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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: XI E 5/06
Rechtsgebiete: GKG, EStG, GewStG, FGO, ZPO


Vorschriften:

GKG § 3 Abs. 2
GKG § 34 Abs. 1 Satz 2
GKG § 66 Abs. 1 Satz 1
EStG § 34 Abs. 1
GewStG § 16
FGO § 73 Abs. 1 Satz 1
FGO § 155
ZPO § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Mit Beschluss vom 2. Februar 2006 XI B 89/05 hatte der Senat die Beschwerde des Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) vom 28. April 2005 16 K 10259/00 mit entsprechender Kostenfolge als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kostenschuldner war neben einem weiteren Gesellschafter zu 50 v.H. an einer GbR beteiligt. Gegenstand der erfolglosen Klage und Beschwerde waren die einheitlichen und gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen 1991 bis 1994 sowie die Gewerbesteuermessbeträge 1992 und 1993.

Mit Kostenrechnung vom 20. September 2006 forderte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 1 586 737 € eine Gebühr in Höhe von 12 512 € bei dem Kostenschuldner an.

Hiergegen hat der Kostenschuldner mit Schreiben vom 22. September 2006 "Widerspruch" erhoben und geltend gemacht, der Streitwert von 1 586 737 € sei nicht nachvollziehbar.

Die Kostenstelle hat dem Kostenschuldner die Streitwertberechnung mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 erläutert. Auf den Inhalt dieses Schreibens wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Die Vertreterin der Staatskasse beim BFH (Erinnerungsgegnerin) beantragt, die "Erinnerung" als unbegründet zurückzuweisen.

II. 1. Der von dem Kostenschuldner erhobene "Widerspruch" ist zu seinen Gunsten als Erinnerung zu behandeln, weil dies nach § 66 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der einzige in Betracht kommende Rechtsbehelf gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung ist.

Mit der Erinnerung können die Kostenansätze und die ihnen zugrunde liegende Streitwertbemessung überprüft werden (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Dezember 1992 VII E 3/92, BFH/NV 1993, 488).

2. Die Erinnerung ist unbegründet.

Zwar beträgt der Streitwert nicht nur --wie vom Kostenbeamten angegeben-- 1 586 737 €, sondern 1 591 007 €. Die Differenz von 4 270 € führt jedoch --ungeachtet des Verböserungsverbots-- zu keinem höheren Kostenansatz. Denn eine Gebühr beträgt bei einem Streitwert zwischen 1 550 000,01 € und 1 600 000 € gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 GKG 6 256 €. Da im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses Teil 6 (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) im Falle der Zurückweisung der Beschwerde 2,0 Gebühren zu erheben sind, waren die Gerichtskosten sowohl bei Zugrundelegung eines Streitwerts in Höhe von 1 586 737 € als auch bei Zugrundelegung eines Streitwerts in Höhe von 1 591 007 € mit 12 512 € anzusetzen.

Der Streitwert von 1 591 007 € (3 111 740,19 DM) setzt sich zusammen aus einem Streitwert von 2 987 330,19 DM für die einheitlichen und gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen 1991 bis 1994 --unten a-- und 124 410 DM für die Gewerbesteuermessbeträge 1992 und 1993 --unten b--.

a) Der Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert (§ 47 Abs. 3 GKG). Hat der Kostenschuldner --wie hier-- im Beschwerdeverfahren nicht erkennbar gemacht, dass er in einem Revisionsverfahren das Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiter verfolgen werde, bestimmt sich der Streitwert im Beschwerdeverfahren nach dem Streitwert im Klageverfahren (vgl. BFH-Beschluss vom 21. September 1994 VIII E 1/94, BFH/NV 1995, 254, m.w.N.).

