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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: XI B 20/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Finanzgericht (FG) hat den Anspruch des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt.

1. Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision u.a. zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision müssen innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).

Das FG genügt seiner Verpflichtung, den Beteiligten rechtliches Gehör im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu gewähren, in der Regel dadurch, dass es eine mündliche Verhandlung anberaumt, die Beteiligten ordnungsgemäß lädt und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt durchführt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. November 1978 I R 144/76, BFHE 126, 368, BStBl II 1979, 191, und vom 10. August 1988 III R 220/84, BFHE 154, 17, BStBl II 1988, 948; BFH-Beschluss vom 9. Mai 2005 VI B 187/04, BFH/NV 2005, 1364). Das Gericht verletzt das Recht auf Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes indes, wenn die Verfahrensbeteiligten von einer Entscheidung überrascht werden, weil das Urteil auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gegründet ist, zu denen sie sich nicht geäußert haben und zu denen sich zu äußern sie nach dem vorherigen Verlauf des Verfahrens auch keine Veranlassung hatten.

2. Das FG hat die Schätzungsbefugnis des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) bejaht, weil der Kläger im Streitjahr 1990 seiner Aufzeichnungspflicht nicht nachgekommen sei. Zur Höhe der Schätzung hat es insbesondere auf das Bestätigungsschreiben des Steuerbüros X vom 27. August 1990 verwiesen sowie darauf, dass der Kläger unterschiedliche Angaben zur Höhe seiner gewerblichen Einnahmen in seiner Einkommensteuererklärung 1990 (160 000 DM) bzw. zur Höhe der 1990 erzielten Umsätze in den Umsatzsteuervoranmeldungen (304 325 DM) und in seiner Umsatzsteuererklärung (140 350 DM) gemacht habe und die Abweichungen nicht habe erklären können.

a) Soweit der Kläger rügt, das FG habe in seiner Entscheidung für ihn überraschend auch auf die Angaben in der Umsatzsteuererklärung bzw. in den Umsatzsteuervoranmeldungen abgestellt, liegt keine Verletzung rechtlichen Gehörs vor, weil die Umsatzsteuererklärungen für 1990 des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2006 ausweislich des Protokolls in das Verfahren eingeführt worden sind. Im Protokoll wird ausdrücklich festgestellt, das FA übergebe Umsatzsteuerakten ab 1987. Dass diese Akte auch das Streitjahr 1990 umfasste, wird vom Kläger nicht bestritten. Er räumt auch ein, dass ihm in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit gegeben worden sei, sich zum Inhalt der Akte zu äußern. Soweit er vorträgt, er habe daraufhin beantragt, die mündliche Verhandlung zu vertagen, um sich mit dem neu vorgebrachten Beweismittel auseinandersetzen zu können, fehlt es insoweit an entsprechenden Angaben im Protokoll. Nach seinen Angaben soll ihn im Übrigen das FG insoweit auf die Möglichkeit verwiesen haben, die Akten auf der Geschäftsstelle einzusehen und dann einen Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu stellen. Dass er danach weiterhin eine Vertagung beantragt habe, macht der Kläger nicht geltend.

b) Unbegründet ist ferner die Rüge des Klägers, das FG habe zur Gewährleistung rechtlichen Gehörs seinem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2006 stattgeben müssen, weil er in der mündlichen Verhandlung keine Gelegenheit gehabt habe, die Umsatzsteuerakten zu prüfen und zu deren Inhalt Stellung zu nehmen.

Entgegen dem Vortrag des Klägers in der Beschwerdebegründung wurde der Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung in dem Schriftsatz vom 22. Dezember 2006 nicht damit begründet, der Klägervertreter habe in der mündlichen Verhandlung keine Gelegenheit gehabt, die Umsatzsteuerakten zu prüfen und zu ihrem Inhalt Stellung zu nehmen. In dem Antrag wird vielmehr vorgetragen, die mündliche Verhandlung im Parallelfall Y vom 18. Dezember 2006 habe ergeben, dass in tatsächlicher Hinsicht noch nicht endgültig geklärt sei, welche Einnahmen ihm, dem Kläger, und welche Frau Y zuzurechnen seien. Angesichts des Sachverhalts stelle sich die Frage, ob nicht virtuelle Einkünfte versteuert werden, die entweder nicht so oder überhaupt nicht vereinnahmt worden seien. Bis zum Beweis des Gegenteils sei davon auszugehen, dass der in der 1993 abgegebenen Umsatzsteuererklärung für 1990 genannte Umsatz von 140 350 DM zutreffend sei. Es werde in diesem Zusammenhang beantragt, den Steuerberater Z als Zeugen zu hören. Außerdem werde beantragt, die beiden Verfahren --das gegen den Kläger und das gegen Frau Y-- zu verbinden. Hinsichtlich des Zeugen hatte der Kläger allerdings noch am 22. September 2006 erklärt, dieser sei nicht mehr greifbar.

Demnach hatte der Prozessvertreter am 22. Dezember 2006 jedenfalls keinen Bedarf gesehen, sich noch zu dem Inhalt der Umsatzsteuerakte zu äußern. Dazu hätte aber Anlass bestanden, wenn er aufgrund der mündlichen Verhandlung insoweit eine Stellungnahme für notwendig gehalten hätte. Der Kläger hätte darlegen müssen, dass er die Akte zwischenzeitlich eingesehen habe und noch bestimmte, möglicherweise entscheidungsrelevante Angaben machen oder Aufklärung geben wolle, oder dass er in der Zeit zwischen der mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2006 und dem Schriftsatz vom 22. Dezember 2006 aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen keine Gelegenheit gehabt habe, die Akte einzusehen und dafür noch Zeit benötige.

c) Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung oder in seinem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2006 eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt hat.

Auf die Geltendmachung der Verletzung des rechtlichen Gehörs, kann --wenn diese nicht den Gesamtinhalt des Verfahrens betrifft-- verzichtet werden (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Die schlüssige Rüge, das FG habe das rechtliche Gehör verletzt, setzt daher die substantiierte Darlegung des Beschwerdeführers voraus, dass er den Mangel in der mündlichen Verhandlung gerügt habe bzw. aus welchen --von ihm nicht zu vertretenden-- Gründen er an einer solchen Rüge gehindert gewesen sei (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO) und was er bei rechtzeitiger Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und dass dies die Entscheidung des FG --auf der Basis der von diesem vertretenen Rechtsauffassung-- hätte beeinflussen können (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1988 I R 140/87, BFHE 153, 388, BStBl II 1988, 836). Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerde, wie sich aus dem zuvor Ausgeführten ergibt, indes nicht. Der Kläger hat insbesondere auch nicht dargelegt, was er in Kenntnis der unterschiedlichen Angaben in der Einkommensteuererklärung und in den Umsatzsteuererklärungen zur Erläuterung noch vorgetragen hätte.

Ende der Entscheidung

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