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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.09.2001
Aktenzeichen: XI B 4/01
Rechtsgebiete: EStG, FGO, ZPO, 2.FGOÄndG


Vorschriften:

EStG a.F. § 10 d Abs. 3
FGO a.F. § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 155
FGO § 116 Abs. 5
ZPO § 295
2.FGOÄndG Art. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Streitig ist, ob der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) für eine Vermittlungstätigkeit des am 1. April 1992 verstorbenen A im Streitjahr 1991 Betriebsausgaben in Höhe von 325 000 DM netto entstanden sind.

Die Klägerin betreibt seit 1989 die Vermittlung von Immobilien und Darlehen. Sie arbeitete häufig mit A bzw. mit der W-GmbH zusammen, deren Geschäftsführer und Hauptgesellschafter A war.

Die Klägerin ersteigerte 1991 das Hotel E für 320 000 DM. Es wurde für ca. 500 000 DM renoviert. Mit notariellem Vertrag vom 6. Dezember 1991 wurde es für netto 1 200 000 DM verkauft. Vermittelt wurde das Geschäft durch A. Nach Angaben der Klägerin bestand zwischen ihr und A eine mündliche Vereinbarung, nach der A beim Verkauf des Anwesens eine Provision von 25 000 DM, zudem den 900 000 DM übersteigenden Teil des Kaufpreises habe erhalten sollen. Zunächst gab die Klägerin an, dass dieser Vertrag unmittelbar nach der Ersteigerung des Anwesens geschlossen worden sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) hat sie den Vortrag dahin geändert, dass der Vertrag schon vor der Ersteigerung abgeschlossen worden sei. Sie habe dem schwer herzkranken A am 8. Februar 1992 auf der Intensivstation des Krankenhauses in X 300 500 DM bar übergeben. Am 28. Januar 1992 hatte die Klägerin von einem Konto bei der Stadtsparkasse ... einen Betrag von 310 000 DM bar abgehoben. Die Klägerin legte zwei Rechnungen vom 10. Dezember 1991 vor, die eine von der W-GmbH für ein vereinbartes Honorar über einen Betrag von brutto 228 000 DM, der mit einem Darlehen von 70 000 DM verrechnet werden solle, die andere von der Firma B (der Einzelfirma des A) als Provisionsabrechnung von 1 % aus 1 250 000 DM über einen Betrag von brutto 142 500 DM. In den Jahren 1989 und 1990 hatte die Klägerin Vermittlungskosten in Höhe von 1 320 DM bzw. 5 531 DM ausgewiesen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) versagte nach einer Außenprüfung den entsprechenden Betriebsausgabenabzug. Ferner entschied das FA mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. Oktober 1997, dass zwischen der Klägerin und A keine Mitunternehmerschaft bestanden habe. Das FG wies die Klage ab; es sei nicht feststellbar, dass Vermittlungsprovisionen angefallen seien. Das FG stellte insbesondere darauf ab, dass sich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht habe feststellen lassen, dass die behauptete Vertragsgestaltung ungewöhnlich sei und für die Klägerin ein unkalkulierbares Risiko bedeutet habe, dass die vorgelegten Rechnungen eine völlig andere Vertragsgestaltung als Grundlage auswiesen und dass die behauptete Geldübergabe in der Intensivstation des Krankenhauses nicht glaubhaft sei. Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden des FG-Senats sei erst gestellt worden, nachdem das Gericht bereits eine Entscheidung getroffen hatte; die Handlung des abgelehnten Richters bleibe wirksam. Im Übrigen sei das nachträglich gestellte Ablehnungsgesuch auch unzulässig, da sich die Klägerin auf die Verhandlung eingelassen habe.

Mit der Beschwerde macht die Klägerin geltend:

1. Ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens liege darin, dass der in das Streitjahr zurückzutragende Verlust aus dem Veranlagungszeitraum 1992 nicht gesondert festgestellt worden sei; das Verfahren hätte ausgesetzt werden müssen.

2. Im Streitfall bestünden erhebliche Anhaltspunkte, dass zwischen der Klägerin und A eine Mitunternehmerschaft bestanden habe. Das Verfahren sei auszusetzen gewesen. Das Schreiben vom 14. Oktober 1997 lasse nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, ob eine konkrete Entscheidung habe getroffen werden sollen. Auch sei die Prozessbevollmächtigte nicht befugt gewesen, einen entsprechenden Bescheid entgegenzunehmen.

3. Der Klägerin sei das rechtliche Gehör versagt worden. Im Urteil genannte und als tragende Begründung für die Klageabweisung verwendete Zeitungsartikel seien nicht in das Verfahren eingeführt worden. Wäre es der Klägerin möglich gewesen, Stellung zu nehmen, wäre vorgetragen worden, dass ein Redakteur der örtlichen Presse aus persönlichen Gründen gegen A Groll gehegt habe.

4. Ein weiterer eklatanter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs habe darin bestanden, dass der Vorsitzende der Klägerin während der mündlichen Verhandlung untersagt habe, zu einem Sachverhaltskomplex (Üblichkeit der Provisionsvereinbarung) weitere Ausführungen zu machen. Bei Gewährung des rechtlichen Gehörs hätte die Klägerin Zeugen benannt und Unterlagen dafür vorgelegt, dass A in anderen Fällen vergleichbare Abmachungen getroffen habe.

5. Das FG habe gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen. Anstelle einer Vernehmung sei nur ein Schreiben der Zeugin I in der mündlichen Verhandlung verlesen worden. Bei deren Vernehmung hätte der Verbleib des Geldes ermittelt werden können. Auch habe es das Gericht --wie vom FA und von der Klägerin vorgeschlagen-- unterlassen, die Echtheit der Unterschriften auf den Rechnungen untersuchen zu lassen.