Bei Klage nur eines Gesellschafters gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid ist der Streitwert lediglich von dem Betrag zu berechnen, um den der Gewinnanteil des klagenden Gesellschafters zu vermindern wäre (BFH-Beschluss vom 29. September 2005 IV E 5/05, BFH/NV 2006, 315, m.w.N.). Abweichend von der Berechnung des Kostenbeamten ist danach auch im vorliegenden Fall keine pauschale Berechnung der Gewinnanteile anhand der Beteiligungsverhältnisse vorzunehmen, sondern es ist von den nach den Gewinnfeststellungsbescheiden tatsächlich auf den einzelnen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteilen auszugehen.

aa) Im Verfahren vor dem FG lautete der Antrag des Kostenschuldners dahin, die Feststellungsbescheide 1991 bis 1994 vom 28. Dezember 1999 bzw. 1. Dezember 1999 aufzuheben.

Bei den Feststellungsbescheiden 1991 und 1992 handelte es sich um geänderte Bescheide. Insoweit ging deshalb das Begehren des Kostenschuldners dahin, die ursprünglichen Feststellungsbescheide 1991 und 1992, mit denen Verluste festgestellt worden waren, wieder herzustellen. Dementsprechend war der Streitwertberechnung für die Jahre 1991 und 1992 der Unterschied zwischen den ursprünglich für den Kostenschuldner als laufende Einkünfte festgestellten Verlustanteilen (1991: ./. 34 440 DM; 1992: ./. 1 096 DM) und den durch die Änderungsbescheide als laufende Einkünfte festgestellten Gewinnanteilen (1991: 260 744,02 DM; 1992: 382 229,34 DM) zugrunde zu legen, also für 1991 ein Betrag von 295 184,02 DM und für 1992 ein Betrag von 383 325,34 DM.

Für die Jahre 1993 und 1994 waren der Streitwertberechnung die in den angefochtenen erstmaligen Feststellungsbescheiden als laufende Einkünfte festgestellten Gewinnanteile, also für 1993 422 315,14 DM und für 1994 403 250 DM, sowie der in dem Feststellungsbescheid 1994 festgestellte Veräußerungsgewinnanteil von 8 941 171,75 DM zugrunde zu legen.

Die Summe der vorgenannten streitigen Anteile an den laufenden Gewinnen beträgt 1 504 074,50 DM (295 184,02 DM + 383 325,34 DM + 422 315,14 DM + 403 250 DM).

bb) Die von der Kostenstelle des BFH vorgenommene Bemessung des Streitwerts mit 50 v.H. der Summe der Anteile am laufenden Gewinn (752 037,25 DM) und mit 25 v.H. des Veräußerungsgewinnanteils (2 235 292,94 DM) ist nicht überhöht.

Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist der Streitwert zwar nach der für die Jahre 1991 bis 1994 geltenden BFH-Rechtsprechung in der Regel mit 25 v.H. der streitigen Beträge zu bemessen, sofern die Feststellung des laufenden, nicht tarifbegünstigten Gewinns streitig ist, und mit 15 v.H. der streitigen Beträge, sofern die Feststellung des tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns streitig ist (z.B. BFH-Beschluss vom 12. August 1992 IV E 3/92, BFH/NV 1993, 376, m.w.N.). Höhere Prozentsätze sind jedoch anzuwenden, soweit die Höhe der festgestellten Gewinne im Hinblick auf die progressive Ausgestaltung des Einkommensteuertarifs erkennen lässt, dass ein Streitwert in Höhe von nur 25 v.H. bzw. 15 v.H. den tatsächlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Einkommensbesteuerung des beteiligten Gesellschafters nicht gerecht wird (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1993, 376, und in BFH/NV 2006, 315, beide m.w.N.).

