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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 3 StR 231/04
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 259 Abs. 1
StGB § 46 Abs. 3
StPO § 267 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 231/04

vom 20. Juli 2004

in der Strafsache

gegen

wegen gewerbsmäßiger Hehlerei

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 20. Juli 2004 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der Auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 4. März 2004 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Seine Sachrüge führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit er verurteilt ist; eines Eingehens auf die Verfahrensrüge bedarf es deshalb nicht.

1. Das Landgericht hat festgestellt, daß der Angeklagte in mehreren von ihm angemieteten (bzw. ausschließlich von ihm genutzten) Hallen eine - unter anderem mit typischen Hehlerwerkzeugen ausgestattete - Kraftfahrzeugwerkstatt betrieb und daß bei einer Durchsuchung der Hallen mehrere Personenkraftwagen, ein Motorrad, Motoren und Autoradios gefunden wurden, die aus neun verschiedenen Diebstahlstaten stammten. Zu näheren Feststellungen, wie der Angeklagte in den Besitz der Gegenstände gelangt ist und zu welchem Zweck er ihn ausübte, hat sich die Strafkammer anscheinend nicht in der Lage gesehen. Zur Schilderung der abgeurteilten Tathandlungen hat sie der Beschreibung der Tatobjekte und der Darstellung der Diebstahlstaten, bei denen sie entwendet wurden, folgende allgemeine Feststellung vorangestellt: "Der Angeklagte hatte Kontakte zu Personen, die Kraftfahrzeuge entwendeten. Er entschloss sich, fortlaufend diese Kontakte auszunutzen, um sich gestohlene Fahrzeuge oder Fahrzeugteile zu beschaffen. ... Soweit erforderlich, baute er Fahrzeuge um, 'schlachtete' sie aus oder veränderte sie, um deren ursprüngliche Herkunft zu verschleiern. Solchermaßen bearbeitete Fahrzeuge oder Fahrzeugteile waren bestimmt, entweder vom Angeklagten selbst mit hohen Gewinnen veräußert zu werden, oder der Angeklagte verfügte eine Zeitlang zur Durchführung der Veränderungsarbeiten über die Fahrzeuge, ließ sich diese Arbeiten bezahlen und beabsichtigte, die Fahrzeuge oder Teile davon an Dritte zu deren gewinnorientierter Weiterveräußerung zu übergeben" (UA S. 5).

2. Diese variantenreichen Feststellungen lassen Sachverhaltskonstellationen als möglich erscheinen, bei denen sich der Angeklagte nicht - wie vom Landgericht für alle neun Fällen angenommen - wegen vollendeter Hehlerei in der Form des Sich-Verschaffens gestohlener Gegenstände schuldig gemacht hat und deshalb ein Schuldspruch wegen vollendeter Hehlerei ausscheidet.

a) Ein Sich-Verschaffen (naheliegenderweise in der Form des gesetzlich benannten Unterfalls des "Ankaufens") wäre gegeben, wenn der Angeklagte die Sachen vom Vortäter in der Absicht erworben hätte, sie - ggf. nach Veränderungen zur Verschleierung der Herkunft - selbst gewinnbringend weiterzuveräußern.

b) Soweit der Angeklagte über die gestohlenen Sachen aber - was nach den Feststellungen gleichermaßen möglich ist - nur "eine Zeitlang zur Durchführung von Veränderungsarbeiten verfügte", die er sich bezahlen lassen wollte, liegt die Annahme eines tatbestandsmäßigen Sich-Verschaffens im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB eher fern. Diese Tatmodalität setzt voraus, daß der Täter aufgrund einer Übertragungshandlung des Vortäters einverständlich eine eigene tatsächliche Herrschaft und Verfügungsgewalt über die Sache erwirbt mit der Folge, daß der Vortäter jede Möglichkeit verliert, auf die Sache einzuwirken (vgl. Ruß in LK 11. Aufl. § 259 Rdn. 18 m. w. N.).

In Betracht kommen könnte bei diesem Sachverhalt aber - abhängig davon, ob der Angeklagte im Interesse des Vortäters handelte oder, was nach den Feststellungen ebenfalls möglich ist, eines Dritten, etwa eines hehlerischen Erwerbers oder eines Absetzers oder Absatzhelfers - eine täterschaftliche Hehlerei in der Form der Absatzhilfe oder eine Beihilfe zur Hehlerei des Erwerbes (BGH StV 1984, 285) bzw. Absatzhelfers (BGH NStZ-RR 1999, 208) oder sonstigen Dritten. Dabei ist für die Variante der Tätigkeit im Interesse des Vortäters auch zu berücksichtigen, daß nicht jede Unterstützung, die diesem nach dem Diebstahl im Vorfeld von Absatzbemühungen geleistet wird, unter den Hehlereitatbestand fällt. Je nach Lage kann es sich bei der Unterstützung des Vortäters um bloße Hilfe bei der Vorbereitung eines künftigen Absatzes handeln, die als solche nicht strafbar ist, oder um eine versuchte Absatzhilfe. Die unselbständige, dem Vortäter geleistete Hilfstätigkeit erfüllt für sich allein den Hehlereitatbestand nicht, wenn es - wie möglicherweise hier - zu Absatzbemühungen überhaupt nicht gekommen ist (vgl. näher BGH NJW 1989, 1490).

3. Das angefochtene Urteil, das im übrigen auch hinsichtlich der Beweiswürdigung zur ausschließlichen Nutzung der von dem Zeugen P. angemieteten Halle Nr. 5 durch den Angeklagten (sowie zur Frage des gegen den Zeugen bestehenden Verdachts) nicht frei von rechtlichen Bedenken ist, kann danach keinen Bestand haben. Angesichts der bisherigen Feststellungen zur Ausgestaltung des vom Angeklagten geführten Betriebs, zur Ausstattung seiner Werkstatt, zu den unterschiedlichen Sachen, die bei der Durchsuchung als Diebesgut sichergestellt wurden, sowie zu den an einigen Fahrzeugen bereits vorgenommenen Veränderungen liegt es nicht fern, daß der neue Tatrichter hinsichtlich der Tathandlungen des Angeklagten Feststellungen wird treffen können, die weniger vage sind als die des angefochtenen Urteils und Varianten ausschließen, bei denen der Angeklagte sich nicht wegen vollendeter Hehlerei strafbar gemacht hat. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.

4. Das aufgehobene Urteil gibt im übrigen zu folgenden Hinweisen Anlaß:

§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO verlangt die Darlegung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten (vgl. Senat bei Becker NStZ-RR 2004, 66; BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 10).

Bei einem der Hehlerei schuldigen Angeklagten läßt die strafschärfende Erwägung, daß er sich "bewußt war, diese rechtswidrigen Vermögenszustände aufrechtzuerhalten und damit eigene Geschäfte zu machen", einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB besorgen.



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