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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 31.03.1999
Aktenzeichen: 2 ARs 153/99
Rechtsgebiete: StGB, BtMG, StPO, DNA-IFG


Vorschriften:

StGB § 20
StGB § 63
BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4
StPO § 81e
StPO § 81f
StPO § 81g
StPO § 14
StPO § 162 Abs. 1 Satz 1
StPO § 81g Abs. 2
StPO § 462a Abs. 2 u. 3
DNA-IFG § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 ARs 153/99 2 AR 48/99

vom

31. März 1999

in der Strafsache

gegen

Az.: 30 Js 284/96 Staatsanwaltschaft Krefeld

Az.: 30 VRs 507/97 Staatsanwaltschaft Krefeld

Az.: 108 Qs 7/99 Landgericht Köln

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 31. März 1999 beschlossen:

Der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Köln hat über den Antrag der Staatsanwaltschaft Krefeld vom 14. Januar 1999 zu befinden.

Gründe:

Der Generalbundesanwalt hat ausgeführt:

"1. Der bis dahin 14mal vorbestrafte W. wurde durch Urteil des Landgerichts Krefeld vom 28. Februar 1997 wegen erwiesener Schuldunfähigkeit i.S. von § 20 StGB vom Vorwurf der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) freigesprochen; zugleich ordnete das Landgericht gemäß § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Das Urteil wurde am Tage seiner Verkündung rechtskräftig; die Maßregel wird z.Zt. in den Rheinischen Kliniken Köln vollzogen.

Die Staatsanwaltschaft Krefeld beantragte am 14. Januar 1999 beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Krefeld gemäß § 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes (DNA-IFG) vom 7. September 1998 (BGBl. I S. 2646) i.V.m. §§ 81e, 81f und 81g StPO, daß dem Untergebrachten eine Speichelprobe zu entnehmen und diese durch einen Sachverständigen des Landeskriminalamtes Düsseldorf molekulargenetisch zu untersuchen sei. Das Amtsgericht Krefeld hat unter Hinweis auf seine örtliche Unzuständigkeit den Erlaß des beantragten Beschlusses abgelehnt. Auch das daraufhin von der Staatsanwaltschaft angerufene Amtsgericht Köln hält sich für örtlich unzuständig; dieser Rechtsauffassung ist das Landgericht Köln in seiner Beschwerdeentscheidung vom 18. Februar 1999 beigetreten.

Da die Amtsgerichte Köln und Krefeld in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken liegen, ist der Bundesgerichtshof gemäß § 14 StPO als gemeinschaftliches Oberes Gericht zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreites berufen.

2. Der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Köln ist für die Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft Krefeld vom 14. Januar 1999 gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO örtlich zuständig.

a) Die beantragte richterliche Untersuchungshandlung fällt in den sachlichen Zuständigkeitsbereich der Strafgerichte, nicht in den der Verwaltungsgerichte oder des nach dem FGG zuständigen Richters (OLG Zweibrücken NJW 1999, 300; OLG Celle, Beschluß vom 22. Dezember 1998 - 3 ARs 71/98; LG Karlsruhe NJW 1999, 301; Lemke in HK, 2. Aufl. § 81g Rdn. 15; KK StPO - Senge, 4. Aufl. § 81g Rdn. 11; derselbe NJW 1999, 253, 255). Die entgegenstehende Auffassung (LG Berlin NJW 1999, 302; AG Landau NJW 1999, 303) kann sich zwar darauf stützen, daß der Antrag auf Entnahme von Körperzellen und deren molekulargenetische Untersuchung in den sogenannten 'Altfällen' seine alleinige Rechtsgrundlage in § 2 DNA-IFG, und damit in einer Norm außerhalb der Strafprozeßordnung hat, daß die Untersuchung außerhalb eines anhängigen Strafverfahrens erfolgt und daß es sich (scheinbar) um eine rein präventive Maßnahme der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung handelt, die der Beweissicherung in einem künftigen Strafverfahren dienen soll (vgl. dazu näher Senge NJW 1999 aaO). Dennoch ist die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte zu bejahen. Denn richterliche Untersuchungshandlungen nach § 2 DNA-IFG stellen sich, da ihr Ziel die Beweissicherung für künftige Strafverfahren ist, als Strafverfolgungsmaßnahmen im weiteren Sinne dar. Es handelt sich auch um eine Art 'Annexentscheidung' im Anschluß an ein abgeschlossenes Strafverfahren und schließlich erfordert die richterliche Entscheidung nach § 81g Abs. 2 StPO, auf die § 2 DNA-IFG verweist, eine Gefahrenprognose (vgl. dazu KK StPO-Senge 4. Aufl. § 81g Rdn. 5), die strafrichterliche Erfahrungen voraussetzt.

