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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: 2 StR 606/06
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4
StGB § 250 Abs. 3
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 354 Abs. 1 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 StR 606/06

vom 14. März 2007

in der Strafsache

gegen

1.

2.

wegen schweren Raubes

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. März 2007, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan und Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bode, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten, Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwältin als Verteidigerin für den Angeklagten L. ,

Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten H. ,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revisionen der Angeklagten L. und H. gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 8. Mai 2006 werden verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten des schweren Raubes (§ 250 Abs. 1 Ziff. 1 b StGB) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung für schuldig befunden. Es hat den Angeklagten L. unter Einbeziehung von Freiheitsstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren (Einzelstrafe für die hier abgeurteilte Tat: fünf Jahre) und den Angeklagten H. - unter Anwendung des Strafrahmens eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB - zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Vier weitere Angeklagte hat es ebenfalls zu mehrjährigen Freiheitsstrafen bzw. Jugendstrafen verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts verabredeten die Angeklagten mit vier weiteren Tätern, am 14. Juni 2002 in eine Lagerhalle in Frankfurt am Main einzudringen, in der ein Fotogerätehersteller gerade einen Sonderverkauf durchführte, um Fotoapparate u. ä. zu entwenden. Da das Gelände von einem Wachmann bewacht wurde, kam man überein, diesen mittels eines Tuches, auf das zuvor Chloroform gegeben werden sollte, zu betäuben. Die Angeklagten begaben sich in die Nähe der Lagerhalle, wo der Angeklagte L. mit einem weiteren Täter das Tatgeschehen aus der Ferne über Funk koordinierte, während sich die übrigen mit dem Chloroform zu dem Wachmann begaben, um ihn zu betäuben. Da dies misslang, fesselten ihn die Täter mit einem mitgeführten Klebeband an Händen und Füßen, knebelten ihn und legten ihn mit dem Gesicht nach unten auf den Boden. Anschließend entwendeten sie aus der Lagerhalle, in die sie sich durch ein Fenster Zutritt verschafften, jedenfalls 190 Kisten, die mit Kameras beladen waren. Der Wert der entwendeten Ware betrug wenigstens 100.000,- €, der Erlös, den die Angeklagten und die weiteren Täter durch den Verkauf erzielten, wenigstens 30.000,- €.

Die Angeklagten L. und H. rügen mit ihrer Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Ihre Revisionen haben keinen Erfolg.

I.

Die Verfahrensrügen sind aus den zutreffenden Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts jedenfalls unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

II.

Die Sachrügen bleiben im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg.

1. Der Schuldspruch weist keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.

Der näheren Erörterung bedarf hier allein die Verurteilung wegen einer tateinheitlich begangenen gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass ein Körperverletzungserfolg, also eine Gesundheitsbeschädigung oder eine nicht bloß unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens, im Urteil nicht ausdrücklich festgestellt ist. Indes vermag der Senat einen solchen noch mit hinreichender Deutlichkeit den zu dem Tatgeschehen getroffenen Feststellungen zu entnehmen. Der Umstand, dass der Wachmann von mehreren der Täter mittels eines Klebebandes gefesselt, geknebelt, sodann mit dem Gesicht nach unten auf den Boden gelegt und in dieser Position von den Tätern zurückgelassen wurde, stellt ersichtlich eine üble unangemessene Behandlung dar, welche das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt.

2. Der Strafausspruch bezüglich des Angeklagten L. weist ebenfalls keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts an.

3. Die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer hinsichtlich des Angeklagten H. begegnen hingegen rechtlichen Bedenken. Sie weisen Rechtsfehler sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten des Angeklagten auf.

Zu Unrecht berücksichtigt die Strafkammer die beiden Verurteilungen des Angeklagten zu Geldstrafen vom 17. Juni 2003 und vom 18. Juni 2003, aus denen nachträglich im Jahre 2004 eine Gesamtgeldstrafe gebildet wurde, strafschärfend als Vorstrafen, obwohl diese Verurteilungen zeitlich nach der hier abgeurteilten Tat erfolgten. Zwar konnten sie für die hier abgeurteilte Tat zum Zeitpunkt ihrer Begehung noch keine Warnfunktion entfalten. Jedoch ist der Umstand, dass der Angeklagte auch noch später weitere Straftaten begangen hatte, ein berücksichtigungsfähiger Strafschärfungsgrund.

Ob und in welcher Form die Geldstrafe möglicherweise zum Zeitpunkt des Urteils in dieser Sache bereits vollstreckt war, teilt die Strafkammer ebenfalls nicht mit, so dass für das Revisionsgericht nicht überprüfbar ist, ob ein Härteausgleich zu Recht unterblieben ist.

Andererseits ist die von der Strafkammer zur Begründung eines minderschweren Falles allein herangezogene Tatsache, dass der Angeklagte H. bei der Tatbegehung gerade erst (d. h. vor drei Monaten) das 21. Lebensjahr vollendet hatte, für sich genommen nicht geeignet, einen minder schweren Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB zu begründen.

Die Strafkammer hat zudem zu Unrecht die erlittene Untersuchungshaft strafmildernd berücksichtigt. Diesem Umstand kommt nur in Ausnahmefällen, für deren Vorliegen hier keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, strafmildernde Bedeutung zu (vgl. dazu Senat NStZ 2006, 620).

Einer Aufhebung des Strafausspruchs bedarf es trotz der Rechtsfehler gleichwohl nicht, weil die verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten im Sinne des § 354 Abs. 1 a StPO jedenfalls angemessen ist.

Ende der Entscheidung

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