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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.07.2002
Aktenzeichen: XI B 51/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 3 Satz 1
FGO § 69 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die miteinander verheirateten Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind Bankkaufleute. Sie begehren die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1996 vom 14. März 2001, mit denen der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) neben gewerblichen Einkünften aus Versicherungsvermittlungen bisher nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) aufgrund der Ergebnisse verschiedener Steuerfahndungsprüfungen angesetzt hat. Die Zinserträge betrugen nach diesen Ermittlungen im Jahr 1994 14 311 DM, 1995 14 459 DM und 1996 13 524 DM. Als Zinserträge von der A-Bank wurden 1994 12 600 DM angesetzt sowie 1995 und 1996 jeweils 8 100 DM. Weiterhin stellte die Steuerfahndung fest, dass der Antragsteller Provisionen für die Vermittlung von Versicherungen erhalten hatte (1994: 871 DM; 1995: 1 526 DM; 1996: 428 DM); die Provisionen waren steuerlich nicht erklärt worden.

Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag auf AdV ab. Mit Beschluss vom 29. Januar 2002 VIII B 91/01 hat der VIII. Senat die Entscheidung des FG wegen der Streitjahre 1989 bis 1993 aufgehoben und die Sache wegen der Höhe der von der A-Bank bezogenen Zinserträge an das FG zurückverwiesen; wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diesen Beschluss Bezug genommen.

Nach Ergehen des Beschlusses VIII B 91/01 haben die Antragsteller noch Folgendes vorgetragen:

1. Sie hätten keine Geldgeschäfte in unüblicher Form betrieben.

2. Unzutreffend sei die Unterstellung, dass die Antragsteller auf eigene Veranlassung hin durch eine ungewöhnliche Art der Überweisung deren Ursprung verschleiert hätten.

3. Im Fall der Antragsteller sei eine unzulässige Rasterfahndung vorgenommen worden. Es bestehe ein Verwertungsverbot.

4. Das Konto 01 bei der A-Bank sei dem Sohn der Antragsteller zuzurechnen. In dem Bestand des Kontos sei nur eine einzige Position gewesen, nämlich das Wertpapier 111111. Der Höchstbetrag betrage 90 000 DM, der Höchstbetrag der Zinsen also 8 050 DM.

5. Die Streitsache sei dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen. Die Maßnahmen der Steuerfahndung stellten eine Diskriminierung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs (Art. 56 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) dar.

6. Hinsichtlich der Provisionen tragen die Antragsteller vor, dass diese weitergeleitet und nur "Botendienste" geleistet worden seien. Im Übrigen habe das FA früher die Weiterleitung anerkannt, die Tätigkeit als "gelegentliche Vermittlungstätigkeit" behandelt und eine 25 %-ige Werbungskostenpauschale anerkannt. Wenn das FA nunmehr von Einnahmen aus Gewerbebetrieb ausgehe, dann müssten auch die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt werden können.

II. Die Beschwerde der Antragsteller ist für den Veranlagungszeitraum 1994 teilweise begründet, im Übrigen aber unbegründet.

1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Tatfragen auslösen. Eine überwiegende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist für die AdV nicht erforderlich (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. November 1998 VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468).

2. Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide nur hinsichtlich der Höhe der vom FA für den Veranlagungszeitraum 1994 angesetzten Zinsen.

a) Auch nach Auffassung des erkennenden Senats ist davon auszugehen, dass auf den Überweisungsbelegen nur die A-Bank ausgewiesen war und diese Verfahrensweise einen strafrechtlichen Anfangsverdacht begründet hat. Damit entfällt der Einwand, dass die Antragsteller einer unzulässigen Rasterfahndung ausgesetzt gewesen seien (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juni 2001 VII B 11/00, BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624). Es besteht kein Verwertungsverbot.

b) In Bezug auf die Zurechnung der Kapitalerträge schließt sich der Senat der Beurteilung des VIII. Senats an, nach der die Antragsteller die angelegten Geldbeträge ausschließlich für eigene Zwecke verwendet hätten.

c) Hinsichtlich der von der A-Bank bezogenen Zinsen ist trotz Unklarheiten in Bezug auf die Höhe des Kontos und der geleisteten Auszahlungen jedenfalls nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller davon auszugehen, dass es sich in den Streitjahren 1994 bis 1996 bei der Anlage um eine mit 9 % verzinsliche Inhaberschuldverschreibung mit einem Nennwert von 90 000 DM handelte, die im Jahr 8 100 DM Zinsen erbrachte. Für die Veranlagungszeiträume 1995 und 1996 bestehen an der Höhe der für das Konto bei der A-Bank angesetzten Zinsen keine ernstlichen Zweifel; hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 1994 hat das FA Zinsen in Höhe von 12 600 DM angesetzt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Ansatzes bestehen in Höhe von 4 500 DM.

d) Hinsichtlich der vom FA als gewerbliche Einnahmen erfassten Vermittlungsprovisionen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide. Soweit die Antragsteller geltend machen, dass sie die Zahlungen an die Versicherungsnehmer weitergegeben hätten und ihnen insoweit Betriebsausgaben entstanden seien, sind sie ihrer Nachweispflicht nicht nachgekommen. Dasselbe gilt für die Berücksichtigung der Kosten eines Arbeitszimmers.

e) Abgesehen davon, dass nach Auffassung des Senats die Maßnahmen der Steuerfahndung gegenüber den Antragstellern keine willkürliche Diskriminierung oder verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen, besteht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine Vorlagepflicht an den EuGH (vgl. EuGH-Entscheidung vom 27. Oktober 1982 Rs. 35-36/82, EuGHE 1982, 3723 Rn. 8 ff.).

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