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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: 2 StE 11/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 116
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StE 11/00 StB 21, 22, 26/01

vom

20. Dezember 2001

in dem Strafverfahren

gegen

wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 20. Dezember 2001 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Angeklagten gegen den Beschluß des Kammergerichts in Berlin vom 25. September 2001 werden verworfen.

Die Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.

Gründe:

Der Senat hat die Frage der Untersuchungshaft der Angeklagten bereits mehrfach geprüft, und zwar hinsichtlich B. zuletzt mit Beschluß vom 23. August 2001 (StB 14/01), hinsichtlich G. mit Beschluß vom 23. Mai 2001 (StB 10/01) und hinsichtlich H. mit Beschluß vom 23. Mai 2001 (StB 11/01).

Mit Beschluß vom 25. September 2001 hat das Kammergericht die Anträge der Angeklagten auf Aufhebung, hilfsweise Außervollzugsetzung der Haftbefehle abgelehnt. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Angeklagten sind nicht begründet. Die Voraussetzungen der Fortdauer der Untersuchungshaft haben sich gegenüber den Vorentscheidungen des Senats nicht maßgeblich verändert.

1. Dringender Tatverdacht ist nach wie vor gegeben. Der Senat hatte hierzu in den vor Beginn der Hauptverhandlung ergangenen Haftentscheidungen mehrfach Stellung genommen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug. Das Kammergericht hat in der angefochtenen Entscheidung dazu ausgeführt, daß das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung die Annahme eines dringenden Tatverdachts nicht nur nicht in Frage stellt, sondern weiter bestätigt. Diese Wertung der aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse durch das Tatgericht ist der Nachprüfung des Senats im Beschwerdeverfahren nur in begrenztem Maße zugänglich (vgl. BGH, Beschl. vom 15. September 1995 - StB 43/95). Soweit in der Beschwerdebegründung der Angeklagten B. und G. der Versuch unternommen wird , tatsächliche oder scheinbare Widersprüche aufzuzeigen, hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 23. November 2000 (AK 15/00) ausgeführt, daß es Aufgabe der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ist, etwaigen Widersprüchen nachzugehen. Er hat ferner in seinem Beschluß vom 4. August 2000 (AK 8/00) dargelegt, daß bei dem außergewöhnlichen Umfang der Aussage des Zeugen M. Abweichungen in einzelnen Details nicht gegen seine grundsätzliche Glaubwürdigkeit sprechen müssen.

2. Das Verfahren ist auch weiterhin mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung betrieben worden. Der besondere Umfang des Verfahrens gegen mehrere Angeklagte, verbunden mit der Schwierigkeit, länger zurückliegende Vorgänge in einer mit konspirativen Mitteln arbeitenden terroristischen Vereinigung aufzuklären, hat bislang den Erlaß eines Urteils noch nicht zugelassen. Zwar hat sich im Laufe der Hauptverhandlung herausgestellt, daß die Protokolle über Telefonüberwachungsmaßnahmen betreffend den Zeugen M. für die Zeit ab September 1999 aufgrund eines Versehens des ermittelnden Bundeskriminalamts bei der Zusammenstellung der Sachakten für den Generalbundesanwalt nicht dokumentiert worden sind. Soweit von den Verteidigern der Verdacht geäußert wird, diese Akten seien ihnen und dem Gericht bewußt vorenthalten worden, haben sich dafür keine Anhaltspunkte ergeben. Denn auch die bislang vorliegenden Sachakten haben nicht nur die für diesen Zeitraum ergangenen Überwachungsanordnungen des Ermittlungsrichters, sondern auch die von der Bundesanwaltschaft für entscheidungsrelevant angesehenen Gesprächspassagen enthalten.

Das Kammergericht hat dabei zu Recht darauf hingewiesen, daß den übrigen Protokollen eine allenfalls geringe und nur mittelbare Beweisbedeutung zukommt, da die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Vorgänge mehr als vier Jahre vor der Überwachung lagen. Soweit die Beschwerdebegründung des Verteidigers Rechtsanwalt K. zum Beleg für die Beweisbedeutung der Protokolle die Aussage des Zeugen M. für ein Telefongespräch vom 24. November 1999 als durch das Protokoll als "falsch" und widerlegt ansieht, vermag dies nicht zu überzeugen, da der vorgelegte Vermerk durchaus belegt, daß Zeugenschutzfragen Gegenstand des Gesprächs waren. Im übrigen hat das Kammergericht auf die dadurch entstandene Komplikation dadurch reagiert, daß es das Beweisprogramm abgeändert, für später vorgesehene Beweiserhebungen vorgezogen und die weitere Vernehmung des Zeugen M. zurückgestellt hat, um der Verteidigung Gelegenheit zur Prüfung der nachgereichten Protokolle zu geben. Daß die Vorsitzende bei der zeitlichen Planung dieser Beweisaufnahme Erfahrungen über das Frageverhalten der Verteidigung in früheren Verfahrensabschnitten zugrundegelegt hat, vermag eine Verfahrensverzögerung, die einer Fortdauer der Untersuchungshaft entgegenstehen könnte, ebenfalls nicht zu begründen.

3. Die Beurteilung der Haftgründe und der Verhältnismäßigkeit der weiteren Untersuchungshaft hat sich durch den inzwischen verstrichenen Zeitraum seit den letzten Haftentscheidungen des Senats noch nicht maßgeblich verändert. Die die bisherige Untersuchungshaft übersteigende Straferwartung begründet nach wie vor die Annahme von Fluchtgefahr, der auch durch Maßnahmen nach § 116 StPO nicht begegnet werden kann, sowie die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft.



Ende der Entscheidung

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