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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.11.2008
Aktenzeichen: 2 StR 493/08
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StGB § 63
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

2 StR 493/08

vom 27. November 2008

in der Strafsache

gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 4 StPO am 27. November 2008 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 19. Juni 2008 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) angeordnet. Seine Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, richtet sich gegen den Maßregelausspruch. Sein Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts liegt beim Angeklagten, der bisher nur geringfügig wegen Verkehrsdelikten zu Geldstrafen verurteilt wurde, eine krankhafte seelische Störung vor. Er leidet an einer akuten Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, die zur vollständigen Aufhebung seiner Steuerungsfähigkeit führt. Es kam wiederholt zu Konflikten zwischen dem Angeklagten und seinem Stiefvater. Im Oktober und im November 2006 schlug der Angeklagte jeweils in der irrigen Annahme, er werde angegriffen, mit einem Metallrohr bzw. einer Eisenstange auf seinen Stiefvater ein, der nicht unerheblich verletzt wurde, jetzt aber keine Bestrafung des Angeklagten will. Der Zustand des Angeklagten verschlechterte sich und er verhielt sich gegenüber Dritten aggressiv. Das Landgericht hat im Rahmen der Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB seine Gefährlichkeitsprognose darauf gestützt, dass in "unbehandelten Zustand auch vergleichbare Gewalthandlungen gegenüber Dritten - als neuen 'Feindbildern' möglich und in Anbetracht des medizinisch gesicherten Umstands, dass bei an schizophrener Psychose Erkrankten die Gewaltbereitschaft um das fünffache erhöht ist, auch wahrscheinlich" sei (UA S. 14).

II.

Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass die Gefährlichkeitsprognose rechtlichen Bedenken begegnet. Bei der Prüfung der Wahrscheinlichkeit der Begehung vergleichbarer Taten hätte vom Tatrichter erkennbar in die Überlegungen einbezogen werden müssen, dass der Angeklagte, der schon mehrere Jahre an dieser Krankheit leidet, in früherer Zeit keine derartigen Delikte begangen und auch nach den Taten zum Nachteil des Stiefvaters nichts Vergleichbares getan hat. Soweit der Tatrichter in diesem Zusammenhang auf das "aggressive" Opponieren und "ein hochaggressives" Verhalten des Angeklagten abstellt, kann das Revisionsgericht, ohne nähere Darlegung, ob es sich nur um verbale oder körperliche (und gegebenenfalls wie geartete) Aggressionen handelte, nicht nachprüfen, ob vom Landgericht die Maßstäbe für die Beurteilung der Gefährlichkeit des Angeklagten rechtsfehlerfrei angewandt wurden.

Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung, in der entsprechende Feststellungen zu treffen sein werden.



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