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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.08.2006
Aktenzeichen: X S 26/05 (PKH)
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 76
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 142
ZPO § 114
AO 1977 § 174 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Antragstellerin gegen die angefochtenen Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 1997 bis 1999 zum überwiegenden Teil als unbegründet abgewiesen. Gegen das FG-Urteil hat die Antragstellerin Nichtzulassungsbeschwerde erhoben und für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

Der Antrag auf PKH ist unbegründet.

1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn für dessen Eintritt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. z.B. Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 142 Rz 39, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--).

2. Nach diesen Maßstäben kann der Antragstellerin PKH nicht bewilligt werden, weil die von ihr eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Denn die Antragstellerin hat die von ihr im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vorgebrachten Revisionszulassungsgründe (Verfahrensmängel) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt.

a) Zu ihrer Rüge, das FG habe im Zusammenhang mit der Erfassung der Spielautomatenprovisionen als Betriebsausgaben gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, hat die Antragstellerin im Wesentlichen vorgetragen, das FG hätte den Sachverhalt durch die Vernehmung ihres geschiedenen Ehemannes "und durch die Ermittlung der dortigen steuerlichen Verhältnisse weiter aufklären müssen". In der zunächst von ihrem geschiedenen Ehemann betriebenen und später --nach der Trennung der Eheleute-- von ihr fortgeführten Gaststätte habe die Fa. N bzw. N-GmbH gegen Zahlung von Provisionen Spielautomaten aufgestellt. Im Normalfall stehe die Provision dem Inhaber der Gaststätte zu, welcher die Aufstellung und den Betrieb der Automaten dulde. Im Streitfall habe es indessen anders gelegen: Ihr geschiedener Ehemann --der frühere Gastwirt-- habe von der Fa. N vor 1993 mehrere Zahlungen empfangen, "die von den damaligen Beteiligten in einem Block von 100 000 DM zusammengefasst als 'Darlehen' bezeichnet und verzinslich behandelt (worden seien)". Diese "Darlehen" seien von einer Bank finanziert worden. Zunächst habe das Bankdarlehen auf ihren geschiedenen Ehemann gelautet, wobei die Fa. N Sicherheiten für dieses Darlehen gestellt habe. Die Automatenprovisionen, die die Fa. N dem geschiedenen Ehemann geschuldet habe, seien in Abkürzung des Zahlungswegs direkt an die Bank entrichtet worden. Später, nachdem der planmäßige Kapitaldienst nicht mehr aus den Automatenprovisionen habe bestritten werden können, sei der Bankkredit "schuldnerseitig" vom geschiedenen Ehemann auf die Fa. N "überschrieben" worden. Im Zuge der Trennung der Eheleute hätten die Fa. N, ihr geschiedener Ehemann und sie (Antragstellerin) als "neue" Gastwirtin mit "Ergänzungsvertrag" vom 23. Juli 1993 vereinbart, dass die Automaten weiterhin auf (Provisions-)Rechnung ihres geschiedenen Ehemannes in der Gaststätte stehen bleiben und die daraus fließenden Provisionen für Darlehenszins und -tilgung eingesetzt werden sollten. Die "Hoheit" über die Automaten und damit über das Provisionsbezugsrecht hätten erst nach Tilgung des Darlehens auf sie (Antragstellerin) übergehen sollen. Das besagte Darlehen sei bis zum Ende des Streitzeitraums (31. Dezember 1999) noch nicht abgelöst gewesen, so dass die Automatenprovisionen in allen Streitjahren nicht ihr (Antragstellerin), sondern ihrem geschiedenen Ehemann zugestanden hätten.

Die 1988 als "Darlehens-Block" von 100 000 DM zusammengefassten Zahlungen seien seinerzeit vom geschiedenen Ehemann als Betriebseinnahmen erfasst worden. Damit sei der Provisionszufluss "steuerlich abschließend behandelt" worden.

Zum Beweis sowohl für den Parteiwillen am 23. Juli 1993 als auch für die steuerliche Behandlung (des "Darlehens") sei das Zeugnis des geschiedenen Ehemannes angeboten worden. Dieses Zeugnis habe das FG jedoch entgegen § 76 FGO nicht eingeholt. Die Vernehmung des geschiedenen Ehemannes hätte ergeben, dass die "darlehensbegründenden" Zahlungen von den Parteien als Vorauszahlungen auf die noch zu verdienende Provision verstanden und lediglich irrig als "Darlehen" bezeichnet worden seien.

Wenn aber das FG zur Zurechnung der Provisionen bei ihr (Antragstellerin) gelangt sei, so hätte es auch die Zinsen als Betriebsausgaben berücksichtigen müssen. Nötigenfalls hätte es den Sachverhalt insoweit "ausermitteln" müssen, und zwar durch Einsicht in die Darlehensabrechnungen der Fa. N für 1983 bis 1999 sowie ggf. durch Vernehmung des geschiedenen Ehemannes.

b) Mit diesen Ausführungen vermochte die Antragstellerin bei der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht schlüssig darzulegen.

aa) Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend gemacht, das FG habe Beweisanträge übergangen, so muss der Beschwerdeführer nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 69) u.a. substantiiert darlegen, inwiefern das Urteil des FG --ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen könne.

bb) Dieser Anforderung genügt die Beschwerdebegründung der Antragstellerin nicht.

