gehandelt hätten.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machten die Antragsteller geltend, die angesetzten Betriebseinnahmen 1994 seien um ... DM zu kürzen. Hierbei handle es sich lediglich um eine Umschichtung zwischen verschiedenen Konten des Antragstellers. Unterlagen von der Bank könnten nicht mehr vorgelegt werden, weil deren Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei. Das FA F habe aber im Rahmen seiner umfangreichen Ermittlung keine Anhaltspunkte finden können, dass es Betriebseinnahmen seien. Für das Jahr 1995 seien die Betriebseinnahmen um Scheckgutschriften über ... DM und ... DM zu vermindern. Insoweit handle es sich nicht um Einnahmen, sondern um Darlehensrückzahlungen. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen seien nicht in der zutreffenden Höhe angesetzt worden. Insbesondere seien die Zinseinnahmen aus dem Konto ... nicht dem Antragsteller, sondern dessen in Kroatien lebenden Bruder zuzurechnen. Der Antragsteller habe für ihn das Geld angelegt und treuhänderisch verwaltet.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Hiergegen haben die Antragsteller Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision eingelegt, die beim angerufenen Senat unter dem Aktenzeichen X B 94/08 anhängig ist. Für diesen Rechtstreit beantragen sie, ihnen Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und ihnen ihren Prozessbevollmächtigten beizuordnen. In der von diesem Prozessbevollmächtigten verfassten Beschwerdebegründung führen die Antragsteller aus, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Es habe im Wesentlichen lediglich die Ausführungen des FA F übernommen. Damit habe das FG zugleich das rechtliche Gehör verletzt. Die Urteilsbegründung sei, soweit sie sich auf die streitigen Betriebseinnahmen und auf die Zinsen aus dem Konto ... beziehe, willkürlich. Die Ausführungen des FG zum Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) seien völlig konfus. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, dass man den aus dem Ausland stammenden Antragstellern Kenntnis der steuerlichen Beurteilung von Treuhandverhältnissen unterstelle und deshalb von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ausgehe.

Trotz eines Hinweises durch die Geschäftsstelle des angerufenen Senats auf § 117 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) haben die Antragsteller keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht.

II. Der Antrag ist unbegründet und deshalb abzulehnen.

1. Gemäß § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierbei sind die dafür eingeführten Vordrucke zu benutzen.

2. Der PKH-Antrag ist bereits deshalb abzulehnen, weil die Antragsteller trotz Hinweises durch die Geschäftstelle des Senats auf die Vorschrift des § 117 ZPO die nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderliche Erklärung nebst der Belege nicht eingereicht haben.

3. Der Antrag ist zudem auch deshalb unbegründet, weil die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragsteller keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Sie ist unzulässig, weil die von dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller eingereichte Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO entspricht.

a) Die Antragsteller haben nicht in schlüssiger Weise das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) aufgezeigt.

aa) Wird geltend gemacht, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, dann setzt eine schlüssige Rüge dieses Verstoßes voraus, dass die Tatsachen angegeben werden müssen, die den gerügten Mangel ergeben. So ist vorzutragen, welche Tatsachen hätten aufgeklärt und welche Beweise hätten erhoben werden müssen, aus welchen Gründen sich die Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen und welche Tatsachen, die ausgehend vom Rechtsstandpunkt des FG erheblich waren, sich hierbei voraussichtlich ergeben hätten (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- von 23. Mai 1990 V R 167/84, BFHE 161, 191, BStBl II 1990, 1095, und BFH-Beschluss vom 26. Juni 2003 IV B 195/01, BFH/NV 2003, 1437).

Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. In dieser wird lediglich vorgetragen, in Bezug auf die im Streit stehenden Betriebseinnahmen seien keine Sachaufklärungshandlungen des FG erkennbar. Welche Maßnahmen des FG zur Sachaufklärung nach Ansicht der Antragsteller geboten waren, wird nicht dargelegt.

bb) Auch die Rüge, das FG habe das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) verletzt, ist nicht schlüssig dargelegt.

Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt, dass das Gericht grundsätzlich die Pflicht hat, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. März 2007 II S 1/07, BFH/NV 2007, 1094). Die schlüssige Rüge eines solchen Verfahrensverstoßes setzt voraus, dass konkret unter Angabe der Fundstelle benannt wird, welches Vorbringen das FG (angeblich) unberücksichtigt gelassen hat. Auch muss aufgezeigt werden, aus welchen Gründen dem Urteil entnommen werden kann, dass das Gericht das Vorbringen nicht in Erwägung gezogen hat. Denn im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass das Gericht dem Anspruch auf rechtliches Gehör entspricht, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen.

Die Antragsteller haben lediglich vorgetragen, hinsichtlich der Zinsen aus dem Konto ... habe das FG das rechtliche Gehör verweigert. Es habe den vom FA F behaupteten und unzutreffenden Sachverhalt ohne erkennbare richterliche Tätigkeit lediglich übernommen. Diese Ausführungen zeigen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht in schlüssiger Weise auf.

cc) Auch soweit die Antragsteller mit ihrem Vortrag, die Ausführungen des FG zum Vorliegen des Tatbestands des § 370 AO seien völlig konfus, geltend machen wollen, das Urteil sei teilweise nicht mit Gründen versehen, ist auch ein solcher Verfahrensverstoß nicht in der gebotenen Weise aufgezeigt worden. Denn hierzu muss dargelegt werden, dass grobe Begründungsmängel in einem Ausmaß vorliegen, dass die vom FG fixierten Entscheidungsgründe zum Nachweis der Rechtmäßigkeit des Urteilsgrunds schlechterdings ungeeignet sind. Denn nur unter den vorstehend genannten Voraussetzungen ist der Verfahrensverstoß gegeben (Senatsbeschluss vom 24. Juni 2008 X B 138/07, BFH/NV 2008, 1516).

b) Die Antragsteller haben auch nicht schlüssig dargelegt, die Revision sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, weil das angefochtene Urteil greifbar gesetzeswidrig sei. Sie haben lediglich die Behauptung aufgestellt, die Begründung des Urteils auf S. 11 und zu den Zinsen aus dem Konto ... sei willkürlich. Dies ist nicht ausreichend. Sie haben nicht dargelegt, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maß fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte. Dies kann z.B. dann vorliegen, wenn das Urteil jeder gesetzlicher Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Grundlage beruht (BFH-Beschluss vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116). Unterhalb dieser Grenze liegende Rechtsfehler reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzeswidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031).

Klarstellend weist der angerufene Senat darauf hin, dass das FG mit eingehender und nachvollziehbarer Begründung dargelegt hat, weshalb die streitigen Betriebseinnahmen zu Recht berücksichtigt worden sind und aus welchen Gründen hinsichtlich des vorstehend genannten Kontos nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller dieses Konto nur treuhänderisch verwaltet hat. Da das FG eingehend begründet hat, weshalb dieses Konto Eigenvermögen des Antragstellers und kein Treuhandvermögen darstellte, ist auch der Vorwurf der Antragsteller unberechtigt, das FG habe zu Unrecht unterstellt, den Antragstellern sei bekannt gewesen, unter welchen Voraussetzungen ein Treuhandverhältnis anzuerkennen und weshalb bei ihnen Hinterziehungsvorsatz gegeben gewesen sei. Soweit die Antragsteller schließlich beanstanden, das FG habe zu Unrecht im Abschnitt I.3.b der Entscheidungsgründe angenommen, dass Zinseinnahmen in geschätzter Höhe anzusetzen seien, obwohl die Einnahmezuflüsse nicht nachgewiesen seien, berücksichtigen sie nicht, dass das FG im Abschnitt I.3.a dargelegt hat, aus welchen Gründen es davon überzeugt ist, dass der Antragsteller den aufgrund der Barabhebung erlangten Betrag von ... DM zur Erzielung von Einkünften verwendet hat. Steht aber zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Einkünfte erzielt worden sind, dann kann deren Höhe geschätzt werden, wenn sich deren tatsächliche Höhe nicht ermitteln lässt.

4. Da der PKH-Antrag keinen Erfolg hat, geht der Antrag, den Antragstellern ihren Prozessbevollmächtigten beizuordnen, ins Leere.

5. Gerichtsgebühren sind nicht zu erheben (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 142 Rz 93).

Ende der Entscheidung

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