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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.10.1999
Aktenzeichen: 2 StR 397/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 265
StGB § 179 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 179
StGB § 177
StGB § 21
StGB § 177 Abs. 2
StGB § 179 Abs. 3 und 4
StGB § 177 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 397/99

vom

20. Oktober 1999

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs einer widerstandsunfähigen Person u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Oktober 1999 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kassel vom 16. Dezember 1998 wird mit der Maßgabe verworfen, daß im Schuldspruch die Worte "sexueller Nötigung" durch die Worte "sexuellem Mißbrauch einer widerstandsunfähigen Person" ersetzt werden.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten "der Körperverletzung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sowie der Freiheitsberaubung schuldig" gesprochen, ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge.

Die Rüge der Verletzung materiellen Rechtes führt zu der aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Schuldspruchänderung; im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Durch die Tat am 6. März 1998 hat der Angeklagte nicht eine sexuelle Nötigung (§ 177 StGB; hier in der Form der Vergewaltigung: vgl. hierzu BGH, Urt. vom 25. August 1999 - 3 StR 276/99), sondern einen sexuellen Mißbrauch einer widerstandsunfähigen Person (§ 179 StGB F: 1. Juli 1997) begangen, der in Tateinheit zu der vorsätzlichen Körperverletzung steht.

Der Angeklagte, der das Opfer ohne sexuelle Absichten geschlagen hatte, nutzte eine später eintretende Bewußtlosigkeit der Geschädigten aus, ihr eine Kerze in die Scheide zu stecken, wobei er dies auch tat, um sich sexuell zu erregen.

Da das Opfer - das von der sexuellen Handlung nichts mitbekommen hat - keinen der Tat entgegenstehenden Willen bilden konnte und der Angeklagte auch keinen Willen des Opfers beugte oder überwinden wollte, greift die Vorschrift des § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB ein (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom heutigen Tag - 2 StR 248/99 - zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Widerstandsunfähig im Sinne dieser Vorschrift ist, wer aus den dort genannten Gründen keinen zur Abwehr ausreichenden Willen bilden kann, wobei es genügt, daß das Opfer nur vorübergehend widerstandsunfähig (vgl. BGHSt 36, 145, 147), z.B. bewußtlos ist (vgl. BGHSt 38, 68, 71).

Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

Die Einzelstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe für diese Tat bleibt bestehen. Der Senat schließt aus, daß der Tatrichter bei Anwendung des § 179 StGB statt des § 177 StGB hier eine niedrigere Strafe verhängt hätte. Das Landgericht hat unter Berücksichtigung des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes des § 21 StGB einen minder schweren Fall gemäß § 177 Abs. 2 StGB bejaht und einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zugrunde gelegt. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß die Strafkammer dementsprechend unter Heranziehung des vertypten Milderungsgrundes einen besonders schweren Fall des § 179 Abs. 3 und 4 StGB i.V.m. § 177 Abs. 3 Satz 2 StGB verneint hätte und zum Normalstrafrahmen des § 179 Abs. 1 StGB gelangt wäre. Da dessen Strafrahmenobergrenze ebenfalls fünf Jahre beträgt und der Tatrichter sich erkennbar nicht an der Untergrenze des Strafrahmens orientiert hat, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß der Tatrichter bei anderer rechtlichen Einordnung eine niedrigere als die tat- und schuldangemessene Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt hätte. Ohnehin lag eine mildernde Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 21 StGB für diese Tat nicht nahe, da der Angeklagte nach seinen vorausgehenden Taten wußte, daß er bei zusätzlicher Alkoholaufnahme Straftaten gegen das Opfer begeht.

Ende der Entscheidung

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