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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.10.1998
Aktenzeichen: 2 StR 404/98
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 404/98

vom

28. Oktober 1998

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO am 28. Oktober 1998 beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 27. Februar 1998 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist offensichtlich unbegründet, soweit sie sich auch gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet (§ 349 Abs. 2 StPO). Das angefochtene Urteil hat jedoch keinen Bestand, soweit es das Landgericht abgelehnt hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat die Strafkammer ausgeführt (UA S. 15):

"Die Voraussetzungen des § 64 StGB hat die Kammer im Hinblick darauf, daß der Angeklagte über mehrere Jahre hinweg trotz regelmäßiger Alkoholisierung nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, verneint. Zwar war der Alkohol bei der vorliegenden Tat ein konstellativer Faktor; sowohl der Angeklagte selbst als auch die Geschädigte haben jedoch glaubhaft bekundet, daß der Angeklagte sich ansonsten im Zustand der Trunkenheit eher zurückgezogen und schlafengelegt hat, und nicht etwa in diesem Zustand vermehrt zu Straftaten geneigt habe. Insoweit ist nicht zu erwarten, daß der Hang zu übermäßigem Alkoholgenuß zu weiteren Straftaten des Angeklagten führen könnte."

Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat dies in seiner Antragsschrift zutreffend wie folgt begründet:

"Der Angeklagte ist einschließlich vorliegender Taten wegen sechs gefährlicher Gewalttaten verurteilt worden (UA S. 4 bis 7). Diese gravierenden Sexualstraftaten wurden alle unter Alkoholeinfluß begangen. Wie das Urteil feststellt (UA S. 14), konnte selbst eine mehrjährige Haftverbüßung den Angeklagten letztlich nicht davon abhalten, erneut einer Frau Gewalt anzutun. Im Hinblick darauf ist die Tatsache, daß seit der Haftentlassung im Dezember 1992 bis zur verfahrensgegenständlichen Tat im Oktober 1997 keine weiteren Straftaten mehr bekannt geworden sind, hier nicht geeignet, keine Gefährlichkeitsprognose zu stellen. Der Aussage der Lebensgefährtin des Angeklagten über dessen Verhalten im Zustand der Trunkenheit kann schon deshalb nur eingeschränkte Bedeutung beigemessen werden, weil sie den Angaben ihrer Tochter über erlittene Gewalttätigkeiten keinen Glauben geschenkt hat (UA S. 6), was von einer fehlerhaften Einschätzung zeugt. Der Tatrichter wird daher anhand des Vorlebens des Angeklagten und der Entwicklung seines Hanges sich gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe eine tragfähige Urteilsgrundlage darüber verschaffen müssen, inwiefern der Hang in Zusammenhang mit bisherigen Taten künftige Taten wahrscheinlich macht. Anhaltspunkte dafür, daß keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten von seinem Hang zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren, sind nicht ersichtlich.

Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, da auszuschließen ist, daß der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte."

Ende der Entscheidung

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