Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.06.2008
Aktenzeichen: XI B 13/08
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 129
FGO § 105 Abs. 2 Nr. 5
FGO § 116 Abs. 6
FGO § 119 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Umsatzsteuererklärung 1992 für das Einzelunternehmen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) wurde am 6. Oktober 1994 eingereicht. Die Festsetzungsbestätigung wurde am 22. März 1995 intern erteilt. Am 3. April 1995 erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) einen Abrechnungsbescheid für 1992 und forderte den Kläger auf, die verbleibende, noch nicht entrichtete Umsatzsteuer in Höhe von 364,60 DM sofort zu entrichten.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 änderte das FA den Umsatzsteuerbescheid 1992 zu Lasten des Klägers gemäß § 129 der Abgabenordnung, weil der Bericht der Steuerfahndung vom 16. Dezember 1993 (festgestellte Umsätze von 673 392 DM und Vorsteuern von 36 049 DM) seinerzeit nicht ausgewertet worden sei. Im Einspruchsverfahren berücksichtigte das FA weitere Vorsteuern in Höhe von 8 438 DM.

Die Klage, mit der der Kläger beantragt hatte, die Umsatzsteuer entsprechend der ursprünglichen Steuererklärung aus einer Bemessungsgrundlage von steuerpflichtigen Umsätzen in Höhe von 284 929 DM und unter Abzug von Vorsteuern in Höhe von nunmehr insgesamt 47 964 DM zu berechnen, hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte unter Verweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Oktober 1988 III R 49/85 (BFH/NV 1989, 341) aus, eine offenbare Unrichtigkeit liege auch dann vor, wenn die Finanzbehörde einen Prüfungsbericht versehentlich nicht ausgewertet habe. Von einer versehentlichen Nichtauswertung sei regelmäßig dann auszugehen, wenn ein vorhandener, dem zuständigen Beamten bekannter Prüfungsbericht nicht in die Festsetzung eingearbeitet worden sei und keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass dieses Vorgehen auf einer bewussten Entscheidung des Bearbeiters beruht habe. Feststellungen dazu, ob die zunächst festgesetzte Umsatzsteuer 1992 unrichtig gewesen und die Umsatzsteuerfestsetzung im Bescheid vom 16. Dezember 2004 zutreffend sei, enthält das Urteil nicht.

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt nach § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG. Es liegt ein Verfahrensmangel vor.

Das angefochtene Urteil ist gemäß § 119 Nr. 6 FGO verfahrensfehlerhaft teilweise nicht mit Gründen versehen.

a) Die von § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO geforderte Begründung eines Urteils dient vor allem der Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten darüber, auf welchen Feststellungen und Überlegungen die richterliche Entscheidung beruht (BFH-Beschluss vom 9. Februar 2000 VIII R 27/99, BFH/NV 2000, 968; BFH-Urteil vom 20. Juni 2000 VIII R 47/99, BFH/NV 2001, 46). Dazu muss das Gericht zwar nicht auf jede Einzelheit des Sachverhalts und des Beteiligtenvortrags ausführlich eingehen. Die Vorschrift des § 119 Nr. 6 FGO kann aber verletzt sein, wenn die Entscheidungsgründe zum Teil fehlen, nämlich wenn das Urteil hinsichtlich eines "wesentlichen Streitpunkts" nicht mit Gründen versehen ist (BFH-Beschluss vom 1. September 2005 IX B 152/04, BFH/NV 2006, 93, m.w.N.).

b) Im Streitfall war neben der Frage, ob der Prüfungsbericht aufgrund eines Versehens nicht ausgewertet worden ist, auch zu prüfen, ob der Änderungsbescheid materiell-rechtlich zutreffend ist (vgl. BFH-Beschluss vom 26. April 2005 X B 123/04, BFH/NV 2005, 1594). Hierzu hat das FG nichts festgestellt.

Der Begründungsmangel nach § 119 Nr. 6 FGO ist ein absoluter Revisionsgrund, d.h. das Urteil ist in einem solchen Fall stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen. Das angefochtene Urteil konnte deshalb keinen Bestand haben.

Ende der Entscheidung

Zurück