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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: 2 StR 64/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 44
StPO § 345 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 64/06

vom 3. Mai 2006

in der Strafsache

gegen

wegen Betruges

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Mai 2006 gemäß §§ 44, 349 Abs. 2 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur weiteren Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. September 2005 wird verworfen.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte hat, nachdem für ihn bereits zwei Verteidiger das Rechtsmittel der Revision eingelegt und mit der Sachrüge frist- und formgerecht begründet hatten, am 18. November 2005 schriftlich eine mündliche Anhörung zwecks persönlicher Revisionsbegründung beantragt. Der zuständige Rechtspfleger des Amtsgerichts Darmstadt hat den Angeklagten am 2. Dezember 2005 vorführen lassen. Der Rechtspfleger sah das gegen den Angeklagten ergangene Urteil durch und erläuterte ihm die gesetzlichen Vorgaben für die Aufnahme einer Revisionsbegründung zu Protokoll der Geschäftsstelle. Er wies den Angeklagten darauf hin, dass der Rechtspfleger weder Schreibkraft noch Briefannahmestelle sei, d. h. eine Niederschrift unwirksam sei, wenn der Rechtspfleger sich den Inhalt vom Angeklagten diktieren lasse. Nach dem Eindruck des Rechtspflegers, den dieser im Protokoll vom 2. Dezember 2005 wiedergegeben hat, war es jedoch das ausschließliche Interesse des Angeklagten, seine handschriftlich - in gutem Deutsch - zu Papier gebrachten Gedanken mit Hilfe eines Dolmetschers protokollieren zu lassen. Der Rechtspfleger versuchte sodann drei Stunden lang ergebnislos, einen Überblick über die Verteidigungsstrategie und die zentralen Punkte des Revisionsvorbringens zu erhalten, um eine sachgerechte Begründung aufnehmen zu können. Der Angeklagte war jedoch nur unter der Bedingung zur Protokollierung bereit, dass sich der Rechtspfleger die Begründung ohne Abstriche diktieren lasse. Die Anhörung wurde sodann auf Wunsch des Angeklagten beendet.

Der Angeklagte hat am 5. Dezember 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, weil er bei der Anhörung "nicht die geringste Chance auch nur ein Wort durch den Rechtspfleger zu Papier zu bekommen" gehabt habe. Sein Wunsch sei lediglich gewesen, dass er in seiner Muttersprache "bereitgelegte Gedanken und bereits formulierte Sätze durch einen vereidigten ungarischen Dolmetscher unverändert und ungekürzt sofort ins Protokoll aufnehmen lasse" [Hervorhebungen im Original]. Ein in sachlicher Form gehaltenes und nicht völlig neben der Sache liegendes Revisionsvorbringen müsse der Rechtspfleger auf sein Verlangen protokollieren.

Das Wiedereinsetzungsgesuch zur Nachholung einer formgerechten Begründung ist jedenfalls unbegründet. Der Angeklagte hat keine Frist versäumt, sondern lediglich - nach zwei durch Verteidiger form- und fristgerecht abgegebenen Revisionsbegründungen - keine Verfahrensrügen innerhalb der Frist erhoben. Das berechtigt grundsätzlich nicht dazu, Wiedereinsetzung zu verlangen (st. Rspr., BGHR StGB § 44 Verfahrensrüge 4, 5, 7; StPO § 345 Abs. 2 Begründungsschrift 5). Der Bundesgerichtshof hat von diesem Grundsatz Ausnahmen zugelassen, wenn etwa Akteneinsicht nicht rechtzeitig gewährt oder der Rechtspfleger bei der Protokollierung der Revisionsbegründung den Mangel verschuldet hat (BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 6). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor, da den Rechtspfleger an der Mangelhaftigkeit der Protokollierung kein Verschulden trifft. Der Angeklagte hat trotz entsprechender Belehrung darauf bestanden, dem Rechtspfleger seine Gedanken und Sätze ins Protokoll zu diktieren. Sein Wiedereinsetzungsantrag und seine weiteren Schreiben an den Senat (mit Ausführungen zur Sachrüge) lassen im Übrigen erkennen, dass er nach wie vor nicht bereit ist, die gesetzlichen Vorgaben für eine Revisionsbegründung zu Protokoll der Geschäftsstelle zu akzeptieren.

Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.



Ende der Entscheidung

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