Angesichts der Höhe der im vorliegenden Fall streitigen laufenden Gewinnanteile von mehr als 295 000 DM pro Jahr ist die Annahme gerechtfertigt, dass sich in sämtlichen Jahren der Durchschnittssteuersatz dem Spitzensteuersatz von seinerzeit 53 v.H. annäherte und damit die Bemessung des Streitwerts nach einem Vomhundertsatz von 50 zutreffend ist. Der Pauschalsatz beruht auf der typisierenden Annahme, dass die Gesellschafter auch noch andere steuerbare Einkünfte erzielen (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2006 VIII B 177/05, juris Nr: STRE200610304). Unter Berücksichtigung der für Veräußerungsgewinne im Streitjahr 1994 anzusetzenden Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ist die Anwendung eines Vomhundertsatzes von 25 auf den Veräußerungsgewinnanteil in Höhe von 8 941 171,75 DM nicht zu beanstanden. Ein Rückgriff auf die persönlichen Verhältnisse der Gesellschafter, die allein bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind und sich ohne Beiziehung der Einkommensteuerakten nicht überprüfen lassen, ist bei der Bemessung des Streitwerts für ein Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung nicht zulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Februar 2001 VIII E 5/00, BFH/NV 2001, 1035, m.w.N.).

Der Streitwert für die Verfahren wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen beläuft sich nach alledem auf insgesamt 2 987 330,19 DM (752 037,25 DM + 2 235 292,94 DM).

b) Auch im Gewerbesteuermessbetragsverfahren ist der Streitwert nach den unter a dargestellten Grundsätzen zu ermitteln.

Der Kostenschuldner hat im Klageverfahren Aufhebung der Gewerbesteuermessbetragsbescheide in voller Höhe beantragt. Im Beschwerdeverfahren hat er nicht erkennbar gemacht, dass er in einem Revisionsverfahren das Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiter verfolgen werde. Auf der Grundlage des in den Streitjahren geltenden Gewerbesteuerhebesatzes der zuständigen Gemeinde von 300 v.H. beläuft sich der Streitwert damit auf insgesamt 124 410 DM:

 Gewerbesteuermessbetrag 199221 935 DM x 300 v.H. = 65 805 DM
Gewerbesteuermessbetrag 199319 535 DM x 300 v.H. = 58 605 DM
Summe = 124 410 DM

Im Gewerbesteuermessbetragsverfahren ist der streitige Messbetrag, multipliziert mit dem jeweiligen Hebesatz, der zutreffende Streitwert. Denn gemäß § 16 des Gewerbesteuergesetzes ergibt sich in dieser Höhe die finanzielle Belastung durch die Gewerbesteuer und damit die Bedeutung der Sache für den Beteiligten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. November 2005 III E 2/05, BFH/NV 2006, 585, m.w.N.).

An der Bedeutung der Sache für den Kostenschuldner ändert sich nichts dadurch, dass ein weiterer Gesellschafter, der als Gesamtschuldner ebenfalls durch die Gewerbesteuermessbetragsbescheide beschwert ist, auch Klage erhoben hat (vgl. zum Streitwert bei Gesamtschuldnerschaft gemäß § 44 der Abgabenordnung auch BFH-Beschluss vom 3. November 1988 X E 1/88, BFH/NV 1989, 384). Die Besonderheiten der Streitwertfestsetzung im Gewinnfeststellungsverfahren können nicht auf den Streit um die Gewerbesteuermessbeträge übertragen werden (vgl. BFH-Beschluss vom 12. August 1987 IV E 4/87, BFH/NV 1988, 658).

Verbindet das FG von mehreren Gesellschaftern wegen derselben Gewerbesteuermessbetragsbescheide erhobene Klagen nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung, kann darin eine unrichtige Sachbehandlung selbst dann nicht gesehen werden, wenn dies zu einer günstigeren Kostenfolge für die betroffenen Gesamtschuldner geführt hätte. Kostengesichtspunkte wären nämlich für sich betrachtet sachfremde Erwägungen bei der Ausübung des dem FG zustehenden Ermessens im Hinblick auf eine Verbindung der Verfahren (vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 1994 VII E 7/94, BFH/NV 1995, 720; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 73 Rz 17).

c) Entsprechend § 5 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO war --wie bei jeder Klagehäufung-- aus allen Streitwerten ein Gesamtstreitwert zu bilden.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG). Kosten werden nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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