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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.09.2003
Aktenzeichen: XI R 9/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a
EStG § 34
Eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt auch dann vor, wenn bereits bei Beginn des Dienstverhältnisses ein Ersatzanspruch für den Fall der betriebsbedingten Kündigung oder Nichtverlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart wird (Abweichung von BFH-Urteil vom 27. Februar 1991 XI R 8/87, BFHE 164, 243, BStBl II 1991, 703).
Gründe:

I.

Der 1940 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 1972 innerhalb des Konzerns X als Arbeitnehmer beschäftigt. Für ihn galt u.a. eine Betriebsvereinbarung, die für den Fall einer rationalisierungsbedingten Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung von einem halben Monatsgehalt pro angefangenes Beschäftigungsjahr vorsah.

Im Rahmen einer Neuordnung des Konzerns wurde dem Kläger von seinem damaligen Arbeitgeber, der G-AG mit Schreiben vom 7. Dezember 1988 eine Anstellung als Geschäftsführer der B-GmbH unter gleichzeitiger Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages angeboten. Ferner sagte die G-AG dem Kläger u.a. folgendes zu:

"Für den Fall der durch die B-GmbH oder durch deren Gesellschafter veranlassten Aufhebung oder Kündigung des Dienstvertrags vor Vollendung des 60. Lebensjahrs haben Sie Anspruch auf ein Versetzungsangebot oder ein Angebot auf vorzeitige Pensionierung im Rahmen der zum Zeitpunkt der Vertragsaufhebung geltenden Frühpensionierungsregelung für Tarifangestellte der G-AG. Nehmen Sie keines dieser Angebote an, haben Sie Anspruch auf Abschluss einer Auflösungsvereinbarung, die eine Abfindung von 1/24 des Jahresgehalts pro angefangenes Beschäftigungsjahr vorsieht. Ist es nicht möglich, ein zumutbares Versetzungsangebot zu machen, haben Sie Anspruch auf eine Auflösungsvereinbarung mit einer Abfindung von 1/12 des letzten Jahresbruttogehalts je angefangenes Beschäftigungsjahr, zuzüglich 20 %."

Der Kläger schloss am 15. Dezember 1988 mit der B-GmbH, satzungsgemäß vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, einen Geschäftsführeranstellungsvertrag für die Zeit vom 1. April 1989 bis 31. März 1994. Nach § 8 Abs. 2 des Vertrages sollte die B-GmbH dem Kläger ein Jahr vor Vertragsablauf mitteilen, ob sie bereit ist, ihn erneut zum Geschäftsführer zu bestellen und entweder den Dienstvertrag mit ihm zu verlängern oder einen neuen Dienstvertrag mit ihm abzuschließen. Entsprechendes sollte für den Kläger gelten. Das Bruttojahresgehalt betrug 125 000 DM. Soweit Rechte von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers abhingen, sollte seine vorangegangene Tätigkeit innerhalb des Konzerns angerechnet werden. Änderungen und Ergänzungen des Dienstvertrages bedurften der Schriftform.

Im März 1993 fand das in § 8 Abs. 2 des Dienstvertrages vorgesehene Gespräch zwischen dem Kläger und dem Aufsichtsratsvorsitzenden der B-GmbH, K, über die Verlängerung des Vertrages statt. Aufgrund später geplanter Personalreduzierungen und Sitzverlegung wurde mit ihm jedoch im IV. Quartal 1993 über eine Beendigung seiner Tätigkeit verhandelt. Die Verhandlungen führte im Auftrag des Aufsichtsratsvorsitzenden K der Personalleiter des Konzerns X, H. Mit Vertrag vom 30. Dezember 1993 wurde vereinbart, das Dienstverhältnis des Klägers zum 31. März 1994 zu beenden. Die B-GmbH verpflichtete sich "unter Berücksichtigung und Erfüllung der Vereinbarung vom 7. Dezember 1988 mit der G-AG" an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 450 000 DM für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlen. Mit der Abfindung sollten sämtliche Ansprüche des Klägers aus dem Dienstvertrag, zusätzlichen Erklärungen und Vereinbarungen sowie aus vorhergehenden Arbeitsverhältnissen bei anderen Unternehmen begründete Ansprüche, mit Ausnahme der Pensionsansprüche, abgegolten werden, "insbesondere der Vereinbarung vom 7. Dezember 1988 mit der G-AG". Die Abfindung wurde im Streitjahr 1994 ausbezahlt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) unterwarf den vollen Abfindungsbetrag dem regulären Einkommensteuertarif. Das Dienstverhältnis des Klägers bei der B-GmbH sei vertragsgemäß zum 31. März 1994 ausgelaufen und daher nicht i.S. des § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgelöst worden. Die vereinbarte Abfindung ersetze daher auch keine entgehenden Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Auf Einspruch des Klägers wandte er auf die Abfindung § 34 Abs. 3 EStG an.