Nach dem vom FG eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkt kam es für die Erfassung der streitigen Automatenprovisionen als Betriebseinnahmen der Antragstellerin nicht auf die Aufklärung der von der Antragstellerin unter Beweis gestellten Tatfragen an. So heißt es auf S. 9 ff. des angefochtenen Urteils, dass die Antragstellerin als Inhaberin der Gaststätte im Rahmen des Pachtvertrages über die Räumlichkeiten der Gaststätte verfügungsberechtigt gewesen sei. Sie habe daher über die Aufstellung von Automaten in der Gaststätte bestimmen und entsprechende Verfügungen treffen können. Dies habe sie getan, indem sie mit der Vereinbarung vom 23. Juli 1993 in den Vertrag mit der N-GmbH eingetreten sei. Mit den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen habe sie über die Einnahmen aus der Aufstellung der Automaten in den Gasträumen verfügt. Diese Verfügung habe darin bestanden, dass die Fa. N in Nr. 4 der Vereinbarung verpflichtet worden sei, die Provision zunächst zur Tilgung des Kredits zu verwenden. Einer Vernehmung des geschiedenen Ehemannes der Antragstellerin als Zeugen habe es unter diesen Umständen nicht bedurft. Es könne dahinstehen, ob die Automatenprovisionen aufgrund der Verfügung der Antragstellerin in der Vereinbarung vom 23. Juli 1993 letztlich ihr oder ihrem geschiedenen Ehemann zugute gekommen seien. Entscheidend sei vielmehr, dass sie aus privater Veranlassung über betriebliche Einnahmen verfügt habe. In beiden Fällen lägen Betriebseinnahmen der Antragstellerin vor, welche sie entnommen und für private Zwecke --sei es zur Tilgung des eigenen Kredits, sei es als Schenkung gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann oder als Entgelt für die Übernahme der Gaststätte-- aufgewendet habe.

Soweit die Antragstellerin dagegen einwende, die Provisionen könnten nicht als Einnahmen berücksichtigt werden, weil in den Streitjahren lediglich eine Verrechnung mit einem bereits ausgezahlten und versteuerten Vorschuss stattgefunden habe, führe dies zu keiner anderen Beurteilung. Bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise habe es sich vielmehr um ein Bankdarlehen an den geschiedenen Ehemann der Antragstellerin gehandelt, das durch die Fa. N abgesichert worden sei und dessen Tilgung durch die fällig werdenden Automatenprovisionen habe erfolgen sollen. Soweit die Antragstellerin behaupte, die Provisionen seien gleichwohl im Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens als Betriebseinnahmen erfasst worden, sei dies zum einen zwischen den Beteiligten streitig geblieben und zum anderen im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens nicht entscheidungserheblich. Insoweit komme bei entsprechendem Nachweis der Besteuerung des "Vorschusses" als Betriebseinnahme allenfalls eine Änderung des ursprünglichen Steuerbescheids gemäß § 174 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) in Betracht.

cc) Auch soweit sich die Antragstellerin hilfsweise --d.h. für den von ihr primär in Abrede gestellten Fall, dass die streitigen Automatenprovisionen bei ihr als Betriebseinnahmen zu erfassen seien-- darauf beruft, dass sie dann auch die Schuldzinsen als Betriebsausgaben abziehen können müsse und das FG insoweit nötigenfalls weitere Ermittlungen --durch Vernehmung ihres geschiedenen Ehemannes und durch Einsichtnahme in die Darlehensabrechnungen der Fa. N-- hätte durchführen müssen, entspricht ihre dahin gehende Aufklärungsrüge nicht den gesetzlichen Anforderungen. Denn nach der --wie dargelegt-- für das Vorliegen eines Verfahrensmangels (ungeachtet deren möglicher Unrichtigkeit) maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG handelte es sich bei dem in Rede stehenden Darlehen nicht um eine Betriebsschuld der Antragstellerin, so dass auch die daraus resultierenden Schuldzinsen auf der Grundlage des vom FG eingenommenen Rechtsstandpunkts nicht zu Betriebsausgaben führen konnten. Dementsprechend heißt es in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, dass die Antragstellerin "aus privater Veranlassung über betriebliche Einnahmen verfügt" sowie "Betriebseinnahmen ... für private Zwecke ... entnommen (habe)".

c) Auch die von der Antragstellerin im Zusammenhang mit den vom FG vorgenommenen Hinzuschätzungen bei den Getränkeumsätzen erhobenen Sachaufklärungsrügen sind unsubstantiiert.

aa) Die auf das Übergehen von Beweisanträgen gestützte schlüssige Sachaufklärungsrüge setzt u.a. Ausführungen zu folgenden Punkten voraus:

- genaue Bezeichnung des Sitzungsprotokolls oder des Schriftsatzes, in dem die Beweise angetreten wurden, die das FG nicht erhoben hat,

- da es sich bei der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes um einen "verzichtbaren" Mangel handelt, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der (nächsten) mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder --wenn dies nicht geschehen sein sollte-- weshalb dem Beschwerdeführer die Rüge nicht möglich war (vgl. hierzu z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 69, m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Zu beiden Erfordernissen enthält die Beschwerdebegründung der Antragstellerin keine Angaben.

bb) Ebenso wenig entspricht schließlich die Rüge der Antragstellerin nach summarischen Maßstäben den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, dass das FG den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Beweisantritt weiter hätte aufklären müssen. Insoweit fehlt es jedenfalls an der gebotenen Darlegung, dass die (behaupteten) Aufklärungsmängel in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurden (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70 i.V.m. Rz 67, m.w.N.).

3. Insgesamt ist bei der gebotenen summarischen Prüfung kein Grund für eine Zulassung der Revision erkennbar, so dass die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Entscheidung über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde stellt der Senat bis vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses zurück, um der Antragstellerin die Möglichkeit einzuräumen, zu prüfen, ob sie ggf. ihre Beschwerde zur Halbierung der Gerichtskosten des Beschwerdeführers zurücknehmen möchte.

4. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Der erfolglose Antrag auf PKH löst keine Gerichtsgebühren aus (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 142 Rz 93, m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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