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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.02.2002
Aktenzeichen: 3 BJs 1/01 - 4 (1)
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 304 Abs. 5
StPO § 102
StPO § 103
StGB § 86
StGB § 86 a
StGB § 130
StGB § 306
StGB § 306 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 BJs 1/01 - 4 (1) StB 2/02

vom

13. Februar 2002

in dem Ermittlungsverfahren

gegen

wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Februar 2002 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beschuldigten J. gegen den Beschluß des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 31. Oktober 2001 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1. Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschwerdeführer und weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten. Auf seinen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Beschluß vom 31. Oktober 2001 die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers in der S. str. 41 in P. , der dort sonst von ihm genutzten Räume und seiner Sachen einschließlich seines Kraftfahrzeuges gestattet. Die Durchsuchung ist am 19. November 2001 durchgeführt worden. Am 10. Dezember 2001 hat der Beschuldigte Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung eingelegt und die Herausgabe einiger bei der Durchsuchung beschlagnahmter Gegenstände verlangt. Diese wurden ihm zwischenzeitlich wieder ausgehändigt. Weitere beschlagnahmte Gegenstände werden zur Zeit noch kriminaltechnisch ausgewertet.

2. Die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluß ist zulässig (§ 304 Abs. 5 StPO). Dem steht nicht entgegen, daß die Durchsuchung zwischenzeitlich abgeschlossen ist. Denn die Notwendigkeit eines effektiven Rechtsschutzes gegen den Eingriff in das Grundrecht des Beschuldigten aus Art. 13 Abs. 1 GG gebietet, daß auch nach Abschluß der Durchsuchung deren Rechtmäßigkeit mit dem grundsätzlich gegen diese Ermittlungsmaßnahme gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel zur Überprüfung gestellt werden kann (BVerfGE 96, 27; BGHR StPO § 304 Abs. 5 Durchsuchung 1; BGH NJW 2000, 84, 85).

Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Durchsuchungsbeschluß gegen den Beschuldigten ist rechtmäßig ergangen. Die Anordnungsvoraussetzungen des § 102 StPO lagen vor.

Gegen den Beschuldigten besteht der dringende Verdacht, daß er am 14. und 17. August 2001 an einer Straßenbahnbrücke in P. bzw. einer Autobahnbrücke bei der Anschlußstelle D. Transparente anbrachte, auf denen jeweils die Parole "Ewig treu wie Hess" aufgesprüht war, wobei die letzten beiden Buchstaben des Namens "Hess" in der Form der SS-Runen geschrieben waren (strafbar gemäß § 86 a Abs. 1 Nr. 1, § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Dieser Tatverdacht ergibt sich zum einen daraus, daß im Zusammenhang mit der Tat vom 17. August 2001 ein weißer Pkw VW Passat mit der Buchstabenkombination des Kennzeichens " ...." beobachtet wurde und der Beschuldigte Halter eines solchen Fahrzeugs mit dem Kennzeichen " " ist. Zum anderen ist aus Telefonüberwachungsmaßnahmen bekannt, daß der Beschuldigte in rechtsradikalen Kreisen im Raum P. verkehrt. Schon aufgrund dieser Verdachtsmomente waren allgemein die Voraussetzungen für eine Durchsuchungsanordnung gegen den Beschuldigten nach § 102 StPO erfüllt.

Jedoch hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in noch vertretbarer Weise auch den Anfangsverdacht der Mitgliedschaft des Beschuldigten in einer terroristischen Vereinigung und damit seine Zuständigkeit für den Erlaß des Durchsuchungsbeschlusses bejaht (§ 142 a Abs. 1 Satz 1, § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO). Aufgrund der seit Anfang des Jahres 2000 im Raum P. begangenen Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund, die insbesondere aufgrund von Bekennerschreiben oder -anrufen einer sich als "Nationale Bewegung" bezeichnenden Gruppierung zuzurechnen sind und zu denen neben Delikten nach §§ 86, 86 a, 130 StGB auch Brandstiftungen zählen (Brandlegung an zwei türkischen Imbißständen und an der Trauerhalle des jüdischen Friedhofs in P. ) bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß sich unter dem genannten Namen eine Vereinigung gebildet hat, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet sind, auch gemeingefährliche Straftaten im Sinne der §§ 306, 306 a StGB zu begehen (§ 129 a Abs. 1 Nr. 2 StGB). Es bestehen auch tatsächliche Hinweise darauf, daß der Beschuldigte dieser Gruppierung angehören könnte. Zwar wurde bei den Taten vom 14. und 17. August 2001 weder ein auf die "Nationale Bewegung" hindeutendes Bekennerschreiben zurückgelassen noch ein Bekenneranruf registriert, doch deuten die Ähnlichkeit des Tatbildes und der zur Tat verwendeten Materialien mit vergleichbaren Taten, zu denen sich die "Nationale Bewegung" bekannt hat, darauf hin, daß diese Organisation auch hinter diesen Taten stehen und der Beschuldigte daher eines ihrer Mitglieder sein könnte.

Auch bezüglich der übrigen Voraussetzungen des § 102 StPO bestehen keine Bedenken, insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers werden in dem Durchsuchungsbeschluß Rahmen, Grenzen und Ziel der Durchsuchung hinreichend bestimmt. Die Durchsuchungsobjekte sind im einzelnen bezeichnet. Für eine Durchsuchungsanordnung gegen den Beschuldigten nach § 102 StPO war es zur Konkretisierung der zu suchenden Gegenstände darüber hinaus ausreichend, diese in der vom Ermittlungsrichter geschehenen Form einzugrenzen. Denn indem die zu suchenden Gegenstände als Schriftstücke, Tonträger und andere Beweismittel bezeichnet werden, die geeignet sind, die Struktur der Vereinigung, deren Organisation und Arbeitsweise zu belegen, ist der notwendige Bezug zwischen den zu suchenden Gegenständen und der aufzuklärenden Straftat ausreichend konkretisiert. Einer weiteren Eingrenzung des Durchsuchungsziels bedurfte es in diesem frühen Stadium des Ermittlungsverfahrens nicht. Sie wäre auch nicht möglich gewesen. Insoweit unterscheiden sich die Anforderungen an einen Durchsuchungsbeschluß gegen den Beschuldigten von denjenigen, die an einen gegen einen Dritten gerichteten Durchsuchungsbeschluß nach § 103 StPO zu stellen sind (vgl. hierzu Senat Beschl. vom 21. November 2001 - StB 20/01).

Die Beschwerde des Beschuldigten ist daher kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) zu verwerfen.

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