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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.07.2000
Aktenzeichen: 1 StR 292/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 1
StPO § 302 Abs. 1 Satz 1
StPO § 302 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 292/00

vom

26. Juli 2000

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2000 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 5. April 2000 wird als unzulässig verworfen.

Er trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

Zutreffend hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:

"Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 14 Fällen sowie in einem weiteren Fall der Beihilfe zum unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt.

Die Revision ist unzulässig, weil der Angeklagte wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Die vom Angeklagten selbst mit Schreiben vom 7. April 2000 - eingegangen beim Landgericht Heidelberg am 10. April 2000 (Bd. III, Bl. 1007 d.A.) - eingelegte Revision gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg - Strafkammer 1 - vom 5. April 2000 ist unzulässig. Zuvor hatte bereits der damalige Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt R. aus Mannheim, durch Schreiben vom 6. April 2000 - eingegangen beim Landgericht Heidelberg am selben Tag - namens des Angeklagten Rechtsmittelverzicht erklärt (Bd. III, Bl. 1005 d.A.).

Der Angeklagte hatte an diesem Tage, nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt R. ausdrücklich mündlich ermächtigt, einen Rechtsmittelverzicht zu erklären. Eine bestimmte Form ist für die Ermächtigung nicht vorgeschrieben, sie kann schriftlich, mündlich - wie vorliegend - und auch fernmündlich erteilt werden (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO, 44. Aufl., § 302 Rdn. 32 m.w.N.). Es kann deshalb dahinstehen, ob die vom Angeklagten seinem Verteidiger vor Erlass des landgerichtlichen Urteils erteilte allgemeine Prozessvollmacht, die den Verteidiger unter anderem ermächtigt, Rechtsmittel einzulegen und zurückzunehmen (Bd. I, Bl. 65 d.A.), als 'ausdrückliche Ermächtigung' im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO anzusehen ist (vgl. auch BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 3). Der Verteidiger hat den Rechtsmittelverzicht nämlich nicht auf Grund der ihm allgemein erteilten Prozessvollmacht erklärt, sondern auf Anfrage des Vorsitzenden der Strafkammer 1 des Landgerichts Heidelberg versichert, der Angeklagte habe ihn hierzu nach der eingehenden Beratung ausdrücklich (mündlich) ermächtigt (vgl. Aktenvermerk vom 13. April 2000, Bd. III, Bl. 1059 f. d.A.).

Der Rechtsmittelverzicht wurde mit seinem Eingang beim Landgericht Heidelberg am 6. April 2000 wirksam (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO, § 302 Rdn. 8); an diesem Tag trat daher die Rechtskraft des Urteils ein.

Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2000 trägt die jetzige Verteidigerin des Angeklagten vor, der Rechtsmittelverzicht sei unwirksam, und führt im Wesentlichen aus, Rechtsanwalt R. sei nicht bevollmächtigt gewesen, Rechtsmittelverzicht zu erklären, im Übrigen sei sich der Angeklagte am 6. April 2000 - selbst nach dem Beratungsgespräch mit Rechtsanwalt R. - über die mit einem Rechtsmittelverzicht einhergehenden Konsequenzen noch nicht im Klaren gewesen (Bd. III, Bl. 1079 ff.).

Mit diesem Vorbringen kann der Angeklagte nicht gehört werden. Die wirksame Bevollmächtigung ergibt sich aus den Angaben von Rechtsanwalt R. . Dass der Angeklagte nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage mit seinem damaligen Verteidiger die Tragweite des Rechtsmittelverzichts verkannt haben will, ist nicht haltbar, zumal nicht dargelegt wird, weshalb der Angeklagte die Wirkungen eines Rechtsmittelverzichts noch immer nicht erfasst haben sollte. Gegen das Vorbringen insgesamt spricht auch der Umstand, dass der Angeklagte bereits nach Urteilsverkündung und erteilter Rechtsmittelbelehrung, allerdings ohne vorherige Absprache mit seinem Verteidiger, erklärte, er verzichte auf Rechtsmittel (vgl. dienstliche Erklärung des Vorsitzenden der Strafkammer 1 des Landgerichts Heidelberg vom 10. April 2000, Bd. III, Bl. 1011 d.A.).

Der wirksam erklärte Verzicht kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Prozesshandlung weder widerrufen noch angefochten oder sonst zurückgenommen werden (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 1 m.w.N.; BGH NStZ 1999, 526).

Dass der Angeklagte anderen Sinnes geworden ist, nunmehr Wert auf die Durchführung der Revision legt und die Abgabe der Verzichtserklärung offensichtlich nachträglich bereut, vermag an ihrer Wirksamkeit nichts zu ändern. Auch eine möglicherweise unüberlegte und zu voreilige Annahme des Urteils durch den Angeklagten steht dem nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 9. September 1997 - 4 StR 422/97 -).

Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts führen könnten (vgl. Ruß in KK StPO, 4. Aufl., § 302 Rdn. 13), sind nicht ersichtlich.

Die trotz wirksamen Rechtsmittelverzichts eingelegte Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen."

Ergänzend ist zu bemerken: Dem Vorbringen des Angeklagten in seinem Schreiben vom 9. Juli 2000, ein Rechtsmittelverzicht vor Ablauf der Einlegungsfrist sei niemals abgesprochen gewesen, und sein Verteidiger sei dazu auch nicht bevollmächtigt gewesen, folgt der Senat nicht.

Ende der Entscheidung

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