6. Das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt; es habe nicht berücksichtigt, dass das Vorliegen ordnungsgemäßer Rechnungen im Umsatzsteuerverfahren anerkannt worden sei.

7. Das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen. Hätte es die erforderlichen Ermittlungen angestellt, hätte es feststellen können, dass im Geschäftsleben Provisionen nach kombinierten Maßstäben berechnet würden. Wenn das FG der Klägerin nicht weitere Äußerungen untersagt hätte, wäre von der Klägerin Beweis angeboten worden durch Vernehmung des bereits im Rahmen der Betriebsprüfung benannten Herrn S als Zeugen zur Berechnung der Provision, zu den Rechnungen und zur Bargeldauszahlung. Der Zeuge sei der langjährige Buchhalter der Klägerin.

8. Das FG habe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, indem es angesichts der Bedeutung der Sache die Sachaufklärung unvollständig durchgeführt habe.

9. Tatsächlich beruhe das Urteil auf nicht in das Verfahren eingeführten Zeitungsartikeln. Die zusätzlich angegebenen Begründungen könnten das Urteil für sich allein nicht tragen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zu verwerfen bzw. als unbegründet zurückzuweisen.

1. Der Abzug der in den Rechnungen ausgewiesenen Vorsteuer sei im Klageverfahren anerkannt worden, da die formellen Voraussetzungen vorgelegen hätten.

2. Eine gesonderte Verlustfeststellung zum 31. Dezember 1992 sei gemäß § 10d Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht veranlasst gewesen, da der Verlust in den Veranlagungszeiträumen 1990 und 1991 verbraucht worden sei.

3. Wegen der Mitunternehmerschaft zwischen der Klägerin und A habe das FA unter dem 14. Oktober 1997 einen negativen Feststellungsbescheid erlassen. Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1997 habe die Klägerin zu erkennen gegeben, dass die Frage einer Mitunternehmerschaft nicht mehr weiterverfolgt werde.

4. Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung geltend mache, werde damit Verletzung materiellen Rechts gerügt.

5. Der Buchhalter S werde erstmals im Beschwerdeschriftsatz vom 27. Dezember 2000 als Zeuge benannt.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde bestimmt sich gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567) --2.FGOÄndG-- nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt wurde; danach ist insoweit das bisherige Recht anzuwenden.

2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F. ist die Revision nur zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel, der einen Verstoß gegen das Gerichtsverfahrensrecht enthält, die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das anzufechtende Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (Bundesfinanzhof --BFH-- vom 17. September 1986 II B 87/86, BFH/NV 1988, 235).

3. Verfahrensfehler sind zum Teil nicht schlüssig gerügt, zum Teil nicht gegeben.

a) Eine Aussetzung des Verfahrens war nicht geboten. Mit Bescheid vom 14. Oktober 1997 hat das FA über die Frage des Bestehens einer Mitunternehmerschaft bestandskräftig entschieden. Die nunmehr erhobenen Einwendungen gegen diesen Bescheid sind nicht geeignet, seine Aufhebung oder Änderung ernsthaft als möglich erscheinen zu lassen. Eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d Abs. 3 EStG a.F. ist für den Verlustrücktrag nicht vorgreiflich.

b) Das rechtliche Gehör ist der Klägerin nicht versagt worden. Die Behauptung der Klägerin, dass bestimmte Zeitungsartikel, lt. Urteil "die in den Akten befindlichen Zeitungsartikel", nicht in das Verfahren eingeführt worden seien, entspricht ausweislich des Schriftsatzes der Klägervertreterin vom 30. Oktober 1997 Bl. 2 nicht den Tatsachen. Das Recht der Klägerin, sich vor Erlass der Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern, ist ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und der Ausführungen auf S. 10 des Urteils auch im Übrigen nicht eingeschränkt worden.

Das FG hat auch insoweit nicht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, als ihr der Vorsitzende während der mündlichen Verhandlung untersagt hat, zu in vergleichbaren Fällen von A getroffenen Provisionsvereinbarungen weitere Ausführungen zu machen. Auch wenn das FG die behauptete Provisionsvereinbarung als ungewöhnlich bezeichnete, war bei der von ihm vorgenommenen Gesamtwürdigung aller Umstände die Frage der Üblichkeit der Provisionsvereinbarung für die Entscheidung unerheblich.

c) Die Klägerin hat die Nichteinvernahme der Zeugin I in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt und damit auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verzichtet (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung). Das FG brauchte auch nicht die Echtheit der Unterschriften auf den Rechnungen untersuchen zu lassen. Diesen Punkt hat das FG --ebenso wie die Frage des Geldverbleibs-- lediglich als zusätzliche Erwägung in die Entscheidungsgründe aufgenommen, ohne dass diesen Erwägungen aber letztlich Entscheidungserheblichkeit zukommt.

d) Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht wegen Nichtvernehmung des S als Zeugen ist nicht ordnungsgemäß gerügt. Es ist nicht dargelegt, weshalb sich dem FG die Vernehmung dieses erst jetzt benannten Zeugen hätte aufdrängen müssen.

e) Der einkommensteuerrechtliche Betriebsausgabenabzug und der umsatzsteuerrechtliche Vorsteuerabzug unterliegen unterschiedlichen Voraussetzungen; das FG war daher nicht gehalten, aus der Anerkennung des Vorsteuerabzugs Folgerungen für den Betriebsausgabenabzug zu ziehen.

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 FGO abgesehen.

Ende der Entscheidung

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