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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.05.1999
Aktenzeichen: 3 StR 125/99
Rechtsgebiete: StPO, BtMG, StGB, WaffG


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 u. 4
BtMG § 30 a Abs. 1
StGB § 21
WaffG § 53 Abs. 3 aa
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 125/99

vom

5. Mai 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Mai 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten T. wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 2. Dezember 1998, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) soweit er wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in mehr als fünf Fällen verurteilt worden ist,

b) in den ihn hinsichtlich der Fälle 1 bis 16 der Urteilsgründe betreffenden Einzelstrafaussprüchen sowie im Gesamtstrafenausspruch.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung sowie zur Festsetzung der Höhe des Tagessatzes im Fall 17 der Urteilsgründe zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 16 Fällen, wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln und wegen unerlaubter Ausübung der ausschließlichen (gemeint: tatsächlichen) Gewalt über eine halbautomatische Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschwerdeführer mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang begründet.

1. Unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO sind aus den Darlegungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts die Verfahrensrügen.

2. Zutreffend hat das Landgericht in den fünf Fällen, in denen der Angeklagte neben weiteren Tatbeiträgen bei der Beschaffung der jeweiligen Gesamtmenge des Kokains zum gewinnbringenden Weiterverkauf in den Niederlanden anwesend war, Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 a Abs. 1 BtMG) seiner Verurteilung zugrunde gelegt.

Dagegen fehlt in den übrigen elf Fällen für eine Verurteilung wegen Bandenhandels eine ausreichende Tatsachengrundlage. Daß der Angeklagte insoweit jeweils zehn oder zwanzig Gramm Kokain - jeweils zur Hälfte zum Eigenkonsum, zur anderen Hälfte zum gewinnbringenden Weiterverkauf - erworben hat, reicht - aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts - nicht aus. Der Senat kann nicht ausschließen, daß eine neue Beweisaufnahme, bei der die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Begriff des Bandenhandels entwickelten Kriterien (vgl. BGH bei Winkler, NStZ 1999, 233) heranzuziehen sein werden, zu weitergehenden Feststellungen führt.

3. Eine ausreichende Tatsachengrundlage fehlt auch bei der Bestimmung des Wirkstoffgehalts. Ohne weitere Begründung und damit rechtsfehlerhaft teilt der Tatrichter lediglich mit: "Die Kammer hat zu Gunsten beider Angeklagter einen Kokainhydrochloridgehalt des Kokains von jeweils 50 % angenommen" (UA S. 15). Das kann entgegen der Absicht des Tatrichters den Angeklagten beschweren, denn bei Kokain ist eine gute Qualität bereits bei einem Wirkstoffgehalt von 40 % gegeben (vgl. z.B. BGH, Beschl. vom 23. April 1996 - 4 StR 132/96 m.w.Nachw.).

Die Strafkammer hat weiter übersehen, daß bei Annahme eines solchen Wirkstoffgehalts eine Verurteilung wegen Bandenhandels gemäß § 30 a Abs. 1 BtMG in den acht Fällen nicht hätte erfolgen dürfen, in denen der Angeklagte mit nur fünf Gramm 50 %igen Kokains Handel getrieben hat, weil in diesen Fällen der Grenzwert der nicht geringen Menge von fünf Gramm reinem Kokain (BGHSt 33, 133) nicht erreicht wurde.

Der Senat weist darüber hinaus darauf hin, daß wegen der Bedeutung der Wirkstoffmenge für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht auf eine nach den Umständen des Falles mögliche genaue Feststellung nicht verzichtet werden kann (vgl. Senatsbeschluß BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 32 m.w.Nachw.).

4. Da auch in den fünf nach den getroffenen Feststellungen zu Recht erfolgten Verurteilungen wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der Schuldumfang wegen des fehlerhaft angenommenen Wirkstoffgehalts insoweit nicht näher bestimmt werden kann, waren in den Fällen 1 bis 16 der Urteilsgründe alle Einzelstrafaussprüche und damit der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben.

5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat ergänzend auf folgendes hin:

a) Daß der Tatrichter in den Fällen 1 bis 17 der Urteilsgründe mit unzulänglicher Begründung ("aufgrund seines Kokainkonsums" UA S. 8) § 21 StGB angewendet hat, ist rechtsfehlerhaft (st. Rspr., vgl. Senatsurteil BGHR StGB § 21 BtM-Auswirkungen 12).

b) Im Fall 17 der Urteilsgründe hielt die Strafkammer "eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen" (UA S. 16). Der neue Tatrichter wird die fehlerhaft unterlassene Festsetzung der Höhe der Tagessätze nachzuholen haben, der es auch dann bedarf, wenn aus einer Einzelgeldstrafe und Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wird (vgl. BGHSt 30, 93, 96).

c) Schuld- und Strafausspruch sind im Fall 18 der Urteilsgründe (Waffendelikt) nicht zu beanstanden. Der Senat weist aber darauf hin, daß neben der o.a. falschen Wiedergabe des Gesetzestextes ("ausschließliche Gewalt", richtig: tatsächliche Gewalt) auch die in der Liste der angewendeten Vorschriften und die bei der rechtlichen Würdigung herangezogene Vorschrift fehlerhaft zitiert wird (statt "§ 53 Abs. 3 aa WaffG" muß es heißen: § 53 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. a WaffG).

Ende der Entscheidung

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