b) Innerhalb der Strafgerichtsbarkeit hat der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts und nicht das ursprünglich mit der Sache befaßte erkennende Gericht oder die Strafvollstreckungskammer über Anträge nach § 2 DNA-IFG zu entscheiden (ebenso OLG Zweibrücken aaO; OLG Celle aaO; AG Bad Kreuznach NJW 1999, 303; Lemke in HK 2. Aufl. § 81g StPO Rdn. 15 aE; Senge NJW 1999, 23, 256). Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts endet mit Ausnahme der in § 462a Abs. 2 und Abs. 3 StPO umschriebenen Aufgaben mit dem rechtskräftigen Abschluß einer Strafsache (OLG Celle aaO). Hinzu kommt, daß in den Anwendungsbereich von § 2 DNA-IFG auch Sachverhalte fallen, in denen es zu einer Entscheidung durch ein erkennendes Gericht gar nicht gekommen ist (vgl. Senge NJW 1999 aaO).

c) Im vorliegenden Fall ist die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Köln gegeben, weil die beantragte richterliche Untersuchungshandlung mit der Entnahme der Körperzellen im Bezirk des Amtsgerichts Köln ihren Anfang nehmen soll. Der in der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Köln vertretenen Rechtsauffassung, es lägen zwei rechtlich isoliert zu betrachtende richterliche Untersuchungshandlungen vor - Anordnung der Körperzellenentnahme und Anordnung ihrer molekulargenetischen Untersuchung - kann nicht gefolgt werden. Gegen diese Auffassung spricht bereits, daß die Entnahme von Körperzellen nach § 2 DNA-IFG i.V.m. § 81g Abs. 1 StPO nur als Vorstufe einer molekulargenetischen Untersuchung zulässig ist (KK StPO-Senge 4. Aufl. § 81a Rdn. 2). Die vorgeschaltete Körperzellenentnahme und die nachfolgende - im Regelfall aber zugleich ergehende - Anordnung ihrer molekulargenetischen Untersuchung stellen sich rechtlich als einheitliche Untersuchungshandlung dar, die auf die Gewinnung auch nur eines Erkenntnisses gerichtet ist. Daraus folgt, daß die isolierte Beantragung einer Körperzellenentnahme auf der Rechtsgrundlage des DNA-IFG rechtlich unzulässig wäre; der angerufene Richter hat in Fällen, in denen Körperzellen noch entnommen werden müssen, zugleich zu entscheiden, ob die Entnahme der Körperzellen und ihre molekulargenetische Untersuchung mit dem Ziel der Erstellung eines DNA-Identifizierungsmusters nach den gesetzlichen Vorgaben des § 81g Abs. 1 StPO zulässig sind.

Da die beantragte Untersuchungshandlung sich zunächst im Amtsgerichtsbezirk Köln auswirken wird, ist dieses Gericht nach der Regelung des § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO örtlich zuständig. Daß die molekulargenetische Untersuchung der entnommenen Körperzellen im Amtsgerichtsbezirk Düsseldorf erfolgen soll, hat keinen Einfluß auf die bestehende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Köln (so mit Recht AG Bad Kreuznach NJW 1999, 303)."

Dem tritt der Senat bei.

Ende der Entscheidung

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