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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.09.1999
Aktenzeichen: 2 StR 153/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StPO § 155 Abs. 1
StPO § 264
StPO § 265
StGB § 176
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 StR 153/99

vom

15. September 1999

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. September 1999, an der teilgenommen haben:

Vizepräsident des Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender,

die Richter am Bundesgerichtshof Theune, Niemöller, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten, der Richter am Bundesgerichtshof Rothfuß als beisitzende Richter,

Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 26. November 1998 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in sieben Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen.

Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Verfahrensrüge ist nicht in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Form erhoben und damit unzulässig. Die ebenfalls nicht näher ausgeführte Sachrüge ist unbegründet. Einer Erörterung bedarf insoweit allein die vom Generalbundesanwalt aufgeworfene Frage, ob die Urteilsgründe besorgen lassen, daß der Tatrichter in einzelnen Fällen einen Tatzeitpunkt nach dem 14. Geburtstag der Nebenklägerin angenommen hat, was einer Verurteilung wegen Vergehens gegen § 176 StGB entgegenstehen würde.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte in der Zeit von Mitte Dezember 1996 bis zum Sommer 1997 die am 18. Juli 1983 geborene Nebenklägerin, deren Alter er kannte, in verschiedenen Begehungsweisen sexuell mißbraucht. In einem Fall erstreckte sich die Tat zugleich auf seine am 8. Dezember 1982 geborene Tochter S. .

II.

Die Urteilsausführungen lassen nicht besorgen, daß der Tatrichter rechtsfehlerhaft Taten, die nicht vor dem 14. Geburtstag der Nebenklägerin, also dem 18. Juli 1997, begangen wurden, gemäß § 176 StGB geahndet hat.

Zwar wäre es sachdienlich gewesen, wenn das Landgericht ausdrücklich hervorgehoben hätte, daß die Taten alle vor dem 18. Juli 1997 begangen wurden. Doch macht das Urteil in seiner Gesamtheit deutlich, daß sich der Tatrichter dieses rechtlich bedeutsamen Zeitpunktes bewußt war und nur Taten vor dem 18. Juli 1997 festgestellt hat.

In den Fällen 1 bis 5 der Urteilsgründe liegt dies - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat - auf der Hand. Dies gilt aber auch für die Fälle 6 und 7.

Die Formulierung im Fall 6 ("ein anderes Mal, mehr zum Ende des oben genannten Zeitraumes hin") ist durch ihre Bezugnahme auf den oben genannten Zeitraum ("Mitte Dezember 1996 bis zum Sommer 1997") bereits nicht dahin zu verstehen, daß damit das Ende des Sommers gemeint ist, sondern der Sommerbeginn. Auch die im Fall 7 angeführte Tatzeit "im Sommer 1997" liegt nicht ohne weiteres außerhalb des rechtlich bedeutsamen Zeitraumes bis 17. Juli 1997. Denn die Eingrenzung von Mitte Dezember 1996 bis zum Sommer 1997 umfaßt auch Taten "im Sommer 1997" vor dem 18. Juli 1997, da Sommerbeginn der 21. Juni war.

Der Senat ist der Überzeugung, daß der Tatrichter den 18. Juli 1997 bei seiner Urteilsfindung bedacht hat.

Zum einen hat das Landgericht das Geburtsdatum der Zeugin als erheblich festgestellt, zum anderen hat es betont, daß der Angeklagte das genaue Alter der Zeugin kannte. Zudem hat der Tatrichter im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausdrücklich hervorgehoben, daß der Angeklagte in sieben Fällen sexuelle Handlungen "an einer Person unter vierzehn Jahren" vorgenommen ... hat.

Daß die Nebenklägerin im Jahre 1998 gegenüber einem Polizeibeamten geäußert hat, sie sei vom Angeklagten "in der Zeit vom Dezember 1996 bis Juli/August 1997 sexuell mißbraucht worden" und in der Hauptverhandlung einen sexuellen Kontakt auch nach den Sommerferien 1997 für möglich gehalten hat, steht der Auffassung des Senates nicht entgegen. Ein nach den Sommerferien liegendes Tatgeschehen hat der Tatrichter gerade nicht angenommen und abgeurteilt. Vor allem aber ist zu sehen, daß dem Angeklagten durch die - unverändert zugelassene - Anklage Taten nur in dem Zeitraum "vom 08.12.1996-17.07.1997" vorgeworfen werden. Die Anklage ist maßgebend dafür, was dem Gericht zur Untersuchung und Entscheidung unterbreitet ist; sie legt die Grenzen fest (§§ 155 Abs. 1, 264, 265 StPO). Wäre das Gericht (nach einem entsprechenden Hinweis gemäß § 265 StPO) von einer gegenüber der Anklage veränderten Tatzeit ausgegangen, hätte es nahegelegen, daß sich die Urteilsausführungen damit befassen. Da dies nicht der Fall ist, steht für den Senat auch deshalb fest, daß der Tatrichter den von der Anklage vorgegebenen Tatzeitraum "bis 17.07.1997" nicht zu Lasten des Angeklagten überschritten hat.

Ende der Entscheidung

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