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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.02.1999
Aktenzeichen: 3 StR 26/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StGB § 63
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 26/99

vom

17. Februar 1999

in dem Sicherungsverfahren

gegen

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschuldigten am 17. Februar 1999 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 23. September 1998 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, weil dieser am 7. Januar und am 15. März 1993 jeweils aufgrund einer psychischen Erkrankung im schuldunfähigen Zustand einen Nachbarn bzw. einen Straßenpassanten bedroht, angegriffen und mit einem Stuhlbein bzw. einem Reizgassprühgerät körperlich verletzt hatte.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Beschuldigten führt zur Aufhebung des Urteils, weil die Feststellungen die Voraussetzungen einer Unterbringungsanordnung nach § 63 StGB nicht belegen. Zwar leidet der Beschuldigte nach wie vor unter einer psychischen Erkrankung, nämlich einem systematisierten Verfolgungswahn, der ihm die Wahnvorstellung suggeriert, von Geheimdiensten verschiedener Staaten verfolgt, beobachtet und drangsaliert zu werden. Das Landgericht legt jedoch nicht dar, ob und unter welchen Umständen der Beschuldigte aufgrund dieses krankhaften Zustandes für die Allgemeinheit gegenwärtig noch gefährlich ist. Eine solche Gefährlichkeitsprognose, wie sie § 63 StGB voraussetzt, war zweifellos 1993 berechtigt, wie die jetzt abgeurteilten Anlaßtaten belegen. Maßgeblich für die Gefährlichkeitsprognose im Sinne des § 63 StGB und die darauf gestützte Unterbringungsanordnung ist aber der Zeitpunkt der Hauptverhandlung (vgl. Lackner StGB 22. Aufl. § 63 Rdn. 8 m.w.Nachw.).

Das Urteil verhält sich nicht dazu, welche Umstände - außer dem fortbestehenden Krankheitsbild - oder Vorkommnisse aus der Zeit nach 1993 noch befürchten lassen, der Beschuldigte werde auch in Zukunft Taten, wie die im Januar und März 1993 begangenen oder schwerere Straftaten begehen. Ausweislich der Urteilsgründe hat der Beschuldigte 1994 die Bundesrepublik Deutschland verlassen, sich zunächst in der Schweiz und ab Juni 1995 in Wien aufgehalten, wo er von seiner monatlichen Rente in Höhe von 1.600 DM gelebt hat. Ob und gegebenenfalls in welcher Form er dort aufgrund seiner Erkrankung auffällig geworden ist, ist nicht festgestellt. Nicht näher dargelegt ist auch, ob und gegebenenfalls welche Erkenntnisse dem psychiatrischen Krankenhaus vorliegen, in dem der Beschuldigte vorläufig untergebracht war, nachdem er am 1. Juli 1998 bei seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in Berchtesgaden aufgrund des vorläufigen Unterbringungsbefehls aus dem Jahre 1994 festgenommen worden war.

Zur Rechtfertigung der Annahme, der Beschuldigte sei auch heute noch für die Allgemeinheit gefährlich, führt das Landgericht lediglich an, der Sachverständige Professor Dr. W., der den Beschuldigten ersichtlich zuletzt am 18. Oktober 1993 untersucht und danach wohl erst in der Hauptverhandlung wiedergesehen hat, habe in diesem Zusammenhang auf eine gewisse Steigerung der Tatintensitäten verwiesen. Das reicht für die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten nicht aus, da sich die Bewertung des Sachverständigen nur auf die Anfang 1993 vom Beschuldigten begangenen Taten beziehen kann, da das Landgericht neuere Vorfälle nicht festgestellt hat.



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