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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 1 StR 209/01
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 64 Abs. 1
StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 209/01

vom

28. Juni 2001

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juni 2001 beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2001, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

II. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 41 Fällen unter Einbeziehung einer anderweit verhängten Strafe zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision hat teilweise Erfolg.

Das angefochtene Urteil leidet an dem rechtlichen Mangel, daß die Strafkammer die Frage einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht erörtert hat. Die zugrundeliegende tatsächliche Würdigung zum Drogenkonsum des Angeklagten ist überdies lückenhaft.

Hat ein Täter den Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird er wegen einer auf den Hang zurückzuführenden rechtswidrigen Tat verurteilt, so muß nach § 64 Abs. 1 StGB das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, daß er auch in Zukunft infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung darf nur unterbleiben, wenn eine Entziehungskur von vornherein aussichtslos erscheint (§ 64 Abs. 2 StGB). Ob von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu Recht abgesehen worden ist, kann vom Revisionsgericht auf die Sachrüge hin überprüft werden, auch wenn nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (BGHSt 37, 5; BGHR StGB § 64 Ablehnung 5). Anlaß hierfür wird allerdings nur dann bestehen, wenn es nach den Urteilsfeststellungen nahe liegt, daß die Voraussetzungen für eine Unterbringungsanordnung gegeben sind, eine Prüfung sich insoweit für den Tatrichter daher aufdrängt (BGHSt 37, 5, 9; BGHR StGB § 64 Ablehnung 5).

So lag es hier. Der Angeklagte wurde erstmals im Jahre 1994 wegen Besitzes von Betäubungsmitteln (Haschisch, LSD) verurteilt. Auch in den Jahren 1997, 1998 und 2000 ergingen Urteile gegen ihn, weil er u.a. Heroin besessen und zum Teil auch damit unerlaubt Handel getrieben hatte. Angesichts dieser Feststellungen zum Werdegang durfte die Kammer die Einlassung des Angeklagten, zum Heroin sei er erst kurz vor seiner Festnahme gekommen, habe dann jedoch täglich alsbald drei bis fünf Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 20 Prozent konsumiert, nicht ohne weiteres als taktisch motiviert und nicht überzeugend behandeln (vgl. dazu näher UA S. 13). Vielmehr hätte es die Angaben des Angeklagten auch im Lichte seiner Vorverurteilungen würdigen und - jedenfalls kurz - die Frage erörtern müssen, ob bei ihm die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 StGB vorliegen. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit. Der Senat schließt aus, daß dies Folgen für den Strafausspruch haben kann.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

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