Hiergegen erhob der Kläger Klage, mit der er insbesondere auf die Verlängerung des Vertrages durch die Verhandlungen im März 1993 hinwies. Das Finanzgericht (FG) hat --wiederholt-- den Aufsichtsratsvorsitzenden der B-GmbH K und den Personalleiter des Konzerns H als Zeugen vernommen. Ausweislich der Niederschrift über einen Beweisaufnahme- und Erörterungstermin vom 3. Dezember 1999 erklärte der Zeuge K, es sei richtig, dass er dem Kläger im Frühjahr 1993 mündlich eine Vertragsverlängerung angeboten habe. Der Kläger habe auch sein Einverständnis hierzu erklärt. Der Zeuge H erklärte, er habe sich anlässlich der Verhandlungen über die Beendigung des Dienstverhältnisses beim Aufsichtsratsvorsitzenden rückversichert, ob die Behauptung des Klägers, ihm sei die Verlängerung des Vertrages um fünf weitere Jahre zugesichert worden, zutreffe. Dies habe der Aufsichtsratsvorsitzende bestätigt, was die Höhe der Abfindung erheblich beeinflusst habe. Am 30. November 2001 wurden die Zeugen nochmals vernommen. Der Zeuge K gab nunmehr an, dass er sich aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr an die Einzelheiten erinnern könne. Er erinnere sich aber konkret daran, dass er dem Kläger eine Vertragsverlängerung im Frühjahr 1993 zugesagt habe. Der Zeuge H bestätigte seine früher gemachte Aussage, wonach für die Bemessung der Entschädigung außer der langjährigen Konzernzugehörigkeit die Zusage des Zeugen K über die Vertragsverlängerung Verhandlungsgrundlage gewesen sei. Dadurch sei nach seiner Schätzung eine um 30 % bis 1/3 höhere Abfindung vereinbart worden.

Das FG versagte die Anwendung des § 3 Nr. 9 EStG und wandte den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG lediglich auf einen Betrag in Höhe von 300 000 DM an (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 1043).

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung des § 3 Nr. 9, § 24 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 und 2 EStG. Das FG habe den Fall sachlich und rechtlich unzutreffend gewürdigt. Der Kläger und K hätten sich im März 1993 über die Vertragsverlängerung geeinigt. Dies ergebe sich eindeutig aus der Aussage des Zeugen K, so wie sie in den Protokollen über die Zeugeneinvernahmen vom 3. Dezember 1999 und 30. November 2001 festgehalten worden sei. Weitere Einzelheiten hätten nicht vereinbart werden müssen, da die bisherigen Vertrags- oder die Konzernbedingungen (fort)gegolten hätten. Keinesfalls hätte der Kläger schlechter als nach dem bisherigen Vertrag gestellt werden können.

Mit der Abfindung sei auch --wie die Aussage des Zeugen K bestätige-- nicht teilweise die langjährige Tätigkeit des Klägers innerhalb des Konzerns abgegolten worden. Zudem verkenne das FG, dass die Abfindungsregelungen des Konzerns ebenfalls künftig entgehende Einnahmen ersetzen und nicht die bisherige Betriebstreue honorieren sollten.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 29. Juli 1999 dahin zu ändern, dass die Abfindung von 450 000 DM mit einem Teilbetrag von 30 000 DM gemäß § 3 Nr. 9 EStG als steuerfrei und mit dem Restbetrag von 420 000 DM als nach § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 und Abs. 2 Nr. 2 EStG tarifbegünstigte Entschädigung behandelt und die Einkommensteuer 1994 entsprechend herabgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der Kläger habe die verletzte Rechtsnorm nicht bezeichnet. Er wende sich nur gegen Tatsachenfeststellungen des FG, an die der Bundesfinanzhof (BFH) nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden sei. Verfahrensmängel habe der Kläger aber ebenso wenig gerügt wie Verstöße gegen die Denkgesetze. Zudem seien die Aussagen des Zeugen K äußerst unpräzise gewesen. So habe er sich insbesondere nicht mehr daran erinnert, ob er mit dem Kläger die Vertragsverlängerung persönlich oder telefonisch besprochen habe, auf wessen Initiative das Gespräch stattgefunden habe und ob es sich um ein vorbereitendes Gespräch gehandelt habe, in dem die Einzelheiten der Vertragsverlängerung diskutiert werden sollten und ob über die Höhe der Bezüge gesprochen worden sei. Auch habe er eingeräumt, sich nicht mehr an Einzelheiten des Gesprächs zu erinnern. Die Aufteilung der Abfindung in eine Entschädigung und Erfüllung entspreche der Aussage des Zeugen H. Soweit die Abfindung Ansprüche aus der Vereinbarung vom 7. Dezember 1988 gegen den Konzern abgelte, fehle es an einer neuen Rechtsgrundlage.

