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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 19.10.1999
Aktenzeichen: 1 StR 264/99
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 331
StGB § 332 Abs. 1
StGB § 332 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichungen bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 StR 264/99

vom

19. Oktober 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Bestechlichkeit u.a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Oktober 1999, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer

und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Maul, Dr. Granderath, Dr. Brüning, Dr. Boetticher,

Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 15. Dezember 1998 aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Vorteilsannahme in 15 Fällen verurteilt ist; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieser Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in 11 Fällen, Vorteilsannahme in 15 Fällen und Untreue in 26 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Soweit dem Angeklagten Taten vor dem 1. November 1991 zur Last gelegt wurden, ist das Verfahren wegen Verjährung eingestellt worden. Im übrigen wurde der Angeklagte freigesprochen. Die Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet das landgerichtliche Urteil mit der Sachrüge insoweit, als der Angeklagte wegen Vorteilsannahme verurteilt ist; sie meint, er hätte sich auch in diesen Fällen der Bestechlichkeit schuldig gemacht. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Der Angeklagte war als Oberarzt des Kreiskrankenhauses O. für die Bestellung von Herzschrittmachern zuständig. In dieser Eigenschaft bestellte er solche Geräte in 26 Fällen ausschließlich bei einer Lieferfirma in Italien ohne Vereinbarungen über mögliche Rabatte zu treffen; statt dessen ließ er sich selbst in 11 Zahlungen insgesamt den Betrag von 184.400 DM ausbezahlen, was ziemlich genau 15 % der Bestellsumme ausmachte. Insoweit ist er wegen Bestechlichkeit verurteilt. Daneben ließ sich der Angeklagte zusammen mit seiner Ehefrau in 13 Fällen innerhalb der fraglichen Zeit von der Lieferfirma zu aufwendigen Essen in Gourmet-Restaurants einladen und nahm - ebenfalls mit seiner Ehefrau - an zwei mehrtägigen Reisen an den Sitz der Lieferfirma in Italien teil. Hinsichtlich dieser Einladungen ist das Landgericht davon ausgegangen, daß der Angeklagte dadurch Vorteile im Sinne des § 331 StGB für seine Dienstausübungen angenommen hat. Diese Einladungen seien auch in der Hoffnung auf künftige Bestellungen erfolgt, doch habe nicht festgestellt werden können, daß der Angeklagte sich durch ihre Annahme bestechlich im Sinne des § 332 Abs. 1, 3 StGB gezeigt habe. Dieses Beweisergebnis ist zu beanstanden, weil es nicht auf einer umfassenden Erörterung der wesentlichen vom Landgericht festgestellten Umstände beruht.

2. Den pflichtwidrigen Bestellungen des Angeklagten und den deshalb an ihn geleisteten Zahlungen lag eine etwa im Jahre 1989 getroffene Vereinbarung mit einem Außendienstmitarbeiter der Lieferfirma zugrunde, wonach der Angeklagte für seine Bestellungen "Bonus"-Zahlungen in Höhe von etwa 15 % des Umsatzes erhalten sollte. Nach den Feststellungen wurden die sich bis zum Jahre 1995 erstreckenden Bestellungen und Zahlungen auf der Basis dieser Grundvereinbarung - für die das Landgericht zutreffend Verfolgungsverjährung angenommen hat (vgl. BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1) - getätigt. Bei einer so lang andauernden Verbindung ist der vom Landgericht getroffene Schluß, die Einladungen seien in der Hoffnung auf zukünftige Bestellungen und damit weitere "Zusammenarbeit" erfolgt, gerechtfertigt. Das wurde nach den Feststellungen auch vom Angeklagten so verstanden (UA S. 11).

Wenn das Landgericht demgegenüber meint nicht feststellen zu können, daß der Angeklagte zu erkennen gegeben habe, daß die Einladungen bei der Entscheidung für weitere Bestellungen eine Rolle spielen würden, wird diese Annahme der gesamten Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Lieferfirma nicht gerecht. Für deren Mitarbeiter mußte sich aus der Annahme der Einladungen der Schluß aufdrängen, der Angeklagte sei weiter an der bisherigen "Zusammenarbeit" interessiert. Andererseits mußte der Angeklagte sich dazu bei der Annahme der jeweiligen Vorteile nicht ausdrücklich äußern; es genügte, daß er sich schlüssig bereit zeigte, auch weiterhin bei den von ihm getätigten Bestellungen seine Pflichten zu verletzen. Auch die zeitlichen Zusammenhänge sprechen dafür, daß zwischen Annahme der Einladungen und Bestellung ein erkennbarer Zusammenhang bestand; so erfolgte die erste Einladung zu einem Essen am 12. Dezember 1991, und bereits am nächsten Tage, dem 13. Dezember 1991 gab der Angeklagte eine erneute Bestellung im Umfang von 59.866 DM auf, und auch in weiteren Fällen folgte der Einladung alsbald eine Bestellung. Alle diese Umstände hat das Landgericht nicht erörtert.

3. Der Schuldspruch - nur - wegen Vorteilsannahme in den angeführten Fällen kann daher keinen Bestand haben. Der Senat sieht sich jedoch nicht in der Lage, den Schuldspruch auf Bestechlichkeit umzustellen. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer tatsächlichen Feststellung, die aus den dargelegten Gründen zwar anfechtbar ist, vom Revisionsgericht jedoch nicht ersetzt werden kann. Jedoch können die Feststellungen zum äußeren Sachverhalt der Einladungsfälle aufrechterhalten bleiben.

4. Mit der Aufhebung des Urteils in den Fällen der Vorteilsannahme entfällt auch die Gesamtstrafe.

Ende der Entscheidung

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