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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 2 StR 211/07
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 67 Abs. 1
StGB § 67 Abs. 2
StGB § 223 Abs. 1
StGB § 224 Abs. 1 Nr. 5
StGB § 306 a
StGB § 306 b Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 211/07

vom 18. Juli 2007

in der Strafsache

gegen

wegen versuchten Mordes u. a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 18. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 31. Januar 2007

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten Mordes in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung und mit vorsätzlicher Körperverletzung schuldig ist,

b) im Ausspruch über die Vollstreckungsreihenfolge aufgehoben, soweit der Vorwegvollzug von fünf Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist; der angeordnete Vorwegvollzug entfällt.

2. In der Liste der angewendeten Vorschriften wird die Angabe "§ 224 Abs. 1 Nr. 5" gestrichen.

3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung (§ 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB) und mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor Vollstreckung der Maßregel fünf Jahre und acht Monate Freiheitsstrafe zu vollstrecken sind.

Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge hin zur Änderung des Schuldspruchs und entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts zur Änderung des Maßregelausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung in der Tatvariante des § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB verurteilt, weil er das Tatopfer I. durch die Tat in die Gefahr des Todes gebracht hat. Tateinheitlich hierzu hat das Landgericht eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB angenommen. Dies war rechtsfehlerhaft, weil die der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu Grunde liegende abstrakte Lebensgefährdung durch die Qualifikation der vorsätzlichen konkreten Lebensgefährdung in § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB verdrängt wird (vgl. BGH NStZ 2006, 449 für das Verhältnis § 250 Abs. 2 Nr. 3 b StGB zu § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB sowie Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 224 Rdn. 16). Dies gilt allerdings nicht für den Grundtatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB, dessen Tatvariante der Gesundheitsbeschädigung weder im Grundtatbestand des § 306 a StGB noch in dem der konkreten Lebensgefährdung gemäß § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB aufgeht. Die vorsätzliche Körperverletzung steht in Tateinheit zur besonders schweren Brandstiftung gemäß § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB.

Der Aufhebung des Strafausspruchs bedarf es jedoch nicht, da der Senat anhand der im Urteil mitgeteilten Strafzumessungserwägungen ausschließen kann, dass sich der Rechtsfehler bei der Bemessung der Strafe zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt hat.

2. Auch die vom Landgericht gemäß § 67 Abs. 2 StGB bestimmte Vollstreckungsreihenfolge hat nach der zurzeit noch geltenden Gesetzeslage keinen Bestand. Die gegebene Begründung vermag aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts eine Abweichung von der Regel des § 67 Abs. 1 StGB, wonach zunächst die Maßregel zu vollstrecken ist, nicht zu rechtfertigen.

Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers in § 67 Abs. 1 StGB soll - auch bei hohen Freiheitsstrafen - möglichst umgehend mit der Behandlung des süchtigen Rechtsbrechers begonnen werden, weil dies am ehesten einen dauerhaften Erfolg verspricht (BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 4 und 12). Eine Abweichung von der Regelabfolge des Vollzuges bedarf eingehender Begründung.

Diesen Anforderungen wird die vom Landgericht bestimmte Ausnahme nicht gerecht.

Die Erwägung der Strafkammer, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zum gegenwärtigen Zeitpunkt wäre kontraproduktiv, wird nicht näher erläutert. Die geäußerte Vermutung, die Aussicht auf Entlassung in Freiheit unmittelbar im Anschluss an eine erfolgreiche Therapie, würde die Motivation des Angeklagten zu einer Mitarbeit nachhaltig steigern, reicht zur Begründung nicht aus, zumal der Angeklagte zurzeit therapiewillig ist. Die Urteilsgründe enthalten auch keine konkreten Anhaltspunkte, weshalb der sich an die Maßregel anschließende Strafvollzug den Therapieerfolg gefährden und wie sich dies konkret auf den Angeklagten auswirken könnte (BGH NStZ 1986, 428; BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 12).

3. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Beschwerdeführer - teilweise - von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.

Ende der Entscheidung

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