II.

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Die Entscheidung des FG ist aufzuheben. Der Klage ist insoweit stattzugeben, als der Kläger eine tarifbegünstigte Besteuerung der vollen Entlassungsentschädigung begehrt.

1. Im Ergebnis hat das FG die Voraussetzungen des § 3 Nr. 9 EStG zu Recht verneint.

a) Gemäß § 3 Nr. 9 EStG sind Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses bis zu den dort bezeichneten Höchstbeträgen steuerfrei. Diese Voraussetzungen sind bei Auslaufen eines befristeten Dienstverhältnisses zu dem im Vertrag vorgesehenen Termin nicht erfüllt, denn die Auflösung ist nicht durch den Arbeitgeber veranlasst, sondern beruht auf der früheren Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Befristung (BFH-Urteil vom 18. September 1991 XI R 8/90, BFHE 165, 285, BStBl II 1992, 34).

b) Dasselbe gilt, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Grundsatz über eine Verlängerung des Dienstverhältnisses einig waren.

Der Senat lässt offen, ob das FG die Voraussetzungen für einen sog. offenen Einigungsmangel i.S. des § 154 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu Recht bejaht hat (vgl. z.B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl., § 154 Rz. 2). Auch wenn der Senat --dem Vortrag des Klägers folgend-- davon ausgeht, dass bereits im März 1993 eine Verständigung über die Vertragsverlängerung als solche zustande kam und diese trotz der noch fehlenden Detailregelungen und der nach § 12 des Dienstvertrages vorgesehenen Schriftform nach dem Willen der Vertragsparteien für sie bindend sein sollte, sind die Voraussetzungen des § 3 Nr. 9 EStG nicht erfüllt, denn diese Absprache begründet als solche noch kein "Dienstverhältnis" i.S. des § 3 Nr. 9 EStG.

Zwar ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die Verlängerung eines befristeten Dauerschuldverhältnisses angesichts eines bevorstehenden Ablaufs des bisherigen Vertrages eine Vertragsänderung i.S. des § 305 BGB ist und diese das ursprüngliche Schuldverhältnis unter Wahrung seiner Identität fortbestehen lässt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 30. Juni 1964 V ZR 7/63, BGHZ 42, 333/7; Palandt, a.a.O., § 311 Rz. 3; Löwisch in Staudinger, Kommentar zum Bürgerliches Gesetzbuch, § 305 Rdnr. 63, 64, 70). Dies gilt aber dann nicht, wenn --wie im Streitfall-- die Vertragsparteien sich ein Jahr vor Vertragsablauf über die künftige Verlängerung des Dienstvertrages als solche geeinigt haben, wobei Einzelheiten erst besprochen werden sollten, und es vor allen Dingen an der nach § 12 des Dienstvertrages für Änderungen und Ergänzungen vorgesehenen Schriftform fehlt. Nach Auffassung des Senats ist wegen dieses Schriftformerfordernisses der Dienstvertrag des Klägers durch die mündliche Absprache zwischen ihm und K noch nicht wirksam verlängert worden.

2. Die dem Kläger von der B-GmbH anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses zugesagte Abfindung ist in vollem Umfang ermäßigt zu besteuern.

a) Gemäß § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG unterliegen Entschädigungen einem besonderen Steuersatz.

Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind Entschädigungen Leistungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden. Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen eines Schuldverhältnisses sind, gehören nicht zu den Entschädigungen. Dementsprechend liegt eine Entschädigung nur vor, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. Juli 2002 IX R 29/98, BFH/NV 2003, 21; vom 10. September 1998 IV R 19/96, BFH/NV 1999, 308; vom 6. November 2002 XI R 2/02, BFH/NV 2003, 745, jeweils m.w.N.).

b) Die einem gekündigten Arbeitnehmer geleistete Entschädigung beruht auch dann auf einer neuen Rechtsgrundlage, wenn sie bereits im Dienstvertrag für den Fall der Entlassung vereinbart wurde. Soweit sich aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 27. Februar 1991 XI R 8/87 (BFHE 164, 243, BStBl II 1991, 703) und den sich darauf berufenden Entscheidungen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 165, 285, BStBl II 1992, 34) etwas anderes ergibt, hält der Senat hieran nicht mehr fest.

