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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.08.1999
Aktenzeichen: 2 BJs 70/98 - 8
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 129 Abs. 1
StGB § 129 a
StPO § 116
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 BJs 70/98 - 8 AK 10 u. 11/99

vom

11. August 1999

in dem Ermittlungsverfahren

gegen

1.

2.

wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschuldigten am 11. August 1999 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:

Die Beschuldigten Y. und Vezir T. befinden sich seit dem 4. Februar 1999 aufgrund der Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 18. November 1998 in Untersuchungshaft. Sie sind, wie in den Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs zutreffend ausgeführt wird, dringend verdächtig, seit spätestens Anfang 1998 als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 StGB innerhalb der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) systematisch und permanent unerlaubte Einreisen von PKK-Funktionären in das Bundesgebiet, deren illegalen Aufenthalt und konspirative Reiseaktivitäten zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Ausland organisiert zu haben. Zu diesem Zweck verfälschten die Beschuldigten - so der weitere Tatvorwurf - gemeinschaftlich mit anderen handelnd eine große Zahl von Ausweisdokumenten, mit denen sie den Reisekadern der PKK eine falsche Identität verschafften und Aufenthaltsgenehmigungen in der Bundesrepublik Deutschland vortäuschten. Zur Erfüllung dieser und anderer logistischer Aufgaben für die PKK bildeten die Beschuldigten in der Bundesrepublik Deutschland mit mindestens einem weiteren PKK-Kader eine mit fest umrissenen Kompetenzen und Aufgaben autorisierte Personenorganisation. Innerhalb der PKK wird diese Organisation als "Heimatbüro" bezeichnet. Als professionelle Kader gehörten die Beschuldigten dem Funktionärskörper der PKK an, die in Europa durch die "Europäische Frontzentrale" (Avrupa Cephe Merkezi - ACM) geführt wird und nach außen als Europavertretung der "Nationalen Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) auftritt. Die weiteren Ermittlungen haben den Tatverdacht bestätigt und darüber hinaus aufgedeckt, daß die Beschuldigten die ihnen zur Last gelegten Straftaten bereits seit spätestens August 1996 begangen haben.

Wegen der Einzelheiten der Tatvorwürfe und wegen des dringenden Tatverdachts nimmt der Senat auf die eingehende Begründung in den Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs Bezug. Bei den Beschuldigten bestehen aus den in den Haftbefehlen genannten Gründen die Haftgründe der Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft ist nicht unverhältnismäßig, da die Beschuldigten im vorliegenden Verfahren eine erhebliche Freiheitsstrafe zu erwarten haben. Der Zweck der Untersuchungshaft kann nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen nach § 116 StPO erreicht werden.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die kurz vor ihrem Abschluß stehenden Ermittlungen bereiteten den Ermittlungsbehörden besondere Schwierigkeiten:

In der weit verzweigten illegalen Parteiorganisation der PKK verhielten sich die Beschuldigten wie auch ihre zahlreichen Unterstützer und Mittäter konspirativ. Wie alle Führungskader der PKK benutzten auch die Beschuldigten Decknamen. Sie wechselten ständig ihren Aufenthaltsort, ihre Fahrzeuge und ihre zur Verständigung benutzten Mobilfunkanschlüsse. Die zum Eindringen in die Organisation nahezu ausschließlich erfolgversprechende Überwachung ihrer Telekommunikation erforderte umfangreiche und schwierige Analysen der von den Beschuldigten und ihren Gesprächspartnern gebrauchten Code-Begriffe, verschlüsselten Redewendungen und Andeutungen. Das Aufdecken ihres Zusammenwirkens, ihrer Verbindungen zu den Führungskadern der PKK, ihrer Verantwortlichkeit für die ermittelten einzelnen Straftaten sowie das Erkennen ihrer Unterstützer, deren Wohnungen, Pkw's und Vermittlung von Nachrichten sich die Beschuldigten bedienten, war notgedrungen sehr langwierig. Der Generalbundesanwalt hat mitgeteilt, daß die Anklageerhebung derzeit vorbereitet wird und für September 1999 geplant ist.

Im Haftprüfungsverfahren hatte der Senat nicht darüber zu befinden, ob die kriminelle Vereinigung, der die Beschuldigten angehören sollen, wenigstens zu Beginn der angenommenen Tatzeit als eine terroristische Vereinigung im Sinne des § 129 a StGB zu bewerten ist.



Ende der Entscheidung

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