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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.12.2007
Aktenzeichen: 3 StR 403/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 44
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 403/07

vom 4. Dezember 2007

in der Strafsache

gegen

alias:

wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am 4. Dezember 2007 gemäß §§ 44, 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 21. Juli 2006 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.

Damit ist der Beschluss des Landgerichts Wuppertal vom 24. Oktober 2006, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1. Dem Angeklagten war auf seinen - zulässigen - Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zu gewähren. Die Versäumung dieser Frist ist auf ein dem Angeklagten nicht zuzurechnendes Verschulden seines Verteidigers zurückzuführen.

2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 13. September 2007 offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Das Urteil war im Ausspruch über die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufzuheben, weil es nach Eingang der Revisionsbegründung zu einer vom Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigenden erheblichen Verzögerung des Verfahrens gekommen ist (vgl. BGH NStZ 2007, 479; 2001, 52). Das Urteil ist am 21. Juli 2006 verkündet, die schriftlichen Urteilsgründe sind den Verteidigern des Angeklagten am 5. September 2006 zugestellt worden. Die - verspätete - Revisionsbegründung und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind am 24. Oktober 2006 beim Landgericht eingegangen. Erst am 5. September 2007 ist der Übersendungsbericht der Staatsanwaltschaft Wuppertal mit den Akten zum Generalbundesanwalt gelangt. Durch die um rund neun Monate verzögerte Übersendung - bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang hätten die Akten spätestens Ende November 2006 beim Generalbundesanwalt eingehen können - haben die Justizbehörden die Gewährleistungen aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK missachtet und den auch aus Art. 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 2 Abs. 1, 2 GG folgenden Anspruch des Angeklagten auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren verletzt. Hierfür ist dem Angeklagten ein angemessener Ausgleich zu gewähren.

Das Landgericht wird in der neuen Verhandlung das Maß der wegen der Verletzung der Rechte des Angeklagten aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 (s. dazu EGMR StV 2006, 474, 478 m. Anm. Pauly), Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK gebotenen Kompensation ausdrücklich und konkret zu bestimmen haben. Der Senat weist darauf hin, dass er die Frage, auf welche Art und Weise die Kompensation künftig vorzunehmen ist, durch Beschluss vom 23. August 2007 - 3 StR 50/07 (NJW 2007, 3294) - wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung dem Großen Senat für Strafsachen zur Fortbildung des Rechts vorgelegt hat (§ 132 Abs. 4 GVG). Dessen Entscheidung wird voraussichtlich bis Ende Januar 2008 ergehen.

Ende der Entscheidung

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