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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.05.1999
Aktenzeichen: 1 StR 168/99
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 63
StGB § 20
StGB § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 168/99

vom

4. Mai 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Mordes

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 1999 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21. Oktober 1998 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils hat keinen Bestand.

Das Landgericht hat sachverständig beraten festgestellt, die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei wegen einer schizotypischen Persönlichkeitsstörung zum Tatzeitpunkt erheblich vermindert gewesen. Es hat gegen den Angeklagten, den es des Mordes in zwei tateinheitlichen Fällen rechtsfehlerfrei schuldig gesprochen hat, dennoch eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt, weil nach einer Gesamtwürdigung besonders schwerwiegende, zum Ausgleich der Schuldminderung führende Umstände vorlägen.

Bei dieser Abwägung hat das Landgericht jedoch ins Gewicht fallen lassen, daß die Tat des Angeklagten nicht auf seiner Persönlichkeitsstörung beruhe, sondern auf seiner Alkoholisierung, von deren Auswirkungen auf sein Verhalten er wußte (UA S. 65, 66). Diese Erwägung ist widersprüchlich und damit rechtsfehlerhaft. Es geht nicht an, dem Angeklagten einerseits zuzubilligen, eine andere schwere seelische Abartigkeit in der Form einer schizotypischen Persönlichkeitsstörung (vgl. BGHSt 37, 397, 401; BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 24) habe seine Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt erheblich eingeschränkt, andererseits bei der Strafzumessung und bei der Entscheidung über eine Unterbringung nach § 63 StGB darauf abzustellen, die Tat beruhe nicht auf der Persönlichkeitsstörung, sondern auf der - vorwerfbar herbeigeführten - Alkoholisierung.

Es verhält sich auch nicht so, daß sich den Feststellungen entnehmen ließe, die Persönlichkeitsstörung habe sich auf die Tat nicht ausgewirkt. Das Landgericht legt dazu im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB dar, der Angeklagte weise ein eher hohes Kränkungspotential auf. Bei der Erörterung einer Liebesbeziehung zwischen den Tatopfern im Rahmen der Exploration sei sein Erregungsspiegel sehr heftig gewesen. Im Einklang damit steht, daß das Schwurgericht bei der rechtlichen Würdigung darauf abhebt, der Angeklagte habe aus Eifersucht gehandelt und außerdem aus Wut darüber, daß ihm sein sodomitisches Verhalten vorgeworfen worden war. Es ist daher ein Mangel, wenn im Rahmen der Strafzumessung andererseits ausgeführt wird, der Angeklagte sei an sich ein umgänglicher und freundlicher Mensch, der nur unter Alkoholeinfluß ausfallend und aggressiv werde.

Eine Abwägung dahingehend, daß schulderhöhende Umstände, die an sich wegen der erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit gebotene Strafmilderung ausgeglichen hätten, wird daher im eigentlichen Sinne nicht vorgenommen. Vielmehr negiert das Landgericht die Auswirkungen der Persönlichkeitsstörung, ohne dafür tragfähige Gründe anzuführen.

Mit der Aufhebung des Strafausspruchs muß auch die Frage der Unterbringung erneut geprüft werden; ihre Verneinung ist gleichfalls von dem Mangel betroffen.

Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Ende der Entscheidung

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