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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: 2 StR 435/03
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 354 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 435/03

vom 14. Januar 2004

in der Strafsache

gegen

wegen Betrugs

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Januar 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2003 im Strafausspruch dahin geändert, daß die gegen den Angeklagten verhängten Einzelfreiheitsstrafen jeweils um einen Monat herabgesetzt werden und daß der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Jedoch wird die Revisionsgebühr um ein Viertel ermäßigt und der Staatskasse ein Viertel der im Revisionsrechtszug entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten auferlegt.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 115 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt (Einzelfreiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren). Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Das Rechtsmittel hat im Strafausspruch teilweise Erfolg, im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung strafmildernd nur gewertet, daß die Straftaten lange zurückliegen und die Hauptverhandlung nicht früher durchgeführt werden konnte (UA S. 24/25). Rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt hat es, daß - wie die Revision zutreffend vorträgt und beweist - auch eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorgelegen hat. Zwischen der Anklageerhebung und der Eröffnung des Hauptverfahrens am 27. Februar 2001 lagen nahezu zwei Jahre; zwischen der Eröffnung des Hauptverfahrens und dem Beginn der Hauptverhandlung am 26. Mai 2003 lagen weitere zwei Jahre und drei Monate. Mithin war die Sache bei der Strafkammer nach Anklageerhebung mehr als vier Jahre anhängig, bevor die Hauptverhandlung begann. Diese Verfahrensdauer kann nicht mehr als noch angemessen bewertet werden, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.

Die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt einen neben dem Zeitablauf gesondert zu beachtenden wesentlichen Strafmilderungsgrund dar. Bei einem Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot ist das Ausmaß der vorgenommenen Herabsetzung der Strafe in den Strafzumessungsgründen kenntlich zu machen. Dies gilt sowohl für die Einzelstrafen als auch für die Gesamtfreiheitsstrafe (st. Rspr.: vgl. BVerfG NStZ 1997, 591; NJW 2003, 2897 ff.; BGHSt 46, 160, 172 ff.; BGH StraFo 2002, 266; NStZ-RR 2003, 371; NStZ 2003, 601). Eine derartige Berücksichtigung ist nicht erfolgt.

Hinzu kommt, daß das Landgericht nicht beachtet hat, daß wegen der erst am 26. Mai 2003 begonnenen Hauptverhandlung mit der an sich gesamtstrafenfähigen Verurteilung durch das Amtsgericht Würzburg vom 10. März 1997, die der Angeklagte voll verbüßen mußte, keine nachträgliche Gesamtstrafe gebildet werden konnte (Härteausgleich vgl. BGHSt 31, 102, 103; BGH wistra 2002, 422).

In entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO hat der Senat die gebotene Reduzierung der verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe selbst vorgenommen. Durch eine Zurückverweisung der Sache würde der Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Behandlung seiner Sache in angemessener Frist erneut beeinträchtigt werden. Zur Vermeidung dieser Rechtsfolge ist deshalb eine Sachentscheidung durch das Revisionsgericht geboten. In Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts und mit Zustimmung des Verteidigers des Angeklagten hat der Senat die im Urteil festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen um jeweils einen Monat herabgesetzt und den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.



Ende der Entscheidung

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