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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.08.2005
Aktenzeichen: 2 StR 284/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 59
StPO § 60 Nr. 1
StPO § 274
StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 284/05

vom 17. August 2005

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. August 2005 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Fulda vom 18. Januar 2005 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Zur Rüge der Verletzung des § 59 StPO bemerkt der Senat:

Es kann dahinstehen, ob die Rechtsauffassung des 1. und 3. Strafsenats (Beschlüsse vom 20. Januar 2005 - 3 StR 455/04 [StraFo 2005, 204], 15. Februar 2005 - 1 StR 584/04 [StraFo 2005, 244] und vom 30. März 2005 - 1 StR 67/05 [wistra 2005, 310]), wonach auch nach der Gesetzesänderung durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 28. August 2004, in Kraft seit dem 1. September 2004 (BGBl. I 2198), die Entscheidung des Vorsitzenden über die Nichtvereidigung eines Zeugen als wesentliche Förmlichkeit nach § 274 StPO im Hauptverhandlungsprotokoll festzuhalten ist, zutrifft. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass eine Entscheidung des Vorsitzenden nur dann ins Protokoll aufzunehmen ist, wenn er vom Regelfall abweichen und einen Zeugen vereidigen will. Darauf kommt es hier letztlich nicht an. Denn nach der Änderung der Vereidigungsvorschriften durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz ist jedenfalls die Beruhensfrage bei einer unterlassenen Entscheidung des Vorsitzenden anders zu stellen. Nach der früheren Rechtslage war die Vereidigung des Zeugen der Regelfall. War eine Entscheidung über die Vereidigung unterblieben, beruhte das Urteil nur dann nicht auf dem Verfahrensfehler, wenn der Vereidigung des Zeugen ein Verbot entgegenstand (vgl. BGH NStZ 2004, 97) oder sich ausschließen ließ, dass der Zeuge im Falle seiner Vereidigung andere Angaben gemacht hätte und dass gegebenenfalls eine andere Angabe des Zeugen zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung geführt hätte. Dies wurde beispielsweise angenommen, wenn die Beweisfrage, zu der sich der zu Unrecht nicht vereidigte Zeuge geäußert hatte, von geringer Bedeutung für die Entscheidung war oder wenn das übrige Beweisergebnis bereits eindeutig war (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2004 - 4 StR 193/04; BGH NStZ-RR 1997, 302 m.w.N.).

Nunmehr werden Zeugen nur noch vereidigt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage nach seinem Ermessen für notwendig hält. Unterlässt der Vorsitzende eine Entscheidung über die Vereidigung, kann das Urteil auf dem Verfahrensfehler nur beruhen, wenn es bei einer ordnungsgemäßen Entscheidung zu einer Vereidigung des Zeugen gekommen wäre, und wenn sodann nicht auszuschließen wäre, dass der Zeuge in diesem Falle andere, wesentliche Angaben gemacht hätte.

Im vorliegenden Fall spricht nichts dafür, dass eine Vereidigung der Zeugen versehentlich unterblieben ist. Der Vereidigung der beiden Geschädigten, auf deren Aussage die Verurteilung des Angeklagten im Wesentlichen beruht, stand ohnehin § 60 Nr. 1 StPO entgegen, weil diese bei ihrer Vernehmung noch keine 16 Jahre alt waren. Auch die Zeuginnen Nina K. und Pamela E. waren jünger als 16 Jahre. Weder aus dem Protokoll noch aus dem Urteil ergeben sich im Übrigen Anhaltspunkte dafür, dass das Gericht die Vereidigung der weiteren Zeugen, hinsichtlich derer die Revision ein Fehlen der Entscheidung gerügt hat, wegen der ausschlaggebenden Bedeutung ihrer Aussagen oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für notwendig gehalten haben könnte. Unter diesen Umständen ist auszuschließen, dass das Urteil auf einem eventuellen Verfahrensfehler beruht.

Ende der Entscheidung

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