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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.12.2006
Aktenzeichen: XI B 57/06
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 76
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ausgebildeter Diplom-Ingenieur, der in den streitigen Erhebungszeiträumen für eine österreichische Firma als Alleinvertreter in der Bundesrepublik tätig war. Er macht geltend, dabei einen naturwissenschaftlich-technischen Katalogberuf ausgeübt zu haben. Seine Tätigkeit habe vor allem in Entwicklungsarbeiten bestanden, nämlich die Anwendungsmöglichkeiten der von seinem Auftraggeber hergestellten Produkte für Kunden zu untersuchen und die Produkte entsprechend dem Kundenbedarf bis zur Serienreife fortzuentwickeln. Er habe technische Probleme der Kunden aufgegriffen und die Umsetzung der entwickelten Lösung in der Praxis (bis hin zur Serienreife) vorangetrieben. Die wissenschaftlich-technische Beratung der Abnehmer sei daher zugleich --zumindest teilweise-- eine solche des Auftraggebers gewesen. Seine Vergütung sei erfolgsabhängig gewesen, weil es für Ingenieure keine Gebührenordnungen gebe. Auch Autoren würden nach der erzielten Auflage vergütet. Die Klage hatte keinen Erfolg.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers des Finanzgerichts (FG) gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen. Die Rüge des Klägers, das FG habe trotz angebotener Beweise keine Feststellungen dahingehend getroffen, inwieweit die vom Kläger erbrachten wissenschaftlich-technischen Beratungs- und Entwicklungsleistungen wenigstens zum Teil letztlich ausschließlich dem Auftraggeber zu Gute gekommen seien, ist nicht schlüssig erhoben. Es ist nicht dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), dass die Entscheidung des FG --ausgehend von dessen Rechtsauffassung-- auf der gerügten unterlassenen Sachaufklärung (§ 76 FGO) beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

a) Durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist seit langem geklärt, dass selbst ein Steuerpflichtiger, der die berufsrechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines sog. Katalogberufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfüllt, gewerblich tätig ist, wenn er --auch nur mittelbar-- an der Vermittlung von Geschäftsabschlüssen beteiligt ist. Der selbständige Handelsvertreter übt eine Hilfsfunktion für den Kaufmann beim Absatz seiner Waren, dem Kernbereich der kaufmännischen Tätigkeit, aus (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 25. Oktober 1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, BStBl II 1978, 125, 130). Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen ist regelmäßig auf Absatzförderung gerichtet, wenn seine Tätigkeit auf Provisionsbasis, also erfolgsabhängig, vergütet wird (BFH-Urteile vom 14. Juni 1984 I R 204/81, BFHE 142, 148, BStBl II 1985, 15; vom 27. Februar 1992 IV R 131/90, BFH/NV 1992, 664, und vom 6. September 1995 XI R 91/94, BFH/NV 1996, 135).

Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger potentielle Kunden auf der Basis seiner naturwissenschaftlich-technischen Kenntnisse beraten, Entwicklungsleistungen für die Kunden erbracht und die Produktentwicklung durch seine Auftragsfirma begleitet. Das FG ist weiter davon ausgegangen, dass die Tätigkeit gegenüber den Abnehmern die Voraussetzungen einer Ingenieurtätigkeit erfüllt haben mag. Es hat die Klage abgewiesen, weil es nach der Rechtsprechung allein auf die Rechtsbeziehung des Klägers zum Auftraggeber und hier auf das Kriterium der gewerblichen Absatzförderung ankomme. Nach der Beschreibung der Gewerbeanmeldung, der Bezeichnung und Art der Vertragsgestaltung und den darin übernommenen Verpflichtungen, der Entlohnung über Provisionszahlungen und der Vereinbarung eines Ausgleichsanspruchs nach Beendigung der Geschäftsbeziehung handele es sich um eine gewerbliche Handelsvertretung. Der Kläger bestreitet auch nicht, dass die --ingenieurmäßigen-- Beratungsleistungen gegenüber den Abnehmern der Absatzförderung dienten.

b) Er macht aber geltend, mit dieser Beratungstätigkeit sei zugleich eine unmittelbare Beratung gegenüber seinem Auftraggeber zum Zwecke der serienreifen Fortentwicklung der Produkte für die Abnehmer erbracht worden und diese sei für sich als freiberufliche Leistung gegenüber dem Auftraggeber anzusehen.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass insoweit, als er seinen Auftraggeber selbst beraten hat, eine Ausnahme von der Regel in Betracht käme, dass eine umsatzabhängige Vergütung auf Absatzförderung schließen lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juni 2001 IV B 20/01, BFH/NV 2001, 1400, unter Verweis auf die BFH-Urteile in BFH/NV 1992, 664, unter 1. der Gründe a.E., und vom 2. Oktober 1968 I R 1/66, BFHE 94, 210, BStBl II 1969, 138, betreffend die Beratungsleistungen eines Modeschöpfers). Aus den Feststellungen des FG und dem eigenen Vorbringen des Klägers ergibt sich jedoch, dass etwaige unmittelbar an seinen Auftraggeber erbrachte --isoliert betrachtet möglicherweise freiberufliche-- Beratungsleistungen zugleich im Zusammenhang mit konkreten Kundenanfragen und deren Beratung standen.

Die Tätigkeiten gegenüber den Kunden und dem Auftraggeber waren somit derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingten und eine Trennung nicht möglich ist. Nach der Rechtsprechung liegt damit eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht (BFH-Urteil vom 24. September 1998 IV R 16/98, BFH/NV 1999, 602). Auch wenn die Tätigkeit des Klägers danach neben der gewerblichen noch eine freiberufliche Komponente enthielt, ist eine Trennung nach der Verkehrsauffassung nicht möglich. Dass innerhalb der einheitlichen Tätigkeit des Klägers das freiberufliche Element überwiegen würde, ist weder den Feststellungen des FG über den Inhalt des Handelsvertretervertrags, dessen Durchführung und Vergütung noch dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen.

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Eine durch den BFH geklärte Rechtsfrage ist regelmäßig nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben (BFH-Beschluss vom 20. März 1997 III B 152/96, BFH/NV 1997, 802).

b) Die vom Kläger sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam dargestellte Frage, ob die Tätigkeit eines Ingenieurs insgesamt gewerblich ist, wenn er zwar für seine wissenschaftlich-technische Beratung der Kunden seines Auftraggebers ein erfolgsabhängiges Entgelt erhält, sich die Beratungstätigkeit im Sinne einer Weiterentwicklung der Technik aber zugleich als eine wissenschaftlich-technische Beratung für seinen Auftraggeber darstellt, ist nach den Ausführungen unter 1.b durch die Rechtsprechung bereits geklärt.

3. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung allein vermag die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO ebenfalls nicht zu begründen (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Mai 1999 X B 212/98, BFH/NV 1999, 1582; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 82 f., m.w.N.). Die Revision kann zwar zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann zuzulassen sein (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), wenn das Urteil des FG willkürlich oder unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2005 III B 22/05, BFH/NV 2006, 88). Ein derart schwerwiegender Rechtsfehler, der von erheblichem Gewicht und deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen (BFH-Beschluss vom 13. Januar 2006 VIII B 7/04, BFH/NV 2006, 914), liegt im Streitfall offensichtlich nicht vor.

Die Hilfsfunktion des Handelsvertreters im kaufmännischen Gewerbebetrieb ist auch nicht, wie vom Kläger behauptet, mit der Tätigkeit eines erfolgsabhängig bezahlten Schriftstellers oder Musikers vergleichbar.



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