Die Notwendigkeit einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage folgt aus dem Wortlaut des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Ein "Ersatz" für entgangene oder entgehende Einnahmen liegt vor, wenn die bisherige rechtliche Grundlage für die Einnahme wegfällt und eine andere an ihre Stelle tritt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. März 1975 VIII R 183/73, BFHE 115, 472, BStBl II 1975, 634; in BFH/NV 2003, 21; Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 24 EStG Rdnr. 20; Horn in Hermann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 24 EStG Rdnr. 28). Dieses Erfordernis ist auch dann erfüllt, wenn bereits im Dienstvertrag die Ersatzleistung für den Fall der Entlassung geregelt ist; denn auch dieser nur unter der Voraussetzung einer Kündigung o.Ä. entstehende Ersatzanspruch beruht --verglichen mit dem bisherigen Anspruch auf Erfüllung von Gehaltsforderungen-- auf einem neuen Rechtsgrund (vgl. BFH-Urteile vom 6. Februar 1987 VI R 229/83, BFH/NV 1987, 572; vom 10. Juli 1991 X R 79/90, BFHE 165, 75, unter I.3.). Keine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, sondern Erfüllung im Sinne der genannten Rechtsprechung liegt demgegenüber vor, wenn bzw. solange das Dienstverhältnis fortbesteht und dementsprechend kein "Ersatz", sondern die für die Arbeitsleistung geschuldete Gegenleistung erbracht wird (vgl. z.B. BFH in BFH/NV 2003, 745: bereits verdiente Tantiemen; BFH-Urteil vom 6. März 2002 XI R 51/00, BFHE 198, 468, BStBl II 2002, 516, unter II.2.: bloße Änderung der Zahlungsmodalität; vom 27. November 1991 X R 10/91, BFH/NV 1992, 455). Ebenso wenig wie jede Leistung aufgrund einer Vertragsänderung bereits eine Entschädigung ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. Juli 1993 I R 84/92, BFH/NV 1994, 23; BFH-Beschluss vom 12. Januar 2000 XI B 99/98, BFH/NV 2000, 712), ist jede in einem Vertrag für den Fall der Entlassung vorgesehene Abfindungsregelung eine die Entschädigung ausschließende "Erfüllungsleistung" im Sinne der Rechtsprechung. Bis zu welchem Zeitpunkt bestehende Ansprüche erfüllt bzw. ab welchem Zeitpunkt Ersatzleistungen erbracht werden, richtet sich nach dem Zeitpunkt der wirksamen Vertragsbeendigung (z.B. BFH-Urteile vom 20. Juni 1985 IV R 88/83, BFH/NV 1985, 72; vom 18. Dezember 1981 III R 133/78, BFHE 135, 66, BStBl II 1982, 305).

Insbesondere im Hinblick auf den von § 34 Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG verfolgten Zweck, die Progression bei zusammengeballtem Zufluss von Entschädigungen zu glätten, macht es keinen entscheidungserheblichen Unterschied, ob der Ersatzanspruch bereits mit der Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund Gesetzes (§ 10 des Kündigungsschutzgesetzes), Tarifvertrags, Betriebsvereinbarung bzw. individualvertraglicher Vereinbarung entsteht oder erst anlässlich der Beendigung vereinbart wird (ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. Dezember 1998 IV A5 -S 2290- 18/98, BStBl I 1998, 1512 Tz. 3 Satz 5; BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 572; vom 8. August 1986 VI R 28/84, BFHE 147, 370, BStBl II 1987, 106; Offerhaus, Durchführungsbestimmungen 2000, 396; Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 24 Rz. 10; Jacobs-Soyka in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 24 Rdnr. 12, m.w.N; im Ergebnis ebenso BFH-Urteil vom 25. August 1993 XI R 8/93, BFHE 172, 338, BStBl II 1994, 167).

c) Danach ist die von der B-GmbH geleistete Abfindung in voller Höhe Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.

Sie wurde dem Kläger --ausweislich der Vereinbarung über die Beendigung des Dienstverhältnisses-- "für den Verlust des Arbeitsplatzes", mithin als Ersatz für die ihm künftig entgehenden Einnahmen gezahlt. Dies gilt auch, soweit sie "unter Berücksichtigung und Erfüllung" des Schreibens der G-AG vom 7. Dezember 1988 geleistet wurde; denn auch der Anspruch gegenüber der G-AG setzte die Aufhebung oder Kündigung des Dienstverhältnisses durch die B-GmbH voraus.

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