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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.11.1999
Aktenzeichen: 1 StR 555/99
Rechtsgebiete: StPO, BtMG


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 und 4
StPO § 265
BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 6 b
BtMG § 31
Hat ein V-Mann der Polizei den Angeklagten dazu gedrängt, mit großen Mengen Betäubungsmitteln Handel zu treiben, dann ist dies bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 555/99

vom

9. November 1999

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten G. wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 23. Juni 1999, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte im Fall B I 2 des unerlaubten Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch (§ 29 Abs. 1 Nr. 6 b BtMG) schuldig ist;

b) im Ausspruch über die im Fall B III verhängte Einzelstrafe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1. Im Fall B I 2 stellte der Angeklagte den Brüdern A. ein Gramm Speed zum gemeinsamen Konsum zur Verfügung. Diese ersichtlich dem unmittelbaren Verbrauch dienende Tatmodalität ist ein Überlassen im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 6 b BtMG (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 10 Gelegenheit 1), das den unerlaubten Besitz verdrängt. Der Schuldspruch war entsprechend zu ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen.

2. Die im Falle B III verhängte Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren kann keinen Bestand haben, weil das Landgericht die Besonderheiten des Falles nicht genügend berücksichtigt hat. Der Angeklagte war am 26. November 1997 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. In der Folge blieb er in die Rauschgiftszene eingebunden, erwarb aber nur noch Amphetamin, Speed und Ecstasy in Kleinstmengen; in einem Falle verkaufte er in Gewinnerzielungsabsicht ein Gramm Speed (Fälle B I 1-5). Im Sommer 1998 wurde er von S. , der mit der Polizei zusammenarbeitete, angesprochen, ob er nicht eine größere Menge Amphetamin besorgen könne; auf Drängen des S. bestellte er für diesen bei Se. A. , von dessen Einkaufsfahrten in die Niederlande er wußte, ein Kilogramm Amphetamin, worauf A. mindestens 900 Gramm Amphetamin besorgte.

Das Landgericht hat "in gewisser Weise zugunsten des Angeklagten" berücksichtigt, "daß dieser durch eine dritte Person unter Überwachung der Polizei zu der Tat angeregt worden ist". Das genügt nicht. Der Angeklagte war von S. nicht nur angeregt, sondern gedrängt worden. Auch die große Menge von einem Kilogramm ergab sich nicht aus der Initiative des Angeklagten, sondern aus der Bestellung des V-Mannes; das Landgericht hätte daher bei der Strafzumessung berücksichtigen müssen, daß der Menge hier nur beschränkt strafschärfende Wirkung zukommen kann (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 15). Die in diesem Falle verhängte Einzelstrafe von drei Jahren kann deshalb keinen Bestand haben.

Die weiteren Einzelstrafen bewegen sich mit einem oder zwei Monaten im untersten Bereich und werden von der Aufhebung der Einsatzstrafe nicht berührt.

Hinsichtlich der Gesamtstrafe, die wegen der Aufhebung der Einsatzstrafe keinen Bestand hat, ist darauf hinzuweisen, daß das Landgericht im Rahmen ihrer Bildung dem Angeklagten Aufklärungshilfe gemäß § 31 BtMG zugute hält, ohne daß deutlich wird, ob die vom Angeklagten geleistete, über seinen Fall hinausgehende Aufklärungshilfe überhaupt im Zusammenhang mit den abgeurteilten Taten steht, was Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift wäre (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Tat 1-3) und ohne daß Feststellungen dazu getroffen sind, worin der Aufklärungserfolg bestand und welches Gewicht er hatte.

3. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.

Die Sache war an eine allgemeine Strafkammer zurückzuverweisen (vgl. BGHSt 35, 267; BGHR StPO § 354 Abs. 2 Jugendkammer 2).

Ende der Entscheidung

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