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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.10.2002
Aktenzeichen: 3 StR 355/02
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 177
StGB § 178 aF
StGB § 2 Abs. 1
StGB § 2 Abs. 3
StGB § 177 Abs. 1
StGB § 178 Abs. 1 aF
StGB § 177 Abs. 3 Nr. 2
StPO § 260 Abs. 4 Satz 1
StPO § 265 Abs. 1
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 355/02

vom

28. Oktober 2002

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) und 2. auf dessen Antrag - am 28. Oktober 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 10. April 2002

a) im Schuldspruch im Fall II. 1. der Urteilsgründe dahingehend geändert, daß der Angeklagte der sexuellen Nötigung gemäß § 178 StGB aF schuldig ist;

b) im Strafausspruch hinsichtlich der im Fall II. 1. der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und der Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen und wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und der Nebenklägerin im Adhäsionsverfahren ein Schmerzensgeld von 4.000 € nebst Zinsen zugesprochen. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt aufgrund der Sachrüge zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und teilweisen Aufhebung des Strafausspruchs. Im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen der in der Sylvesternacht 1996/1997 begangenen Tat, bei der er die Nebenklägerin durch Würgen mit einem nassen Handtuch zur Duldung sexueller Handlungen zwang, der sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 1 und 3 Nr. 2 StGB schuldig gesprochen. Damit hat das Landgericht unter Verstoß gegen § 2 Abs. 1 StGB nicht das zur Tatzeit geltende Gesetz zur Anwendung gebracht. Im Zeitpunkt der Tat unterfiel das Verhalten des Angeklagten dem § 178 Abs. 1 StGB aF, der erst mit Wirkung vom 5. Juli 1997 durch § 177 StGB in der Fassung des 33. StrÄndG ersetzt wurde. Der vom Landgericht herangezogene § 177 StGB in der Fassung des 6. StrRG durfte auch nicht gemäß § 2 Abs. 3 StGB angewendet werden, denn er ist nicht das mildeste Gesetz im Sinne dieser Vorschrift. Während § 178 Abs. 1 StGB aF für die Tat des Angeklagten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zehn Jahren androhte, ohne daß der Einsatz des Handtuches zu einer Strafrahmenerhöhung führte, unterfällt die Tat des Angeklagten nach nunmehr geltendem Recht - zumindest - dem vom Landgericht herangezogenen Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB, wonach auf Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren zu erkennen ist. Da auch der vom 5. Juli 1997 bis 31. März 1998 geltende § 177 Abs. 1 StGB in der Fassung des 33. StrÄndG für die Tat des Angeklagten eine höhere Strafandrohung aufwies (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis fünfzehn Jahre), blieb § 178 Abs. 1 StGB aF das mildeste Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB.

Der Rechtsfehler des Landgerichts führt nicht nur zur Aufhebung der im Fall II. 1. verhängten Einzelstrafe sowie der Gesamtstrafe, sondern auch zur Abänderung des Schuldspruchs; denn bei § 177 Abs. 3 StGB handelt es sich gegenüber § 178 Abs. 1 StGB aF um einen eigenständigen (Qualifikations-) Tatbestand, auch wenn die rechtliche Bezeichnung der Tat im Sinne des § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO bei Anwendung beider Vorschriften dieselbe ist. § 265 Abs. 1 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen (vgl. BGH NJW 1970, 904, 905).

Ende der Entscheidung

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