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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.07.2007
Aktenzeichen: XI B 11/07
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
EStG § 34 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Die Voraussetzungen sind gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO substantiiert darzulegen. Hat der Bundesfinanzhof (BFH) über die Rechtsfrage bereits entschieden, ist zusätzlich auszuführen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird (vgl. BFH-Beschluss vom 21. März 2007 XI B 163/06, BFH/NV 2007, 1333).

a) Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Tätigkeit auch dann zum regelmäßigen Geschäftsbetrieb eines Rechtsanwalts gehört, wenn dieser nahezu ausschließlich im Inland mit für seinen Berufsstand unterdurchschnittlichen Aufgaben betraut gewesen ist, er dann in einem einzigen Großauftrag eine internationale Aufgabe zu lösen hat, die ihn über mehrere Jahre fast ausschließlich in Anspruch nimmt und die Vergütung hierfür mehr als die Hälfte seines normalen durchschnittlichen Jahresumsatzes ausmacht, ist durch die bisher ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt und damit nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung.

Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind nur dann den außerordentlichen Einkünften i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zuzuordnen, wenn der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt wird (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 57/05, BStBl II 2007, 180, m.w.N.). Daneben sind außerordentliche Einkünfte auch für den Fall bejaht worden, dass der Steuerpflichtige für eine mehrjährige Tätigkeit eine Nachzahlung in einem Betrag aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung erhalten hat (BFH-Urteil in BStBl II 2007, 180). Denn die Annahme außerordentlicher Einkünfte i.S. von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG setze voraus, dass die Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine entsprechende Progressionswirkung typischerweise erwarten lasse. In dieser Entscheidung wird aber daran festgehalten, dass eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nicht schon bei einer bloßen Nachzahlung von im Vorjahr verdienten Vergütungen gegeben ist (unter II.3.b der Entscheidungsgründe).

Ein weiterer Klärungsbedarf besteht nicht mehr. Insbesondere ist es nicht geboten, die Merkmale "abgrenzbare Sondertätigkeit" und "berufsübliches Honorar" bezogen auf den Einzelfall durch den BFH näher festzulegen. Es obliegt dem Finanzgericht (FG) als Tatsacheninstanz, aufgrund der festgestellten Tatsachen eine Einzelfallwürdigung unter Beachtung der Rechtsprechungsgrundsätze vorzunehmen.

b) Die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Beurteilung von Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit als Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit i.S. von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG benachteiligen einen selbständig tätigen Steuerpflichtigen nicht in verfassungswidriger Weise. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Denn die Begünstigung wird unter Berücksichtigung des Zwecks der Vorschrift für mehrere Fallgruppen anerkannt (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2007, 180). Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass die FG die Vorschrift durch eine zu enge Auslegung auf freiberufliche Einkünfte faktisch nicht anwenden, sind weder ausreichend dargelegt worden noch sonst erkennbar.

2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO sind aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht erfüllt.

3. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.

a) Die von den Klägern gerügte Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Urteil des BFH vom 17. Februar 1993 I R 119/91 (BFH/NV 1993, 593) liegt nicht vor. Das FG stellt im Urteil darauf ab, dass es nicht Ziel der Regelung des § 34 Abs. 1 Nr. 2 EStG (richtig wohl § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG) sei, Progressionswirkungen aufgrund besonders erfolgreicher Berufstätigkeit zu glätten (S. 7 der Entscheidungsgründe). Dieser Rechtssatz steht nicht im Widerspruch zu den tragenden Ausführungen im BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 593. Denn danach fehle es regelmäßig an einer zusammengeballten Entlohnung, wenn ein Freiberufler ein berufsübliches Honorar für eine mehrjährige Tätigkeit erhalte. Ein solches Honorar sei nicht den außerordentlichen, sondern den übrigen Einkünften zuzuordnen, weil der Freiberufler typischerweise der Höhe nach schwankende Einnahmen und damit auch Einkünfte erziele, für die sich der nach der Vorschrift gewollte Tarifausgleich in anderer Weise vollziehe. Die im Einzelfall dennoch eintretende Progressionswirkung erlaube noch keine Zuordnung der Einkünfte zu den außerordentlichen.

b) Eine "nachträgliche" Divergenz des angefochtenen Urteils von dem BFH-Urteil in BStBl II 2007, 180 ist nicht gegeben.

Denn der Sachverhalt des Streitfalles und derjenige des BFH-Urteils sind nicht miteinander vergleichbar, sondern unterscheiden sich in wesentlicher Weise voneinander. In dem vom BFH in BStBl II 2007, 180 entschiedenen Fall ging es um die Nachzahlung einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Demgegenüber wird im Streitfall die Tarifbegünstigung für eine Vergütung begehrt, die der Kläger aufgrund der mehrjährigen Bearbeitung eines großen internationalen Schadenfalles zusammengeballt in einem Jahr ohne Rechtsstreit mit den Schuldnern erhalten hat.

4. Soweit die Kläger rügen, das FG habe bei seiner Entscheidung eine im Erörterungstermin protokollierte Erklärung nicht berücksichtigt, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Im Tatbestand des angefochtenen Urteils ist ausdrücklich auf das Protokoll des Erörterungstermins Bezug genommen worden. Das Urteil enthält keinen Hinweis darauf, dass die protokol-lierte Erklärung zur Arbeitsweise des Klägers unbeachtet geblieben wäre. Angesichts dessen greift die Vermutung, dass das FG alle im Urteilstatbestand wiedergegebenen Feststellungen bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Februar 2004 I B 130/03, BFH/NV 2004, 969). Es ist unschädlich, dass das Vorbringen des Klägers in den Entscheidungsgründen nicht gesondert gewürdigt wurde.

Ende der Entscheidung

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