Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.08.2001
Aktenzeichen: 1 StR 316/01
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 316/01

vom

22. August 2001

in der Strafsache

gegen

wegen Anstiftung zum versuchten Mord u.a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2001 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 10. April 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Anstiftung zum versuchten Mord und zur gefährlichen Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten ist zum Schuldspruch unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO. Jedoch hält der Strafausspruch rechtlicher Prüfung nicht stand, soweit das Landgericht die uneingeschränkte Schuldfähigkeit der Angeklagten bejaht hat.

1. Das Landgericht ist hierbei dem Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen gefolgt, die zwar wegen einer Persönlichkeitsstörung das Vorliegen einer schweren anderen seelischen Abartigkeit bejaht, eine hierauf beruhende erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit der Angeklagten jedoch ausgeschlossen hat. Begründet wurde dies mit dem geordneten, zielgerichteten, lange geplanten Tatablauf. Zudem habe mangels Provokation des Opfers keine schwere affektive Erschütterung vorgelegen.

2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Wird eine schwere andere seelische Abartigkeit festgestellt, die als Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit nach dem Gesetz jeweils nur dann in Betracht kommt, wenn Symptome von beträchtlichem Gewicht vorliegen, deren Folgen den Täter vergleichbar schwer stören, belasten oder einengen wie krankhafte seelische Störungen, so liegt es nahe, dieser Form der Persönlichkeitsstörung - sofern sie zu keinem Ausschluß der Schuldfähigkeit führt - die Wirkung einer von § 21 StGB geforderten erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit zuzurechnen (st. Rspr., vgl. nur BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 10, 20, 23; BGH NStZ 1996, 380; BGH StraFo 2001, 249).

b) Daher hätte das Landgericht die Auffassung, daß trotz der Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit keine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit gegeben war, näher erläutern müssen (vgl. BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 10; BGH NStZ 1996, 380). Die vom Landgericht angeführten Begründungen sind insoweit nicht tragfähig:

Daß die Angeklagte überlegt und zielgerichtet gehandelt hat, schließt erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit nicht aus. Auch bei geplantem und geordnetem Vorgehen kann die Fähigkeit erheblich eingeschränkt sein, Anreize zu einem bestimmten Verhalten und Hemmungsvorstellungen gegeneinander abzuwägen und danach den Willensentschluß zu bilden (vgl. BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 14, 25; BGH StV 2000, 17; BGH StraFo 2001, 249 m.w.N.).

Auch das Abstellen auf eine affektive Erschütterung - die das Merkmal der tiefgreifenden Bewußtseinsstörung erfüllen kann - geht fehl. Bei dem Merkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit war nämlich in erster Linie zu prüfen, ob die Angeklagte allein infolge ihrer Persönlichkeitsstörung in der fraglichen Zeit einem zur Tat führenden starken Motivationsdruck ausgesetzt war, wie er sonst in vergleichbaren Situationen bei anderen Straftätern nicht vorhanden ist, und ob dadurch ihre Fähigkeit, sich normgerecht zu verhalten, deutlich vermindert war (vgl. BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 14; BGH StV 2000).



Ende der Entscheidung

Zurück