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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.12.2002
Aktenzeichen: XI R 54/01
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a
EStG § 34 Abs. 1
EStG § 34 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde auf Veranlassung des Arbeitgebers zum 31. Dezember 1992 beendet. Der Kläger erhielt eine Entschädigung von 1 300 000 DM, die im Streitjahr 1993 zufloss. Bis zum 31. Dezember 1994 behielt der Kläger den Anspruch auf einen Dienstwagen; Benzinkosten und Personensteuern gingen zu seinen Lasten. Unter dem 25. Januar 1993 bescheinigte das für den Arbeitgeber zuständige Finanzamt, dass die Lohnsteuer nach dem ermäßigten Steuersatz einzubehalten sei.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) versagte bei der Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer für 1993 die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (§ 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Die Entschädigung umfasse auch den geldwerten Vorteil der Pkw-Überlassung und die Übernahme der Beiträge einer Lebens- und Unfallversicherung bis zum 31. Dezember 1994; die Entschädigungsleistungen seien nicht zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Wegen der kostenlosen Pkw-Überlassung und der Übernahme der Versicherungsbeiträge sei die Entschädigung nicht zusammengeballt zugeflossen. Die Kläger könnten sich nicht mit Erfolg auf die Lohnsteuerauskunft berufen.

Mit der Revision machen die Kläger geltend, dass die Zusatzleistungen von geringem Wert gewesen seien. Der geldwerte Vorteil aus der Pkw-Überlassung habe 11 400 DM betragen, der aus der Übernahme der Versicherungsbeiträge 3 150 DM, insgesamt also 14 550 DM (= 1,09 % von 1 300 000 DM).

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Entschädigung in Höhe von 1 276 000 DM unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 23. Mai 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 1998 mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteile vom 28. Juli 1993 XI R 74/92, BFH/NV 1994, 368; vom 2. September 1992 XI R 63/89, BFH/NV 1993, 23) sind außerordentliche Einkünfte i.S. der § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG nur gegeben, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hält der Senat --wie er in seinem Urteil vom 14. August 2001 XI R 22/00 (BFHE 196, 500, BStBl II 2002, 180) ausgeführt hat-- in solchen Fällen für geboten, in denen --neben der Hauptentschädigungsleistung-- in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden. Dies sind beispielsweise solche Leistungen, die der Arbeitgeber dem entlassenen Arbeitnehmer zur Erleichterung des Arbeitsplatz- oder Berufswechsels oder als Anpassung an eine dauerhafte Berufsaufgabe und Arbeitslosigkeit erbringt. Sie setzen keine Bedürftigkeit des entlassenen Arbeitnehmers voraus. Soziale Fürsorge ist allgemein im Sinne der Fürsorge des Arbeitgebers für seinen früheren Arbeitnehmer zu verstehen. Ob der Arbeitgeber zu der Fürsorge arbeitsrechtlich verpflichtet ist, ist unerheblich. Derartige ergänzende Zusatzleistungen, die Teil der einheitlichen Entschädigung sind, sind unschädlich für die Beurteilung der Hauptleistung als einer zusammengeballten Entschädigung.

2. Der Senat hat in der Entscheidung vom 3. Juli 2002 XI R 80/00 (BFH/NV 2002, 1645) im Einzelnen dargelegt, dass auch die Kfz-Überlassung eine sozial motivierte Ergänzungsleistung sein kann; darauf wird Bezug genommen. Besondere fürsorgliche Erwägungen sind nicht geboten. Im Streitfall hat der Kläger sozial motivierte, in Zusammenhang mit der Auflösung des Dienstverhältnisses stehende Zusatzleistungen (Pkw-Nutzung; Übernahme von Versicherungsbeiträgen) in Höhe von insgesamt 14 550 DM erhalten. Diese Zusatzleistungen sind für die Beurteilung der im Streitjahr 1993 zugeflossenen Entschädigungsleistungen unbeachtlich.

3. Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben und die Einkommensteuer für 1993 entsprechend dem Antrag der Kläger festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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